15.11.2024
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Landgericht Stuttgart Urteil11.01.2008

Sexauktion im Internet: Internetportal muss Namen der mutmaßlichen Väter nennen"Ersteigerte" Frau hat Anspruch gegen Inter­net­be­treiber auf Herausgabe der Kontaktdaten des Vaters

Das Landgericht Stuttgart verurteilte die Betreiberin eines Internetportals, über das - ähnlich wie bei dem Inter­ne­t­auk­ti­o­nshaus eBay - sexuelle Dienste ersteigert werden können. Geklagt hatte eine Frau, die sich mehrmals über das Portal hatte "ersteigern" lassen - jeweils von verschiedenen Männern, die im Internet unter "Nicknames" auftraten. Bei einem der daraufhin zustan­de­ge­kommenen sexuellen Kontakte wurde sie geschwängert.

Mit der Klage verlangte sie von der Beklagten (der Betreiberin des Internetportals) Auskunft über die Identität der Männer, um die Vaterschaft für ihr noch ungeborenes Kind klären zu können. Die Richter gaben der Klägerin Recht und entschieden, dass sie ein berechtigtes Interesse habe, die Vaterschaft für ihr noch ungeborenes Kind zu klären. Sie stellten zunächst fest, dass der Auktionsvertrag als solcher nicht nichtig sei: "Unter Berück­sich­tigung der liberalisierten Auffassungen, die sich heute allgemein durchgesetzt haben, kann er nicht als sittenwidrig bewertet werden."

Interesse an Klärung der Vaterschaft überwiegt Geheim­hal­tungs­in­teresse des Vaters

Die Verpflichtung der Beklagten zur Auskunft­s­er­teilung ergibt sich laut Urteil als Nebenpflicht aus dem zwischen den Parteien geschlossenen "Auktionsvertrag", bei dessen Zustandekommen und bei dessen Vollzug ungewollte Schwan­ger­schaften von vornherein nicht ausgeschlossen werden können. Das Interesse der als Väter in Betracht kommenden "Aukti­o­ns­teil­nehmer" an der Geheimhaltung ihrer persönlichen Daten ist gegenüber dem Interesse des Kindes an der Feststellung der Vaterschaft nachrangig. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch des noch ungeborenen Kindes zur Klärung seiner Herkunft und zur Sicherung unter­halts­recht­licher Ansprüche geht dem Interesse der "Aukti­o­ns­teil­nehmer", ihre persönlichen Daten nicht preisgeben zu müssen, vor.

Auch allgemeine Geschäfts­be­din­gungen (AGB) gestatten Datenweitergabe

Eine solche Wertung wurde bereits in den Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen des Portals getroffen, denn dort ist ausdrücklich bestimmt, dass bei einem berechtigten Interesse im Einzelfall Auszüge aus dem Nutzerdatensatz Dritten übermittelt werden dürfen und ein berechtigtes Interesse unter anderem dann vorliegt, wenn die Einleitung zivil­recht­licher Schritte geboten ist. Bei der Feststellung der Vaterschaft und bei der späteren Inanspruchnahme des Vaters auf Unter­halts­zah­lungen seitens des Kindes handele es sich um solche gebotene zivilrechtliche Maßnahmen im Sinne der AGB, so die Richter.

Versäumnis der Klägerin, bei Treffen Namen zu erfragen, geht nicht zulasten des Kindes

Die Beklagte wandte unter anderem ein, dass der Klägerin nach den Auktionen die E-Mail-Adressen der fraglichen Männer mitgeteilt worden seien, woraufhin sie mit den fraglichen Personen Kontakt aufgenommen habe. Dabei hätte sie die Personendaten selbst feststellen können. Dieses Argument ließen die Richter jedoch nicht gelten. Zum einen ermögliche die Angabe einer E-Mail-Adresse noch nicht ohne Weiteres die Feststellung der dazugehörenden Person. Zum anderen sei es bei Begegnungen der vorliegenden Art in aller Regel gerade nicht üblich, persönliche Daten auszutauschen. Ein Versäumnis der Klägerin insoweit müsste sich das noch ungeborene Kind ohnehin nicht entgegen halten lassen.

Quelle: ra-online (we)

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