UniCredito hatte als Hauptaktionär der HVB verlangt, gegen Gewährung einer Barabfindung von € 38,26 je Aktie die Aktien der übrigen Aktionäre übertragen zu bekommen. Ein solches Übertragungsverlangen kann nach dem Aktiengesetz von einem Aktionär, dem Aktien der Gesellschaft in Höhe von 95 % des Grundkapitals gehören, gestellt werden. Auf der Hauptversammlung der HVB war mit den Stimmen des Hauptaktionärs ein entsprechender Beschluss gefasst worden.
125 der betroffenen Kleinaktionäre hatten diesen Beschluss mit Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen angegriffen. Diese Klagen hat das Landgericht München I nun als unbegründet abgewiesen.
Dabei setzte sich die auf aktienrechtliche Fragen spezialisierte 5. Handelskammer in ihrer 243 Seiten langen Entscheidung mit zahllosen Gründen auseinander, die aus Sicht der Kleinaktionäre der Wirksamkeit des Übertragungsbeschlusses entgegenstehen. Die Rügen bezogen sich auf Einzelpunkte des gesamten Verfahrensablaufs - beginnend mit den vorbereitenden Aufsichtsrats- und Vorstandsbeschlüssen über Bewertungsgutachten bis hin zur Vorbereitung und Durchführung der Hauptversammlung und den dabei zu beachtenden Förmlichkeiten (Ladung, Tagesordnung, Protokollierung, Fragerechte, Beschlussfassung etc.).
Die Kleinaktionäre hielten den Beschluss aber auch etwa wegen Äußerungen des Vorstandssprechers der HVB auf der Hauptversammlung vom Oktober 2006 für rechtsmissbräuchlich; seinerzeit war ein Squeeze out angekündigt worden, obwohl UniCredit noch nicht über 95 % der Anteile verfügte. Ferner hielten viele Aktionäre einen "Masterplan" für gegeben, mit dem ihnen der wahre Wert der Bank Austria-Beteiligung der HVB vorenthalten werden sollte.
All diese Einwände hielt die 5. Handelskammer unter ihrem Vorsitzenden Dr. Helmut Krenek für ebenso wenig durchgreifend wie die Bemängelung des Übertragungsberichts der UniCredit. UniCredit habe der Hauptversammlung einen schriftlichen Bericht zu den Voraussetzungen für die Übertragung erstattet und darin die Angemessenheit der Barabfindung plausibel erläutert und begründet. Insbesondere durch Vorlage eines Bewertungsgutachtens einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, welches auch hinreichend zu den Auswirkungen des Verkaufs der Beteiligungen der HVB an der Bank Austria Stellung nehme, hätten die Aktionäre der HVB eine Basis erhalten, anhand derer sie einschätzen konnten, ob ihnen die Ermittlung der Barabfindung angemessen erscheint. Im Übrigen - so das Gericht - müssten bewertungsbezogene Rügen ohnehin dem sog. Spruchverfahren überlassen bleiben. Dies gelte insbesondere für die Frage, ob der Kaufpreis bei Transaktionen wie etwa der Bank Austria zu niedrig gewesen sei und der HVB deshalb ein Anspruch auf Nachteilsausgleich zustehe, der den Unternehmenswert erhöhen würde; eben dies hatten neben zahlreichen Kleinaktionären auch einige Hedge-Fonds geltend gemacht. Die Kammer wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Angemessenheit der Barabfindung nach dem Aktiengesetz nicht Gegenstand einer Anfechtungsklage sein könne.
Das Gericht wies auch das Vorbringen, die gesetzliche Zulassung eines Squeeze out sei ohnehin verfassungswidrig, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zurück (siehe: BVerfG, Beschluss v. 30.05.2007 - 1 BvR 390/04 -) .
Auch die gegen die Entlastung der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder gerichteten Anfechtungsklagen hatten keinen Erfolg. Die 5. Handelskammer konnte keine eindeutige, schwerwiegende Pflicht- oder Gesetzwidrigkeit im Handeln der Vorstandsmitglieder erkennen, die die Anfechtung der Entlastung begründet hätten.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 28.08.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 52/08 des LG München I vom 28.08.2008