21.11.2024
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Dokument-Nr. 16831

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Urteil20.08.2013Landgericht Karlsruhe9 O 95/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NZV 2014, 223Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2014, Seite: 223
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Landgericht Karlsruhe Urteil20.08.2013

Vollkasko­versicherung kann Fahrzeugschäden aufgrund geplatzten Reifens abdeckenSchäden wegen Reifenplatzen stellt nicht zwangsläufig Betriebsschaden dar

Wem auf der Autobahn wegen eines eingefahrenen Gegenstands der Reifen platzt und wer über eine Vollkasko­versicherung verfügt, kann seine Fahrzeugschäden wegen des Reifenplatzens von der Kasko­ver­si­cherung ersetzt verlangen. Der Versi­che­rungs­schutz entfällt nicht wegen Vorliegens eines Betrie­bs­schadens. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe hervor.

Im zugrunde liegenden Fall befuhr ein Autofahrer mit seinem Fahrzeug im Januar 2012 eine Autobahn. Plötzlich platzte der hintere rechte Reifen. Dadurch wurden die angrenzenden Karosserieteile beschädigt. Ein Gutachter ermittelte später, dass der geplatzte Reifen auf einen eingefahrenen größeren Fremdkörper (etwa einer Schraube) zurückzuführen war. Der Autofahrer verlangte die Reparaturkosten von seiner Kasko­ver­si­cherung ersetzt. Diese lehnte jedoch mit Hinweis auf die Allgemeinen Bedingungen für die Kraft­fahrt­ver­si­cherung (AKB 2008), Stand 01.07.2012, eine Schadens­re­gu­lierung ab, da ihrer Meinung nach ein nicht versicherter Betriebsschaden vorgelegen habe. In Ziff. A.2.3.2 stand dazu: "Versichert sind Unfälle des Fahrzeugs. Als Unfall gilt ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis. Nicht als Unfallschäden gelten insbesondere Schäden aufgrund eines Brems- oder Betrie­bs­vorgangs […]". Der Autofahrer erhob wegen der Weigerung seiner Versicherung Klage.

Kein Schaden aufgrund eines Betrie­bs­vorgangs

Das Landgericht Karlsruhe gab dem Autofahrer recht. Denn bei dem durch einen von außen eingedrungenen Fremdkörper verursachten Reifenplatzer habe es sich nicht um einen Schaden aufgrund eines Betrie­bs­vorgangs gehandelt. Zu den Betriebsschäden gehören nur solche Schäden, die im Rahmen des gewöhnlichen Fahrbetriebs entstehen. Dafür genüge nicht, dass der Schaden beim normalen Betrieb eines Kraftfahrzeugs, etwa beim Fahren auf der Autobahn, eingetreten ist. Es liege auch dann kein Betriebsschaden vor, wenn er allmählich entsteht. Der Schaden müsse also nicht plötzlich eintreten.

Wortlaut der Vorschrift rechtfertigte Verneinung eines Betrie­bs­schadens

Zudem habe sich nach Ansicht des Landgerichts aus dem Wortlaut der Ziff. A.2.3.2 AKB ergeben, dass mit Betriebsschäden insbesondere solche Schäden gemeint sind, die aufgrund von Fehlern des Versi­che­rungs­nehmers sowie Abnutzung oder Verschleiß entstehen. Aus dem Umkehrschluss ergebe sich daher, dass im Grundsatz solche Schäden versichert sein müssen, bei denen weder eine Abnutzung noch ein Bedie­nungs­fehler als Ursache für den Unfall in Betracht kommt.

Unver­meid­barkeit eines Schaden­s­ein­tritts rechtfertigt nicht Annahme eines Betrie­bs­schadens

Das Landgericht folgte darüber hinaus nicht der Ansicht des Oberlan­des­ge­richts Hamm (Urt. v. 21.04.1989 - 20 U 255/88), wonach es zum normalen Betriebsrisiko eines Fahrzeugs gehört, dass auf der Fahrbahn liegende kleine Gegenstände in den Reifen eindringen und diesen beschädigen. Dem Landgericht erschien es nicht überzeugend, gerade die Unver­meid­barkeit des Schaden­s­ein­tritts als Kriterium für das Vorliegen eines Betrie­bs­schadens zu nehmen. Vielmehr spreche die Vermeidbarkeit eines Schaden­s­ein­tritts gerade für das Vorliegen eines Betrie­bs­schadens. Denn Schäden aufgrund von Bedienfehlern sollen nicht vom Versi­che­rungs­schutz umfasst sein.

Versicherter Unfall im Sinne der AKB lag vor

Das Landgericht bejahte daher das Vorliegen eines versicherten Unfalls im Sinne der Ziff. A.2.3.2 AKB. Denn weder seien Verschlei­ß­er­schei­nungen am Reifen schaden­s­ur­sächlich gewesen noch habe ein Bedienfehler vorgelegen. Des Weiteren sei das Einfahren des Gegenstands nicht vermeidbar gewesen.

Quelle: Landgericht Karlsruhe, ra-online (vt/rb)

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