18.10.2024
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Sie sehen eine Geldbörse mit einer Gesundheitskarte von einer deutschen Krankenversicherung.
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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil21.06.2016

Einführung der elektronischen Gesund­heitskarte grundsätzlich rechtmäßigBehörden dürfen jedoch nicht beliebig viele Daten sammeln

Das Landes­so­zi­al­gericht Baden-Württemberg hat in einem Grundsatzurteil die Einführung der elektronischen Gesund­heitskarte gebilligt. Ein Anspruch auf Befreiung von der Verwendung der elektronischen Gesund­heitskarte besteht nicht. Das Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung der Bürgerinnen und Bürger gewährt den Versicherten kein Recht auf Verhinderung der Digitalisierung und "Weiterleben in einer analogen Welt". Dieses Recht verlangt aber umgekehrt auch, dass Voraussetzungen und Umfang der Speicherung sensibler (Gesundheits-)Daten gesetzlich klar geregelt und nicht Vereinbarungen zwischen den beteiligten Behörden überlassen werden.

Im zugrunde liegenden Streitfall wollte ein IT-Ingenieur grundsätzlich geklärt wissen, ob er zukünftig die elektronische Gesund­heitskarte nutzen müsse, wenn er Leistungen der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung in Anspruch nehmen wolle. Das Sozialgericht Karlsruhe bejahte dies und wies seine Klage ab.

Gesetzliche Vorschriften zur Einführung der elektronischen Gesund­heitskarte verfas­sungsgemäß

Das Landes­so­zi­al­gericht Baden-Württemberg hat die Berufung des Versicherten zurückgewiesen. Die gesetzlichen Vorschriften, die die Einführung der elektronischen Gesund­heitskarte betreffen, sind nach Auffassung des Landes­so­zi­al­ge­richts verfas­sungsgemäß. Für die Erhebung, Nutzung und Verarbeitung einer Reihe von sensiblen Daten ist die Einwilligung der Versicherten erforderlich; dies wird durch verschiedene Regelungen zum Datenschutz und zu Maßnahmen zur Verhinderung missbräuch­licher Verwendung flankiert. Damit wird insgesamt sichergestellt, dass der "gläserne Patient" nicht Wirklichkeit wird.

Speicherung weiterer "statu­s­er­gän­zender Merkmale" nicht von gesetzlicher Ermächtigung gedeckt und daher unzulässig

Soweit der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Kassen­ärzt­lichen Bundes­ver­ei­ni­gungen jedoch in einer technischen Vereinbarung geregelt haben, dass zukünftig zusätzlich zum "Versi­cher­ten­status" (Mitglied, Rentner oder Famili­en­ver­si­cherter) weitere "statu­s­er­gänzende Merkmale" (Teilnahme an bestimmten Programmen, Angaben über spezi­a­l­fach­ärztliche Versorgung u.a.) auf der Karte gespeichert werden sollen, dürfte dies nicht von der gesetzlichen Ermächtigung gedeckt und unzulässig sein. Im vorliegenden Fall war der Versicherte jedoch von keinem dieser zusätzlichen Merkmale betroffen, weshalb er nicht in seinen Rechten verletzt war.

Sozial­ge­setzbuch (SGB)

Erläuterungen

§ 15 Abs. 2 SGB V (Ärztliche Behandlung, elektronische Gesund­heitskarte)

Versicherte, die ärztliche, zahnärztliche oder psycho­the­ra­peu­tische Behandlung in Anspruch nehmen, haben dem Arzt, Zahnarzt oder Psycho­the­ra­peuten vor Beginn der Behandlung ihre elektronische Gesund­heitskarte zum Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen auszuhändigen.

§ 291 Abs. 1 Satz 1 und 2 und Abs. 2 Satz 1 SGB V (Elektronische Gesund­heitskarte als Versi­che­rungs­nachweis)

1) Die Krankenkasse stellt für jeden Versicherten eine elektronische Gesund­heitskarte aus. Sie dient dem Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen im Rahmen der vertrag­s­ärzt­lichen Versorgung (Versi­che­rungs­nachweis) sowie der Abrechnung mit den Leistungs­er­bringern.

(2) Die elektronische Gesund­heitskarte enthält vorbehaltlich des § 291 a folgende Angaben:

1. die Bezeichnung der ausstellenden Krankenkasse, einschließlich eines Kennzeichens für die Kassenärztliche Vereinigung, in deren Bezirk der Versicherte seinen Wohnsitz hat,

2. den Familiennamen und Vornamen des Versicherten,

3. das Geburtsdatum des Versicherten,

4. das Geschlecht des Versicherten,

5. die Anschrift des Versicherten,

6. die Kranken­ver­si­cher­ten­nummer des Versicherten,

7. den Versi­cher­ten­status, für die Personengruppen nach § 264 Absatz 2 den Status der auftragsweisen Betreuung,

8. den Zuzah­lungs­status des Versicherten,

9. den Tag des Beginns des Versi­che­rungs­schutzes,

10. bei befristeter Gültigkeit der elektronischen Gesund­heitskarte das Datum des Fristablaufs.

Quelle: Landessozialgericht Baden-Württemberg/ra-online

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