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Landgericht Koblenz Urteil23.12.2019
Zu Wohnzwecken vermietetes Haus einer Wohnungseigentumsgemeinschaft darf nicht als Kindertagespflegestelle genutzt werdenGemeinschaftsordnung sieht Nutzung nur zu Wohnzwecken vor
Das Landgericht Koblenz hat entschieden, dass eine Eigentumswohnung in einer Wohnungseigentümergemeinschaft nicht als Kindertagespflegestelle für bis zu fünf Kinder genutzt werden darf, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft in ihrer Gemeinschaftsordnung eine Regelung dahingehend getroffen hat, dass die Wohnungen (Häuser) nur zu Wohnzwecken genutzt werden dürfen.
Die Parteien des zugrunde liegenden Falls bewohnen im Rahmen einer Wohnungseigentümergemeinschaft ein Objekt, das aus zwei Wohneinheiten besteht. Die beiden voneinander getrennten Gebäude stehen zueinander wie zwei in der Tiefe leicht versetzt nebeneinander stehende Doppelhaushälften. Die Kläger bewohnen die vordere Einheit, die Beklagten vermieten die hintere Einheit. Die Zufahrt zum hinteren Haus befindet sich hierbei unmittelbar vor dem Eingang der Kläger. In der Gemeinschaftsordnung ist geregelt, dass die Wohnungen (Häuser) nur zu Wohnzwecken genutzt werden dürfen. Die Mieterin der hinteren Einheit hat drei eigene Kinder und betreut gleichzeitig fünf Kinder gegen Entgelt in Form einer Kindertagespflege. Die Kläger wehrten sich hiergegen mit der Begründung, dass in Ermangelung anderweitiger Parkplätze beim Bringen und Abholen der Kinder der gepflasterte Bereich vor ihrem Haus als Stellplatz genutzt wird, was insbesondere durch die rangierenden Fahrzeuge beim Bringen und Abholen der Kinder Lärm verursache. Auch befinde sich ein Fußballtor vor der Garage der Mieterin, sodass mit einem Ball gegen die Garagenwand geschossen werde, was eine unzumutbare Geräuschkulisse verursache und schon zu Rissen in der verputzten Wand geführt habe.
Häuser dürfen laut Gemeinschaftsordnung nur zu Wohnzwecken genutzt werden
Das Landgericht Koblenz gab der Klage statt und verurteilte die Beklagten dazu, eine Nutzung der Eigentumswohnung als Tagespflegestelle für bis zu fünf Kinder selbst oder durch Dritte zu unterlassen. Zur Begründung führte das Landgericht aus, dass den Klägern gemäß § 1004 BGB in Verbindung mit § 15 Abs. 3 WEG ein Anspruch auf Unterlassung der Nutzung der hinteren Wohneinheit als Kindertagespflegestelle für bis zu fünf Kinder gleichzeitig zusteht. Hierbei stellt das Landgericht Koblenz darauf ab, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft in ihrer Gemeinschaftsordnung eine Regelung dahingehend getroffen hat, dass die Wohnungen (Häuser) nur zu Wohnzwecken genutzt werden dürfen. Unter eine Nutzung zu Wohnzwecken fällt dabei auch die Betreuung fremder Kinder im Rahmen von Besuchen und Nachbarschaftshilfe nicht jedoch bei entgeltlichen Betreuungsdienstleistungen gegenüber Dritten in Form einer Pflegestelle für bis zu fünf Kleinkinder gleichzeitig, da hier der Erwerbscharakter im Vordergrund steht. Dies stellt dann nicht mehr die Nutzung zu Wohnzwecken dar, sondern die Ausübung eines Gewerbes oder Berufs und die hiermit verbundenen Belastungen gehen über das hinaus, was die Gemeinschaftsordnung mit ihrer Beschränkung auf Nutzung zu Wohnzwecken vorsieht.
Nachbarn müssen Lärm und Immissionen durch an- und abfahrenden Fahrzeuge nicht hinnehmen
Die Nutzung als Kindertagespflegestelle durch die Mieterin ist störender als bei einer reinen Nutzung zu Wohnzwecken. Vergleichsmaßstab ist hierbei die zulässige Nutzung der Wohnung durch eine Familie mit mehreren Kindern. Eine solche höhere Belastung durch die Kindertagespflegestelle sieht das Gericht hier allerdings nicht im beanstandeten Ballspiel, da Kinderlärm grundsätzlich als sozialadäquat zu tolerieren ist und im Übrigen auch bei einem Ballspiel der eigenen Kinder der Mieterin entstehen würde. Anders sieht dies nach Auffassung des Gerichts aber beim Lärm durch die An- und Abfahrt der Eltern mit ihren Kraftfahrzeugen aus. Die Fahrzeuge der Eltern rangieren beim Bringen und Abholen der Kinder unmittelbar vor dem Eingang des Hauses der Kläger. Dies stört nach Auffassung des Gerichts deutlich mehr als eine Fahrzeugnutzung nur durch die Mieterin und ihre Familie. Den Lärm und die Immissionen durch die an- und abfahrenden Fahrzeuge müssen die Kläger daher bei bloßer Zulassung der Wohnung zu Wohnzwecken nicht hinnehmen.
Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch:
§ 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch
(1) 1 Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. 2 Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist. Auszug aus dem Wohnungseigentumsgesetz:
§ 15 Gebrauchsregelung
(1) Die Wohnungseigentümer können den Gebrauch des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums durch Vereinbarung regeln.
(2) [...]
(3) Jeder Wohnungseigentümer kann einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 27.02.2020
Quelle: Landgericht Koblenz/ra-online (pm/kg)
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