21.11.2024
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Landgericht Mönchengladbach Urteil17.07.2018

Freiheitsstrafe und Führer­schei­n­entzug nach tödlichem Unfall auf der A 61Polizeibeamtin stirbt noch am Unfallort

Wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körper­ver­letzung und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs wurde ein Sattelzugfahrer zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 10 Monaten verurteilt. Sein Führerschein wurde entzogen und eine Wieder­er­tei­lungs­sperre von 4 Jahren verhängt. Dies hat das Landgericht Mönchengladbach entschieden.

Im vorliegenden Verfahren hatte der Angeklagte am 27.12.2017 gegen 21 Uhr als Fahrer einer Sattel­zug­ma­schine Typ DAF nebst Sattelanhänger aus den Niederlanden kommend die Autobahn A 61 in Richtung Koblenz befahren. Aufgrund einer Meldung der nieder­län­dischen Polizei, nach der eine Zeugin gemeldet habe, der Angeklagte sei in Schlangenlinien gefahren und habe dabei eine Leitplanke touchiert, hatte eine Polizei­wa­gen­be­satzung der Polizei Viersen in Höhe der Ausfahrt Mackenstein auf den Sattelzug des Angeklagten gewartet. Dabei waren Abblendlicht, Warnblinkanlage und Blaulicht des Polizei­fahrzeugs angeschaltet.

Sattelzug fährt ungebremst auf Polizeifahrzeug auf

Als der Angeklagte sich mit seinem Sattelzug näherte, fuhr er von dem rechten Fahrstreifen nach rechts lenkend nahezu ungebremst mit einer Geschwindigkeit von rund 70 km/h auf das auf dem Standstreifen stehende Polizeifahrzeug auf, in dem sich drei Personen befanden. Die auf dem Rücksitz sitzende Polizeibeamtin erlitt aufgrund des Aufpralls schwere Kopf- und Rücken­ma­rk­ver­let­zungen, an denen sie unmittelbar nach dem Unfall verstarb. Die vorne im Fahrzeug sitzende Polizeibeamtin erlitt ebenfalls lebens­ge­fährliche Kopfver­let­zungen, von denen sie sich noch heute nicht erholt hat. Insbesondere hat sie ihren Geruchs- und Geschmackssinn möglicherweise dauerhaft verloren. Der dritte Polizeibeamte trug Prellungen und eine Platzwunde am Hinterkopf davon und wird wie die schwerverletzte Polizeibeamtin psychologisch betreut.

Angeklagte legt trotz Erinne­rungs­lücken Geständnis ab

Der Angeklagte konnte sich in der Verhandlung an den Unfall und den unmittelbaren Zeitraum davor nicht erinnern, hat aber im Übrigen ein volles Geständnis abgelegt. In der Verhandlung hat er sich bei den Opfern und ihren Angehörigen entschuldigt, auch wenn ihm klar sei, dass seine Tat damit nicht wieder gut zu machen sei. In seinem letzten Wort hat er erklärt, er würde sich ein Bein abschneiden, um die Folgen seiner Tat ungeschehen zu machen.

Bis zu 3,08 Promille zum Tatzeitpunkt

Bei der Findung des Strafmaßes ist das Gericht aufgrund der starken Alkoholisierung des Angeklagten von einer verminderten Schuldfähigkeit und deshalb von einer Maximalstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe ausgegangen. Bei dem Angeklagten wurden 90 Minuten nach der Tat noch 2,58 Promille Bluta­l­ko­hol­gehalt (BAK) gemessen. Zurückgerechnet auf den Tatzeitpunkt war deshalb von einem tatsächlichen BAK von bis zu 3,08 Promille auszugehen, die zusammen mit den von Zeugen geschilderten alkohol­be­dingten Ausfa­l­l­er­schei­nungen des Angeklagten den Schluss auf eine erheblich verminderte Steue­rungs­fä­higkeit begründeten. Eine Schul­d­un­fä­higkeit lag dagegen nicht vor, da der Angeklagte trotz der Alkoholisierung noch gut ansprechbar war und auf Aufforderungen angemessen reagierte.

Angeklagter bisher verkehrs- oder strafrechtlich nicht negativ aufgefallen

Die im Strafrahmen vergleichsweise hoch angesetzte Strafe berücksichtigt das "verant­wor­tungslose Handeln des Angeklagten, das zu drastischsten und schlimmsten Folgen geführt hat". Der Grad der Verfehlungen wiege umso schwerer, weil der Angeklagte Berufs­kraft­fahrer ist. Zu seinen Gunsten war allerdings zu berücksichtigen, dass der Angeklagte bis zu der hier verhandelten Tat weder in Deutschland noch in der Ukraine, Polen, den Niederlanden oder Belgien verkehrs- oder strafrechtlich aufgefallen ist, obwohl er diese Länder seit drei Jahren regelmäßig befuhr. Außerdem habe der Angeklagte durch die Tat "auch sein eigenes Leben zerstört, er ist ruiniert", ohne dass dies die Folgen der Tat für die Opfer in irgendeiner Weise relativieren könnte.

Keine Möglichkeit zur rechtzeitigen Gefah­re­n­er­kennung für Polizeibeamte

Für die geschädigten Polizeibeamten war der Unfall nach den Feststellungen des Gerichts unvermeidbar. Sie waren erst unmittelbar vor dem Unfall am späteren Unfallort eingetroffen und hatten nach den Feststellungen des Unfall­sach­ver­ständigen keine realistische Möglichkeit, die nahende Gefahr zu erkennen oder gar auf diese zu reagieren. Durch das eingeschaltete Blaulicht, Abblendlicht und den Warnblinker sei das Polizeifahrzeug auch weithin erkennbar gewesen. "Der Angeklagte hatte, als er den Polizeiwagen sehen konnte, genug Zeit, um sowohl sein Fahrzeug abzubremsen als auch, was noch naheliegender gewesen wäre, am Polizeifahrzeug vorbei zu lenken. Dass er dies nicht getan hat, ist auf seine erhebliche Alkoholisierung zurückzuführen", so das Gericht.

Quelle: Landgericht Mönchengladbach/ ra-online

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