23.11.2024
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Sie sehen eine Geldbörse mit einer Gesundheitskarte von einer deutschen Krankenversicherung.

Dokument-Nr. 17189

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Beschluss07.11.2013Sozialgericht BerlinS 81 KR 2176/13 ER
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • K&R 2014, 148Zeitschrift: Kommunikation & Recht (K&R), Jahrgang: 2014, Seite: 148
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ergänzende Informationen

Sozialgericht Berlin Beschluss07.11.2013

Elektronische Gesund­heitskarte ist verfas­sungsgemäßFoto erleichtert Identi­täts­kon­trolle und verhindert Missbrauch der Karte

Versicherte sind verpflichtet, zum Nachweis ihres Versicherungs­schutzes ab dem 1. Januar 2014 die elektronische Gesund­heitskarte zu benutzen. Es besteht kein Anspruch gegen die Krankenkassen auf Ausstellung eines anderweitigen Versicherungs­nachweises. Sowohl die Nutzungspflicht als auch die Speicherung der Personaldaten auf der Karte sind durch ein überwiegendes Interesse der Versicherten­gemeinschaft gedeckt. Sie sichern eine effektive Leistungs­er­bringung und Abrechnung. Das obligatorische Foto erleichtert die Identi­täts­kon­trolle und verhindert damit einen Missbrauch der Karte. Dies geht aus einer Entscheidung des Sozialgerichts Berlin hervor.

Zum 1. Januar 2014 wird die Nutzung der seit Jahren umstrittenen elektronischen Gesund­heitskarte Pflicht für alle Versicherten. Bereits seit einigen Monaten wehren sich Versicherte vor allem wegen daten­schutz­recht­licher Bedenken auch vor dem Sozialgericht Berlin gegen die Einführung der Karte. Bisher wurden die entsprechenden Rechts­schutz­anträge wegen fehlender Dringlichkeit abgewiesen. Erstmals lehnte das Gericht einen Antrag nun auch aus inhaltlichen Gründen ab.

Antragsteller verweigert Abgabe von Lichtbild und Personalangaben

Der in Berlin wohnende Antragsteller des zugrunde liegenden Verfahrens war noch im Besitz einer alten Kranken­ver­si­cher­tenkarte, die zum 30. September 2013 ungültig wurde. Trotz mehrfacher Aufforderung weigerte er sich, seiner Krankenkasse zur Anfertigung der neuen elektronischen Gesund­heitskarte die angeforderten Personalangaben und ein Lichtbild zu übersenden. Zur Begründung gab er an, die "biometrisch angelegten Krankenkarten" nicht nutzen zu wollen und verwies auf die dagegen erhobene öffentliche Kritik.

Antragsteller verlangt Ausstellung einer anderweitigen Bescheinigung über bestehenden Versi­che­rungs­schutz

Am 21. Oktober 2013 rief der Antragsteller im Rahmen eines Eilverfahrens das Sozialgericht Berlin an. Er beantragte, die Krankenkasse zu verpflichten, ihm eine Bescheinigung über seinen Versi­che­rungs­schutz auszustellen, die er anstelle der elektronischen Gesund­heitskarte bei seinen Ärzten vorlegen könne.

SG Berlin: Antragsteller ist zur Nutzung der elektronischen Gesund­heitskarte verpflichtet

Das Sozialgericht Berlin wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurück. Der Antragsteller sei gesetzlich verpflichtet, ab dem 1. Januar 2014 zum Nachweis seines Versi­che­rungs­schutzes die elektronische Gesund­heitskarte zu nutzen. Diese Nutzungspflicht beschränke zwar die allgemeine Handlungs­freiheit des Antragstellers, sei jedoch durch das Interesse der Solida­r­ge­mein­schaft an einer effektiven Leistungs­er­bringung und Abrechnung der Behand­lungs­kosten gerechtfertigt.

Versicherte sind zur Mitwirkung verpflichtet

Der Antragsteller sei auch zur Mitwirkung verpflichtet. Ohne die Übersendung der Personaldaten und eines Lichtbildes könne die Krankenkasse seine Karte nicht erstellen.

Daten­spei­cherung und Foto verletzten weder Sozialgeheimnis noch Grundrecht auf informationelle Selbst­be­stimmung

Bei der Erweiterung der Kranken­ver­si­che­rungskarte zur elektronischen Gesund­heitskarte ändere sich nichts am Umfang der Daten, die zwingend auf der Karte enthalten seien. Weder die Speicherung dieser Daten noch das Foto verletzten das Sozialgeheimnis des Antragstellers oder sein Grundrecht auf informationelle Selbst­be­stimmung (abgeleitet aus Art. 2 Abs. 1 und 1 Abs. 1 Grundgesetz). Das Allge­mein­in­teresse an der Darstellung des Lichtbildes und der Speicherung der Daten überwiege erheblich das Indivi­du­al­in­teresse des Antragstellers. Der damit verbundene Eingriff in das Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung müsse hingenommen werden. Die zwingend anzugebenden Personaldaten beträfen keine höchst­per­sön­lichen oder sensiblen Verhältnisse des Versicherten. Das Versi­che­rungs­system könne im übrigen nur funktionieren, wenn sich alle Versicherten bei der Inanspruchnahme von Leistungen ausweisen würden.

Weitergehende Nutzung der Karte bedarf Zustimmung der Versicherten

Der Umstand, dass die elektronische Gesund­heitskarte technisch geeignet sei, weitere Angaben und Funkti­o­na­litäten aufzunehmen, stehe der Nutzung nicht entgegen. Zum einen seien diese erweiterten Möglichkeiten noch gar nicht eingeführt. Zum anderen sei die erweiterte technische Nutzung laut Gesetz nur bei entsprechender Zustimmung der Versicherten zulässig.

Vorschriften aus dem 5. Buch Sozial­ge­setzbuch – Gesetzliche Kranken­ver­si­cherung –

§ 15 Abs. 2 SGB V:

Versicherte, die ärztliche oder zahnärztliche Behandlung in Anspruch nehmen, haben dem Arzt (Zahnarzt) vor Beginn der Behandlung ihre Kranken­ver­si­cher­tenkarte zum Nachweis der Berechtigung der Inanspruchnahme von Leistungen [...] auszuhändigen.

§ 291 a Abs. 1 SGB V:

Die Kranken­ver­si­cher­tenkarte nach § 291 Abs. 1 wird bis spätestens zum 1. Januar 2006 zur Verbesserung von Wirtschaft­lichkeit, Qualität und Transparenz der Behandlung für die in den Absätzen 2 und 3 genannten Zwecke zu einer elektronischen Gesund­heitskarte erweitert.

Quelle: Sozialgericht Berlin/ra-online

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