Dokument-Nr. 12653
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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil15.11.2011
Zusatzbeitrag der Krankenkasse auch bei chronischer Krankheit zulässigVersicherter muss gegebenenfalls Sonderkündigungsrecht ausüben und Krankenkasse wechseln
Die Erhebung eines Zusatzbeitrags in Höhe von 8 Euro durch die Krankenkasse ist auch bei chronisch Kranken zulässig. Sofern bei einer Krankenkasse der Finanzbedarf durch die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht gedeckt ist, ist sie gesetzlich zur Festsetzung eines Zusatzbeitrags verpflichtet. Eine Härtefallklausel muss sie dabei nicht vorsehen. Dies geht aus einer Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg hervor.
Im zugrunde liegenden Fall wandte sich die im Raum Ulm wohnende Klägerin gegen den von ihrer Krankenkasse erhobenen Zusatzbeitrag von 8 Euro. Die argumentierte, dass sie chronisch krank und finanziell nicht in der Lage sei, diesen Zusatzbeitrag zu bezahlen. Die Krankenkasse hätte zumindest für Härtefälle wie sie eine Ausnahme von dem Zusatzbeitrag vorsehen müssen.
Zusatzbeitrag wurde in Übereinstimmung mit gesetzlichen Vorgaben wirksam festgesetzt
Diese Auffassung teilten Sozial- und Landessozialgericht nicht. Die Krankenkasse habe durch Satzungsbeschluss, der vom Bundesversicherungsamt genehmigt worden sei, in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben wirksam einen Zusatzbeitrag von 8 Euro festgesetzt. Dazu sei sie gesetzlich verpflichtet gewesen, weil ihr Finanzbedarf durch die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht gedeckt gewesen sei. Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Unterdeckung nicht bestanden habe, seien nicht erkennbar gewesen.
Satzungsgeber war nicht verpflichtet Härtefallklausel vorzusehen
Die Klägerin habe darüber hinaus das ihr wegen der erstmaligen Erhebung eines Zusatzbeitrags zustehende Sonderkündigungsrecht nicht ausgeübt, auf das sie rechtzeitig hingewiesen worden sei. Eine Härtefallklausel habe der Satzungsgeber nicht vorsehen müssen. Soziale Härten würden bereits durch die Begrenzung des Zusatzbeitrags auf maximal 1 % der beitragspflichtigen Einnahmen bzw. durch die Festsetzung auf 8 Euro vermieden. Als weiterer Schutzmechanismus sei das Sonderkündigungsrecht vorgesehen, das der Klägerin ermöglicht hätte, zu einer Krankenkasse zu wechseln, die keine Zusatzbeiträge erhebt. Nicht zuletzt könne für bestimmte, wirtschaftlich schwächer gestellte Personenkreise, z.B. Leistungsbezieher nach „Hartz IV“ der Zusatzbeitrag auch durch den Leistungsträger übernommen werden.
Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477)
§ 242 Kassenindividueller Zusatzbeitrag (in der vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 geltenden Fassung)
(1) Soweit der Finanzbedarf einer Krankenkasse durch die Zuweisungen aus dem Fonds nicht gedeckt ist, hat sie in ihrer Satzung zu bestimmen, dass von ihren Mitgliedern ein Zusatzbeitrag erhoben wird. Der Zusatzbeitrag ist auf 1 vom Hundert der beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds begrenzt. Abweichend von Satz 2 erhebt die Krankenkasse den Zusatzbeitrag ohne Prüfung der Höhe der Einnahmen des Mitglieds, wenn der monatliche Zusatzbeitrag den Betrag von 8 Euro nicht übersteigt. Von Mitgliedern, die das Sonderkündigungsrecht nach § 175 Abs. 4 Satz 5 wegen der erstmaligen Erhebung des Zusatzbeitrags fristgemäß ausgeübt haben, wird der Zusatzbeitrag nicht erhoben. Wird das Sonderkündigungsrecht wegen einer Erhöhung des Zusatzbeitrags ausgeübt, wird der erhöhte Zusatzbeitrag nicht erhoben. Wird die Kündigung nicht wirksam, wird der Zusatzbeitrag im vollen Umfang erhoben.
§ 175 Ausübung des Wahlrechts
(4) [...] Erhebt die Krankenkasse ab dem 1. Januar 2009 einen Zusatzbeitrag, erhöht sie ihren Zusatzbeitrag oder verringert sie ihre Prämienzahlung, kann die Mitgliedschaft abweichend von Satz 1 bis zur erstmaligen Fälligkeit der Beitragserhebung, der Beitragserhöhung oder der Prämienverringerung gekündigt werden. Die Krankenkasse hat ihre Mitglieder auf das Kündigungsrecht nach Satz 5 spätestens einen Monat vor erstmaliger Fälligkeit hinzuweisen. Kommt die Krankenkasse ihrer Hinweispflicht nach Satz 6 gegenüber einem Mitglied verspätet nach, verschiebt sich für dieses Mitglied die Erhebung oder die Erhöhung des Zusatzbeitrags und die Frist für die Ausübung des Sonderkündigungsrechts um den entsprechenden Zeitraum.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.12.2011
Quelle: Landessozialgericht Baden-Württemberg/ra-online
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