Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Hauptversammlung der Hypo Real Estate Holding AG hatte am 5. Oktober 2009 beschlossen, die Aktien der Minderheitsaktionäre gegen eine Barabfindung von 1,30 Euro je Aktie auf den Finanzmarktstabilisierungsfonds (SoFFin) zu übertragen (Squeeze out). Hiergegen hatten insgesamt 272 Antragsteller Spruchverfahren eingeleitet, um die Angemessenheit dieser Abfindung gerichtlich überprüfen zu lassen.
Das Landgericht München I hat in einem umfangreichen Beschluss begründet, warum sie die festgesetzte Barabfindung, die sich am durchschnittlichen Börsenkurs eines Zeitraums von drei Monaten vor der Bekanntgabe der Squeeze out-Absicht orientierte, als angemessen erachtet. Einen früheren Zeitraum, in dem der Börsenkurs noch zum Teil deutlich höher lag, hielt das Gericht nicht für maßgeblich – einen solchen früheren Zeitraum konnten insbesondere auch nicht die Äußerungen des damaligen Bundesministers der Finanzen über eine "geordnete Abwicklung" der Bank auslösen.
Das Gericht hat sich in ihrer Entscheidung eingehend mit den von den Antragstellern erhobenen Rügen gegen die Planannahmen der Gesellschaft auseinandergesetzt. Dabei musste sie berücksichtigen, dass die in die Zukunft gerichteten Planungen der Gesellschaft in einem derartigen Verfahren nur eingeschränkt überprüfbar sind. Wenn das Gericht von der Plausibilität der Planannahmen überzeugt ist, darf es diese nicht durch andere, möglicherweise auch plausible Planannahmen, wie sie von den Antragstellern geltend gemacht wurden, ersetzt werden. In dem Beschluss setzt sich das Gericht intensiv mit dem Ergebnis der Anhörung der Abfindungsprüfer in vier mündlichen Verhandlungsterminen auseinander. Der Schwerpunkt der Entscheidung lag dabei vor allem im Bereich der Prognosen des Zinsergebnisses, der Risikovorsorge und der Risikokosten, bei der Liquiditätsplanung sowie dem künftigen Eigenkapitalbedarf.
Die Ausgliederung besonders problembehafteter Assets in die "Bad Bank" FMS Wertmanagement konnte bei der Bewertung nicht berücksichtigt werden. Da hierfür Genehmigungen sowohl der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung als auch der EU-Kommission erforderlich waren und auch noch nicht genau feststand, welche Assets übertragen würden, war dieser Umstand zum Stichtag der Hauptversammlung noch nicht "in der Wurzel angelegt" und folglich nicht berücksichtigungsfähig.
Für Schadensersatzansprüche oder sonstige Ansprüche, die zu einer höheren Barabfindung führen könnten, sah das Gericht keine Anhaltspunkte. Dies gilt auch für Ersatzansprüche, die sich aus dem Verhalten am Rettungswochenende im September 2008 ergeben sollten, als die ersten Stützungsmaßnahmen eines Konsortiums der privaten Kreditwirtschaft unter Führung der Deutschen Bank sowie der Bundesrepublik Deutschland beschlossen wurden. Die damaligen Akteure gerade auch des Bankenkonsortiums haben sich zur Überzeugung der Kammer nicht pflichtwidrig verhalten, weshalb keine Ersatzansprüche bestehen können.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 25.06.2013
Quelle: Landgericht München I/ra-online