23.11.2024
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Dokument-Nr. 31135

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Urteil18.11.2021Landgericht Koblenz1 O 222/18
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Landgericht Koblenz Urteil18.11.2021

Erben haben keinen Anspruch auf zu Lebzeiten aus Eigeninteresse verschenkte BesitztümerLG Koblenz lehnt Klage eines Erben ab

Das Landgericht Koblenz hat die Klage eines Erben abgelehnt, der die Herausgabe eines durch seine Mutter zu Lebzeiten verschenkten Grundstücks begehrte. Die Erblasserin habe aus Eigeninteresse gehandelt. Es handele sich nicht um eine ungerecht­fertigte Bereicherung.

Die Parteien sind Geschwister. Ihre Eltern errichteten im Jahre 1969 ein Testament, in dem sich die Ehegatten wechselseitig als alleinige Erben und die gemeinsamen Kinder zu Schlusserben einsetzten. Nach dem Tod des letzt­vers­ter­benden Ehegatten sollte der Kläger nach diesem Testament ein in K. gelegenes Grundstück als Alleinerbe erhalten. Der Vater der Parteien verstarb zuerst, so dass die Mutter zur nicht befreiten Vorerbin wurde. Die Parteien sowie ein weiterer Bruder wurden zu Nacherben. Lange nach dem Tod Ihres Ehemanns übertrug die Mutter der Parteien der Beklagten unentgeltlich ein Grundstück in P. sowie ihren Mitei­gen­tums­anteil am besagten Grundstück in K.. Darüber hinaus erhielt die Beklagte bezüglich des Grundstücks in K. ein kostenloses lebenslanges Wohnungs- und Garten­nut­zungsrecht. Im folgenden Jahr erteilte sie der Beklagten zudem eine notarielle Vollmacht. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte die Mutter in den letzten Lebensjahren versorgt und zuletzt auch gepflegt hat. Der Kläger behauptet, dass die mittlerweile verstorbene Mutter der Parteien kein Eigeninteresse an dieser Schenkung gehabt, sondern mit Beein­träch­ti­gungs­absicht zu Lasten des Klägers gehandelt habe. Der Wert des übertragenen Grundbesitzes und der bereits zu Lebzeiten der Mutter an die Beklagte geflossenen Gelder überschritten nach Auffassung des Klägers den Wert der von der Beklagten erbrachten Leistungen jedenfalls ganz erheblich. Der Kläger begehrt die Übertragung des Grundstücks in K. auf ihn selbst und des weiteren übertragenen Grundstücks an die Erben­ge­mein­schaft sowie die Bewilligung der Löschung des Wohnungs- und Garten­nut­zungs­rechts im Grundbuch.

Kein Anspruch auf Herausgabe der Geschenke bei Eigeninteresse des Schenkenden

Eine Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerecht­fer­tigten Bereicherung gemäß §§ 818 ff. BGB hat das Gericht abgelehnt. Eine Herausgabe des Geschenks kann der Erbe in entsprechender Anwendung des § 2287 Abs. 1 BGB nämlich nur dann verlangen, wenn der Erblasser die Schenkung in der Absicht vorgenommen hat, den Erben zu beeinträchtigen. Dies ist zwar schon dann der Fall, wenn der Erblasser weiß, dass er durch das Geschenk das Erbe schmälert. Da der Erblasser dies jedoch nahezu immer weiß, ist nach der höchst­rich­ter­lichen Rechtsprechung zusätzlich eine Missbrauch­s­prüfung erforderlich. Ein Missbrauch liegt trotz dieses Wissens um die Beein­träch­tigung des Erbes dann nicht vor, wenn der Erblasser ein lebzeitiges Eigeninteresse an der vorgenommenen Schenkung hatte. Ein solches Eigeninteresse kommt dann in Betracht, wenn es dem Erblasser im Alter um seine Versorgung und ggf. Pflege geht oder wenn der Erblasser mit dem Geschenk einer sittlichen Verpflichtung nachkommt, weil er einer Person, die ihm besonders geholfen hat, damit danken will. Ein lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers liegt zum Beispiel dann vor, wenn der Beschenkte ohne rechtliche Verpflichtung sich um Haus, Garten, Einkäufe, Reinigung etc. kümmert, zumal wenn der Erblasser ein Interesse daran hat, dadurch im eigenen Haus wohnen bleiben zu können. Es ist auch als ein anerken­nens­wertes Eigeninteresse anzusehen, wenn der Erblasser durch das Geschenk eine ihm nahestehende Person an sich zu binden versucht.

Kein Missbrauch der Verfü­gungs­gewalt durch die Mutter

Der Erbe, der das Geschenk herausverlangen will, ist für das fehlende Eigeninteresse des Erblassers beweispflichtig. Nach durchgeführter Vernehmung von Zeugen nahm das Gericht hier an, dass ein lebzeitiges Eigeninteresse der Erblasserin an der Schenkung bestand, welches der Annahme eines Missbrauchs der Verfü­gungs­gewalt entgegenstand. Nach der Beweisaufnahme war das Gericht davon überzeugt, dass die Beklagte sowohl vor der Schenkung als auch noch danach ganz erhebliche Betreuungs- und Versor­gungs­leis­tungen für ihre Mutter erbrachte. So begleitete sie diese bei vielen Gelegenheiten im Alltag, machte Erledigungen, besorgte den Haushalt und unterstützte die Mutter in finanziellen Angelegenheiten. Bereits diese Unter­stüt­zungs­leis­tungen stufte das Gericht als erheblich ein, auch wenn die eigentliche Pflege der Erblasserin erst nach der Schenkung erforderlich wurde. Nach der Überzeugung des Gerichts auf Grund der Zeugenaussagen ging die Erblasserin bei der Schenkung davon aus, dass die Beklagte ihr auch weiterhin zur Seite stehen werde, wie es dann tatsächlich auch der Fall war. Das Gericht erkannte zudem, dass der erhebliche Pflegebedarf der Mutter der Parteien anderenfalls zu ganz erheblichen Kosten für einen ambulanten Pflegedienst geführt hätte, um ihrem Wunsch zu entsprechen im Haus wohnen bleiben zu können. Erstrecht hätte eine stationäre Unterbringung in einem Altenheim erhebliche Kosten verursacht, die das Erbe ebenfalls geschmälert hätten.

Quelle: Landgericht Koblenz, ra-online (pm/aw)

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