18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen verschiedene Szenen aus der Wirtschaftswelt und ein zentrales Paragrafenzeichen.

Dokument-Nr. 30355

Drucken
ergänzende Informationen

Landgericht Koblenz Urteil19.03.2021

Unlautere Werbung mit Preisvergleich der Heizkosten von Fernwärme und ErdgasPreisvergleich zur Heizkos­te­n­er­sparnis im Vergleich zur Fernwärme irreführend

Das LG Koblenz hat sich mit der Frage befasst, ob eine Werbung mit einer bestimmten Heizkos­te­n­er­sparnis zulässig ist, wenn der Preisvergleich sich nicht auf das eigene Angebot und die Produkte des im Flyer genannten Konkurrenten bezieht, sondern auf den Heizspiegel.

Die Parteien des Rechtsstreits sind Energie­ver­sor­gungs­un­ter­nehmen und beliefern Endverbraucher unter anderem mit Gas und Fernwärme. Die Beklagte warb im Gebiet einer Gemeinde, die eine Fernwär­me­satzung mit einem Anschlusszwang plant, mittels Werbeplakaten und Flyern für den baldigen Abschluss eines Mietvertrags über eine Erdgasheizung. Hintergrund ist die vorerwähnte geplante Fernwär­me­satzung, bei der Ausnahmen vom Anschlusszwang an die Fernwärme für bereits errichtete und genehmigte Bauten geplant sind. Diese geplanten Ausnahmen vom Anschlusszwang gelten allerdings nur bis zu einer Erneuerung oder einer grundlegenden Änderung der Heizungsanlage. Ansonsten sollen Befreiungen und Ausnahmen nur bei anderen ähnlich umwelt- und klima-freundlichen Wärme­ver­sor­gungen und bei unzumutbaren Härten möglich sein. Mit Plakaten forderte die Beklagte daraufhin auf, „nein zum Anschlusszwang zu sagen“. Außerdem verschickte die Beklagte parallel hierzu ein Werbeschreiben mit einem Flyer an die Einwohner der Gemeinde. Auch hier wurde wieder darauf Bezug genommen, dass die Bürger dieser Gemeinde „nein zum Anschlusszwang sagen“ sollten und sich ein Miet-Paket der Beklagten für eine neue Heizung sichern sollten, da sie ansonsten abhängig von der Fernwär­me­ver­sorgung der Klägerin und deren Preisgestaltung wären. Dieses Paket bewarb die Beklagte unter anderem zusätzlich mit einer Preisersparnis von rund 2,40 Euro pro Quadratmeter im Vergleich zur Fernwärme und verwies auf den Heizspiegel. Gegen das Plakat und den Flyer wendete sich die Klägerin und behauptete, dass die Werbung in mehreren Punkten unlauter sei.

LG: Werbeflyer nur hinsichtlich des Preisvergleichs zur Heizkos­te­n­er­sparnis im Vergleich zur Fernwärme irreführend

Das Landgericht Koblenz sah den Werbeflyer hinsichtlich des Preisvergleichs zur Heizkos­te­n­er­sparnis im Vergleich zur Fernwärme als irreführend und damit unzulässig im Sinne des § 5 UWG an. Der Heizkos­ten­ver­gleich erweckte nach den Feststellungen des Landgerichts den Eindruck, dass die Beklagte das Fernwär­me­angebot der Klägerin mit dem von ihr beworbenen Produkt verglichen habe. Tatsächlich bezieht sich der Preisvergleich aber nicht auf konkrete Angebote der Klägerin oder der Beklagten, sondern auf den im Heizspiegel ermittelten durch­schnitt­lichen Wärmebezug in Deutschland. Zudem bezieht sich dieser Preisvergleich zwischen Fernwärme und Erdgas im Heizspiegel nur auf Häuser mit einer Gebäudefläche von 501-1.000 Quadratmeter.

Weiteren Werbeaussagen zulässig

Im Übrigen erachtete das Landgericht die Werbeaussagen der Beklagten für zulässig. Insbesondere wurde die Werbeaussage, „nein zum Anschlusszwang zu sagen“ nicht als für den Verbraucher irreführend qualifiziert, obwohl es Ausnahme- und Befrei­ung­s­tat­be­stände zum von der Gemeinde geplanten Anschlusszwang gibt. Der Verbraucher versteht dies nach Auffassung des Gerichts dahingehend, dass er aufgefordert wird, sich vor Inkrafttreten der geplanten Fernwär­me­satzung noch schnell über einen möglichen Vertragsschluss mit der Beklagten über eine Erdgasheizung zu informieren. Auch ist der Begriff „Zwang“ nicht irreführend, denn tatsächlich plant die Gemeinde einen Anschluss- und Benutzungszwang. Diese Werbung wird nicht deshalb unrichtig, weil es in der geplanten Fernwär­me­satzung Befrei­ung­s­tat­be­stände zu diesem Zwang gibt. Über die Befreiungs-möglichkeiten musste die Beklagte bei ihrer Werbung nicht aufklären, da diese Befreiungen widerruflich und befristet erteilt und mit Neben­be­stim­mungen versehen werden können. Der Abschluss eines Vertrags mit der Beklagten führt nicht zu einer dauerhaften Befreiung vom Anschlusszwang, da dies nur solange gilt bis eine grundlegende Erneuerung der Heizungsanlage ansteht.

Härtere Regelungen durch Klimawandel zu erwarten

Das Gericht sieht jedoch nicht, dass der Bürger durch die Werbung glaube, auf immer und ewig dem Anschlusszwang entgehen zu können. Der durch­schnittlich informierte und verständige Verbraucher rechnet in Anbetracht des erkennbaren Klimawandels nach Auffassung des Gerichts vielmehr damit, dass zukünftig auch noch strengere Regelungen zur Reduzierung von Emissionen erlassen werden könnten. Weiterhin stellt die angepriesene Erdgasheizung in Anbetracht der Endlichkeit der Erdgasvorkommen kein Versprechen für immer dar.

Quelle: Landgericht Koblenz, ra-online (pm/ab)

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil30355

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI