21.11.2024
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Landgericht Koblenz Urteil18.10.2018

Unerlaubtes Online-Glücksspiel: Anbieter aus Gibraltar darf kein Glücksspiel im Internet anbietenMaßgebliche Bestimmungen des Glücks­spiel­staats­vertrags weder verfassungs- noch unions­rechts­widrig

Das Landgericht Koblenz hat einer Internet-Anbieterin untersagt, Personen, die sich in Deutschland aufhalten, Wetten auf den Ausgang staatlicher Lotterien, wie etwa LOTTO 6 aus 49, EuroJackpot oder GlücksSpirale, gegen Entgelt zu vermitteln, wenn dies ohne die Erlaubnis einer deutschen Behörde geschieht. Der Internet-Anbieterin wurde auch verboten, ihre Glücksspiele per E-Mail, per Werbebanner im Internet und durch TV-Spots in Deutschland zu bewerben, sie muss zudem schriftlich Auskünfte über ihre entsprechenden Umsätze erteilen und ist zum Schadensersatz verpflichtet.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens ist eine Landes­lot­te­rie­ge­sell­schaft, die mit Genehmigung des Landes Rheinland-Pfalz Lotterien durchführt, beziehungsweise vom Land mit der Durchführung von Lotterien und Sportwetten beauftragt wurde. Die Spielangebote der Klägerin, die auch teilweise im Internet für Spielteilnehmer mit Wohnsitz in Rheinland-Pfalz verfügbar sind, umfassen unter anderem LOTTO 6 aus 49, GlücksSpirale und in Zusammenarbeit mit weiteren europäischen Lotte­rie­ge­sell­schaften die Lotterie EuroJackpot.

Beklagte Firma fehlt Erlaubnis deutscher Behörden für Veranstaltung oder Vermittlung von Glücksspielen

Die Beklagte bietet im Internet über eine deutsch­sprachige und bundesweit abrufbare Seite gegen Entgelt unter anderem die Vermittlung von Tipps auf den Ausgang der Ziehung der Lotterien 6 aus 49, EuroJackpot und GlücksSpirale an. Dafür muss sich der Spieler mit einem Spielerkonto registrieren. Der Spieler gewinnt, wenn er die gleichen Zahlen tippt, die bei den staatlichen Lotterien gezogen wurden. Dabei nimmt der Spieler aber nicht unmittelbar an den staatlichen Lotterien teil, sondern eine weitere Firma bestimmt die Gewinnchancen und berechnet die Gewinne. Die Beklagte, mit Firmensitz in Gibraltar, verfügt über keine Erlaubnis einer deutschen Behörde für die Veranstaltung oder Vermittlung von Glücksspielen.

Klägerin verlangt mit Verweis auf unerlaubtes Online-Glücksspiel Unterlassung und Schadensersatz

Die Klägerin klagte vor dem Landgericht Koblenz und beantragte, die Beklagte zur Unterlassung ihrer geschäftlichen Tätigkeit in Deutschland samt entsprechender Werbung zu verurteilen; des Weiteren auf Feststellung der Pflicht zur Leistung von Schadensersatz und auf Auskunft über die Höhe ihrer Umsätze. Die Klägerin war der Ansicht, die Beklagte veranstalte ein unerlaubtes Online-Glücksspiel, sie habe daher als Wettbewerberin einen Unterlassungsanspruch. Außerdem sei ihr ein Schaden entstanden, da die Beklagte ihr Spielteilnehmer und damit Einnahmen entziehe. Den Schaden könne sie mangels Information über die Umsätze nicht beziffern.

Beklagte sieht in deutschem Lotteriemonopol Verstoß gegen höherrangiges Recht der Europäischen Union

Die Beklagte hielt im Wesentlichen entgegen, dass das deutsche Lotteriemonopol nach dem Glück­s­piel­staats­vertrag (GlüStV) gegen höherrangiges Recht der Europäischen Union verstoße und sie für ihr Angebot keiner Erlaubnis bedürfe. Wegen der Unions­rechts­wid­rigkeit sei das Verfahren vor dem Landgericht auszusetzen und der Gerichtshof der Europäischen Union anzurufen. Zudem gehe von Online-Glücksspiel keine besondere Gefährlichkeit aus.

LG bejaht wettbe­wer­bs­recht­lichen Anspruch auf Unterlassung

Das Landgericht Koblenz gab der Klage statt und bejahte einen wettbe­wer­bs­recht­lichen Anspruch auf Unterlassung. Das Angebot der Beklagten stelle ein unerlaubtes Glücksspiel im Sinne des GlüStV dar. Eine inländische Erlaubnis für ihr Glückss­pie­l­angebot habe die Beklagte nicht, eine etwaig vorhandene Erlaubnis aus Gibraltar reiche nicht aus.

Entwicklung von Spielsucht kann durch Online-Glücksspiele in besonderem Maße begünstigt werden

Auf die Frage der Unions­rechts­wid­rigkeit des deutschen Lotte­rie­mo­nopols komme es nicht an, denn bei dem Angebot der Beklagten handele es sich nicht um eine Lotterie, weil das Spielprinzip keinen eigenen, von ihr entwickelten Spielplan vorsehe, sondern "nur" eine Wette auf die staatliche Lotterie darstelle. Einer Vorlage beim Gerichtshof der Europäischen Union bedürfe es daher nicht. Die maßgeblichen Bestimmungen des GlüStV seien weder verfassungs- noch unions­rechts­widrig, sondern dienten insbesondere dem Jugendschutz und der Verhinderung von Spielsucht. Dabei betonte das Landgericht das erhöhte Gefähr­dungs­po­tential von Glückspiel im Internet und führte aus, dass das Online-Glücksspiel durch die schnelle, bequeme und zeitlich unbeschränkte Verfügbarkeit, die potentiell große Menge und hohe Frequenz der erreichbaren Spielangebote und die damit verbundenen Effekte von Gewöhnung und Verharmlosung sowie die fehlende soziale Kontrolle, die Anonymität und Isolation des Spielers und den höheren Abstrak­ti­o­nsgrad im Vergleich zur Abgabe eines Tippscheins in der Annahmestelle die Entwicklung von Spielsucht in besonderem Maße begünstigen könne.

LG bejaht Pflicht zur Unterlassung von Werbung und Schaden­s­er­satz­an­spruch der Klägerin

Da auch die Werbung der Beklagten gegen den GlüStV verstoße, sei sie zu unterlassen. Da die Klägerin des Weiteren dargelegt habe, dass ihr durch die Glückss­pie­l­an­gebote der Beklagten und die entsprechenden Werbemaßnahmen potentielle Kunden entzogen worden seien, sei die Beklagte verpflichtet, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die ihr durch entgangene Spieleinsätze entstanden seien, entsprechend habe die Beklagte außerdem Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen.

Auszug Glück­s­piel­staats­vertrag (GlüStV):

§ 4 Allgemeine Bestimmungen

(1) Öffentliche Glücksspiele dürfen nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Das Veranstalten und das Vermitteln ohne diese Erlaubnis (unerlaubtes Glücksspiel) sowie die Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel sind verboten. [...]

(4) Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist verboten. [...]

(5) Abweichend von Absatz 4 können die Länder zur besseren Erreichung der Ziele des § 1 den Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet erlauben, wenn [...]

§ 5 Werbung

[...]

(5) Werbung für unerlaubte Glücksspiele ist verboten.

Quelle: Landgericht Koblenz/ra-online

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