03.12.2024
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Landgericht Köln Urteil11.09.2012

Filesharing: Rechteinhaber muss Urheberrechts­verletzung durch Anschluss­inhaber nachweisenLG Köln verneint Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten

Wird über eine Internet-Tauschbörse ein Computerspiel unberechtigt heruntergeladen, so kommt eine Haftung des Anschluss­in­habers nur dann in Betracht, wenn der Rechteinhaber die Verant­wort­lichkeit des Anschluss­in­habers nachweisen kann. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Köln hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall behauptete ein Compu­ter­spiel­pro­duzent, dass über den Anschluss eines Familienvaters im Rahmen einer Internet-Tauschbörse eines seiner Computerspiele heruntergeladen worden sei. Im Haushalt des Anschluss­in­habers wohnten neben seiner Ehefrau noch seine zwei Kinder im Alter von 16 bzw. 18 Jahren. Der Compu­ter­spiel­pro­duzent meinte, der Anschluss­inhaber müsse für die Urheberrechtsverletzung haften und klagte auf Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von etwa 650 €. Er hielt zudem das Landgericht Köln für örtlich zuständig.

Landgericht Köln war örtlich zuständig

Das Landgericht Köln habe sich zunächst gemäß § 32 ZPO für örtlich zuständig gehalten, da die Urheber­rechts­ver­letzung in der unbefugten öffentlichen Zugäng­lich­machung eines Werks liege. Diese erfolge bei der Benutzung einer Internet-Tauschbörse in der Regel bundesweit und damit bestim­mungsgemäß auch in Köln. Ein darüber hinausgehender Bezug zum Gerichtsbezirk Köln sei nicht erforderlich gewesen (vgl. LG Frankfurt am Main, Urteil v. 18.07.2012 - 2-06 S 3/12, 2/6 S 3/12).

Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten bestand nicht

Das Landgericht Köln entschied gegen den klägerischen Compu­ter­spiel­pro­du­zenten. Ein Anspruch auf die Abmahnkosten habe nicht bestanden. Der Anschluss­inhaber habe weder als Täter noch als Störer haften müssen.

Täterhaftung war zu verneinen

Unter Zugrundelegung einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Köln (Urt. v. 16.05.2012 - 6 U 239/11) hat das Landgericht eine Täterhaftung des Anschluss­in­habers verneint. Werde ein geschütztes Werk von einer IP-Adresse aus öffentlich zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt war, spreche eine Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechts­ver­letzung verantwortlich sei. Der Anschluss­inhaber könne diese Vermutung jedoch beseitigen, wenn er geltend mache, eine andere Person habe die Rechts­ver­letzung begangen. Denn die Vermutung sei erschüttert, wenn die ernsthafte Möglichkeit eines anderweitigen Gesche­hens­ablaufs bestehe. Er müsse auch keine Nachforschungen anstellen, wer die Rechts­ver­letzung tatsächlich begangen hat. Die Vermutung werde also erschüttert, wenn - wie hier- außer dem Anschluss­inhaber auch andere Haushalts­an­ge­hörige als Täter in Betracht kommen. In diesem Fall, sei es die Pflicht des Klägers, die Täterschaft des Anschluss­in­habers darzulegen und zu beweisen. Dieser Pflicht sei der Compu­ter­spiel­pro­duzent nicht nachgekommen.

Haftung als Teilnehmer kam ebenfalls nicht in Betracht

Eine Haftung des Anschluss­in­habers als Teilnehmer einer eventuellen Rechts­ver­letzung durch andere Haushalts­an­ge­hörige sei nicht in Betracht gekommen, so das Landgericht weiter. Dazu wäre erforderlich gewesen, dass der Anschluss­inhaber nicht nur allgemein gewusst und gebilligt hätte, dass andere Haushalts­mit­glieder den Anschluss zur Teilnahme an Tauschbörsen nutzten, sondern auch Kenntnis der Rechts­ver­let­zungen gehabt hätte. Dies konnte hier jedoch nicht festgestellt werden.

Anschluss­inhaber haftet nicht für Kinder

Der Anschluss­inhaber hafte nach Ansicht des Landgerichts ebenfalls nicht nach § 832 BGB für etwaige Urheber­rechts­ver­let­zungen seiner Kinder. Dies würde nämlich voraussetzen, dass feststünde, dass seine Kinder das Computerspiel zum Herunterladen angeboten haben. Dies sei aber nicht der Fall gewesen.

Anschluss­inhaber haftet nicht als Störer

Das Landgericht führte weiterhin aus, dass der Anschluss­inhaber nicht als Störer hafte. Als Störer könne in entsprechender Anwendung des § 1004 BGB in Anspruch genommen werden, wer in irgendeiner Weise willentlich und ursächlich zur Verletzung des geschützten Rechts beigetragen habe. Dies setze allerdings die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Ob und inwiefern dem Anschluss­inhaber eine Prüfung zuzumuten sei, richte sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berück­sich­tigung seiner Funktion und Aufga­ben­stellung sowie nach der Eigen­ver­ant­wortung desjenigen, der die rechtswidrige Beein­träch­tigung selbst unmittelbar vorgenommen habe. Im vorliegenden Fall sei es zwar nicht auszuschließen gewesen, dass die Ehefrau des Anschluss­in­habers die Urheber­rechts­ver­letzung begangen habe. Eine Prüfpflicht ihr gegenüber sei dennoch nicht in Betracht gekommen. Denn nutzen beide Ehegatten den Anschluss gemeinsam, kann der Inhaber nicht ohne besonderen Anlass für alle Kommunikationen, die über den Anschluss stattfinden, verantwortlich gemacht werden.

Keine Prüf- und Kontroll­pflichten gegenüber Kindern

Zwar bestehen nach Auffassung des Landgerichts hinsichtlich der Nutzung eines vorhandenen Inter­ne­t­an­schlusses durch Kinder Prüf- und Kontroll­pflichten des Anschluss­in­habers. Im vorliegenden Fall habe hingegen nicht festgestellt werden können, dass eine etwaige Verletzung solcher Prüfpflichten gegenüber den Kindern des Anschluss­in­habers für die Urheber­rechts­ver­letzung ursächlich gewesen sei. Denn es sei nicht auszuschließen, dass die Ehefrau die Rechts­ver­letzung begangen habe. Ihr gegenüber bestehen jedoch keine Prüfpflichten.

Täterschaft der Kinder konnte nicht vermutet werden

Eine Täterschaft der Kinder sei nicht zu vermuten gewesen, so schließlich das Landgericht. Zwar möge das Computerspiel als Zielgruppe vor allem Jugendliche ansprechen. Dabei handele es sich jedoch um individuelle Geschmacks­fragen. Auch bleibe es denkbar, dass die Ehefrau des Anschluss­in­habers das Spiel für eines ihrer Kinder heruntergeladen habe.

Quelle: Landgericht Köln, ra-online (vt/rb)

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