21.11.2024
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Bundessozialgericht Urteil23.06.2016

Eingliederungs­vereinbarung mit festgelegten Bewerbungs­bemühungen muss auch Bewerbungs­kosten­übernahme regelnLeistungs­emp­fänger ist bei fehlerhafter Eingliederungs­vereinbarung nicht zu Bewerbungs­bemühungen verpflichtet

Eine zwischen einem Arbeitslosen und dem Jobcenter geschlossene Eingliederungs­vereinbarung, die vorsieht, dass sich der Hilfeempfänger dazu verpflichtet, mindestens zehn Bewerbungs­bemühungen pro Monat zu unternehmen, ist unangemessen, sofern diese Vereinbarung keine Regelungen zur Übernahme von Bewer­bungs­kosten vorsieht. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­sozial­gerichts hervor.

Der 1977 geborene, alleinstehende Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls schloss mit dem beklagten Jobcenter in den Jahren 2011 und 2012 Einglie­de­rungs­ver­ein­ba­rungen. Nach diesen war er verpflichtet, mindestens zehn Bewer­bungs­be­mü­hungen pro Monat zu unternehmen und diese an einem Stichtag dem Jobcenter nachzuweisen. Das Jobcenter bot Unter­stüt­zungs­leis­tungen zur Beschäf­ti­gungs­aufnahme an; eine Regelung zur Erstattung von Bewer­bungs­kosten des Klägers durch das Jobcenter enthielten die Einglie­de­rungs­ver­ein­ba­rungen nicht. In den drei hier maßgeblichen Monats­zeit­räumen erfüllte der Kläger nach Auffassung des Jobcenters seine Verpflichtung zu den monatlichen Eigenbemühungen nicht, weshalb das Jobcenter jeweils feststellte, dass wegen diesen Pflicht­ver­let­zungen das Arbeits­lo­sengeld II des Klägers für drei Monate vollständig entfällt (Dezember 2011 bis Februar 2012, Juni bis August 2012, September bis November 2012). Das Sozialgericht hob die vom Kläger angefochtenen Sankti­o­ns­ent­schei­dungen auf, das Landes­so­zi­al­gericht wies die Berufungen des Jobcenters zurück.

Festgelegte Bewer­bungs­be­mü­hungen im Verhältnis zu übernommenen Leistungs­ver­pflich­tungen des Jobcenters unangemessen

Das Bundes­so­zi­al­ge­richts hat die Revision des Jobcenters im Verfahren B 14 AS 30/15 R zurückgewiesen. Die Sankti­o­ns­ent­schei­dungen sind schon deshalb rechtswidrig, weil der Kläger durch die Einglie­de­rungs­ver­ein­ba­rungen nicht zu Bewer­bungs­be­mü­hungen verpflichtet war. Die Einglie­de­rungs­ver­ein­ba­rungen sind als öffentlich-rechtliche Verträge jedenfalls deshalb insgesamt nichtig, weil sich das Jobcenter vom Kläger unzulässige Gegenleistungen versprechen lassen hat. Denn die sankti­o­ns­be­wehrten Verpflichtungen des Klägers zu den in den Vereinbarungen bestimmten Bewer­bungs­be­mü­hungen sind unangemessen im Verhältnis zu den vom Jobcenter übernommenen Leistungs­ver­pflich­tungen zur Eingliederung in Arbeit. Diese sehen keine individuellen, konkreten und verbindlichen Unter­stüt­zungs­leis­tungen für die Bewer­bungs­be­mü­hungen des Klägers vor; insbesondere zur Übernahme von Bewer­bungs­kosten enthalten die Einglie­de­rungs­ver­ein­ba­rungen keine Regelungen. Dass gesetzliche Vorschriften die Erstattung von Bewer­bungs­kosten ermöglichen, führt nicht dazu, dass die Einglie­de­rungs­ver­ein­ba­rungen ein ausgewogenes Verhältnis der wechselseitigen Verpflichtungen von Kläger und Jobcenter aufweisen. Damit fehlte es jeweils an Verpflichtungen des Klägers zu Bewer­bungs­be­mü­hungen und so bereits an den Grundlagen für die angefochtenen Sankti­o­ns­ent­schei­dungen.

Die Beteiligten haben in den weiteren Verfahren (B 14 AS 26/15 R und B 14 AS 29/15 R) Unter­wer­fungs­ver­gleiche geschlossen.

Quelle: Bundessozialgericht/ra-online

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