Dokument-Nr. 23743
Permalink https://urteile.news/
Landgericht Hildesheim Urteil07.12.2016
Kein Schadensersatzanspruch nach Wagonsturz am BahnhofFahrgäste müssen mit Höhenunterschieden zwischen Bahnsteigkante und Wagon rechnen
Das Landgericht Hildesheim hat entschieden, dass Bahnfahrgäste mit Höhenunterschieden zwischen der Bahnsteigkante und dem Wagon rechnen müssen. Das Gericht verwies darauf, dass Hinweisschilder an den Türen, die vor diesem Höhenunterschied warnen, für Bahnfahrende als Hinweis ausreichend sind und das Bahnunternehmen zu keinen weiteren Verkehrssicherungen verpflichtet sind.
Im zugrunde liegenden Streitfall stürzte die Klägerin beim Einsteigen in einen Wagon der Beklagten im Bahnhof Hildesheim. Hierbei verletzte sie sich, musste notfallmäßig versorgt und mit einem Rettungswagen in ein Hildesheimer Krankenhaus verbracht werden, wo wenig später eine Operation an der Halswirbelsäule vorgenommen wurde. Die Klägerin machte daher Schadensersatz und Schmerzensgeld von insgesamt über 25.000 Euro geltend.
Bahnunternehmen verweist auf angebrachte Hinweisschilder zur Warnung vor Höhenunterschied
Der genaue Verlauf und die Ursache des Sturzes sind zwischen Klägerin und Beklagter streitig. Die Klägerin behauptet, der Boden des Wagons habe sich - ohne, dass dies ausreichend kenntlich gemacht war - weit unterhalb des Bahnsteiges befunden. Dadurch sei sie "ins Leere getreten" und kopfüber in den Wagon gestürzt. Die vorhandenen Haltegriffe seien farblich vom Rest des Wagoninnern nicht zu unterscheiden gewesen und stellten daher keine Hilfe dar. Die Beklagte wandte ein, dass der Höhenunterschied zwischen Bahnsteig und Wagonboden lediglich 18 cm betragen habe. Dies sei in Verbindung mit den vorhandenen Einstiegshilfen (Haltegriffen) nicht gefährlich. Zudem befinden sich an den Einstiegstüren Hinweisschilder, die vor dem Höhenunterschied warnen.
LG verneint Verletzung von Verkehrssicherungspflichten
Das Landgericht Hildesheim verneinte eine Haftung der Beklagten. Diese habe keine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Verkehrssicherungspflichten beschränken sich auf solche Maßnahmen, die nach den Gesamtumständen zumutbar sind und die ein normal vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend halten darf, um andere vor Schaden zu bewahren. Eine Pflicht zur Vorsorge gegen alle denkbaren Schadensfälle fordert das Gesetz hingegen nicht.
Angebrachte Warnschilder ausreichend
Der Kammervorsitzende hatte sich am Bahnsteig selbst ein Bild von der Örtlichkeit gemacht und festgestellt, dass zwischen Bahnsteig und Wagon tatsächlich ein Höhenunterschied von maximal 15 - 20 cm besteht. Dieser ist nach Auffassung des Gerichts nicht derartig gravierend, dass weitere Sicherheitsmaßnahmen erforderlich wären. Die von der Beklagten an den Eingangstüren angebrachten Warnschilder seien vor dem Hintergrund ausreichend.
Höhenunterschiede meist technisch unvermeidbar
Mit Höhenunterschieden zwischen Bahnsteig und Wagon sei - im Übrigen auch bei Wagons anderer Bahnunternehmen - zu rechnen. Sie seien technisch unvermeidbar und daher von jedem Fahrgast hinzunehmen. Jeder muss deshalb beim Einsteigen die gebotene Aufmerksamkeit walten lassen, um nicht zu Schaden zu kommen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.01.2017
Quelle: Landgericht Hildesheim/ra-online
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil23743
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.