21.11.2024
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Landgericht Koblenz Urteil23.12.2019

Zu Wohnzwecken vermietetes Haus einer Wohnungs­eigentums­gemeinschaft darf nicht als Kinder­tages­pflege­stelle genutzt werdenGemeinschafts­ordnung sieht Nutzung nur zu Wohnzwecken vor

Das Landgericht Koblenz hat entschieden, dass eine Eigen­tums­wohnung in einer Wohnungs­eigentümer­gemeinschaft nicht als Kinder­tages­pflege­stelle für bis zu fünf Kinder genutzt werden darf, wenn die Wohnungs­eigentümer­gemeinschaft in ihrer Gemeinschafts­ordnung eine Regelung dahingehend getroffen hat, dass die Wohnungen (Häuser) nur zu Wohnzwecken genutzt werden dürfen.

Die Parteien des zugrunde liegenden Falls bewohnen im Rahmen einer Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft ein Objekt, das aus zwei Wohneinheiten besteht. Die beiden voneinander getrennten Gebäude stehen zueinander wie zwei in der Tiefe leicht versetzt nebeneinander stehende Doppel­haus­hälften. Die Kläger bewohnen die vordere Einheit, die Beklagten vermieten die hintere Einheit. Die Zufahrt zum hinteren Haus befindet sich hierbei unmittelbar vor dem Eingang der Kläger. In der Gemeinschaftsordnung ist geregelt, dass die Wohnungen (Häuser) nur zu Wohnzwecken genutzt werden dürfen. Die Mieterin der hinteren Einheit hat drei eigene Kinder und betreut gleichzeitig fünf Kinder gegen Entgelt in Form einer Kindertagespflege. Die Kläger wehrten sich hiergegen mit der Begründung, dass in Ermangelung anderweitiger Parkplätze beim Bringen und Abholen der Kinder der gepflasterte Bereich vor ihrem Haus als Stellplatz genutzt wird, was insbesondere durch die rangierenden Fahrzeuge beim Bringen und Abholen der Kinder Lärm verursache. Auch befinde sich ein Fußballtor vor der Garage der Mieterin, sodass mit einem Ball gegen die Garagenwand geschossen werde, was eine unzumutbare Geräuschkulisse verursache und schon zu Rissen in der verputzten Wand geführt habe.

Häuser dürfen laut Gemein­schafts­ordnung nur zu Wohnzwecken genutzt werden

Das Landgericht Koblenz gab der Klage statt und verurteilte die Beklagten dazu, eine Nutzung der Eigen­tums­wohnung als Tages­pfle­ge­stelle für bis zu fünf Kinder selbst oder durch Dritte zu unterlassen. Zur Begründung führte das Landgericht aus, dass den Klägern gemäß § 1004 BGB in Verbindung mit § 15 Abs. 3 WEG ein Anspruch auf Unterlassung der Nutzung der hinteren Wohneinheit als Kinder­ta­gespfle­ge­stelle für bis zu fünf Kinder gleichzeitig zusteht. Hierbei stellt das Landgericht Koblenz darauf ab, dass die Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft in ihrer Gemein­schafts­ordnung eine Regelung dahingehend getroffen hat, dass die Wohnungen (Häuser) nur zu Wohnzwecken genutzt werden dürfen. Unter eine Nutzung zu Wohnzwecken fällt dabei auch die Betreuung fremder Kinder im Rahmen von Besuchen und Nachbar­schaftshilfe nicht jedoch bei entgeltlichen Betreu­ungs­dienst­leis­tungen gegenüber Dritten in Form einer Pflegestelle für bis zu fünf Kleinkinder gleichzeitig, da hier der Erwer­b­s­cha­rakter im Vordergrund steht. Dies stellt dann nicht mehr die Nutzung zu Wohnzwecken dar, sondern die Ausübung eines Gewerbes oder Berufs und die hiermit verbundenen Belastungen gehen über das hinaus, was die Gemein­schafts­ordnung mit ihrer Beschränkung auf Nutzung zu Wohnzwecken vorsieht.

Nachbarn müssen Lärm und Immissionen durch an- und abfahrenden Fahrzeuge nicht hinnehmen

Die Nutzung als Kinder­ta­gespfle­ge­stelle durch die Mieterin ist störender als bei einer reinen Nutzung zu Wohnzwecken. Vergleichs­maßstab ist hierbei die zulässige Nutzung der Wohnung durch eine Familie mit mehreren Kindern. Eine solche höhere Belastung durch die Kinder­ta­gespfle­ge­stelle sieht das Gericht hier allerdings nicht im beanstandeten Ballspiel, da Kinderlärm grundsätzlich als sozialadäquat zu tolerieren ist und im Übrigen auch bei einem Ballspiel der eigenen Kinder der Mieterin entstehen würde. Anders sieht dies nach Auffassung des Gerichts aber beim Lärm durch die An- und Abfahrt der Eltern mit ihren Kraftfahrzeugen aus. Die Fahrzeuge der Eltern rangieren beim Bringen und Abholen der Kinder unmittelbar vor dem Eingang des Hauses der Kläger. Dies stört nach Auffassung des Gerichts deutlich mehr als eine Fahrzeugnutzung nur durch die Mieterin und ihre Familie. Den Lärm und die Immissionen durch die an- und abfahrenden Fahrzeuge müssen die Kläger daher bei bloßer Zulassung der Wohnung zu Wohnzwecken nicht hinnehmen.

Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch:

§ 1004 Beseitigungs- und Unter­las­sungs­an­spruch

(1) 1 Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beein­träch­tigung verlangen. 2 Sind weitere Beein­träch­ti­gungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist. Auszug aus dem Wohnungs­ei­gen­tums­gesetz:

§ 15 Gebrauchs­re­gelung

(1) Die Wohnungs­ei­gentümer können den Gebrauch des Sondereigentums und des gemein­schaft­lichen Eigentums durch Vereinbarung regeln.

(2) [...]

(3) Jeder Wohnungs­ei­gentümer kann einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemein­schaft­lichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungs­ei­gentümer nach billigem Ermessen entspricht.

Quelle: Landgericht Koblenz/ra-online (pm/kg)

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