18.10.2024
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Dokument-Nr. 32117

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Landgericht Frankfurt am Main Urteil14.04.2022

Club ohne Strandzugang, Pool, Wellness, Tennis oder Bistro in der Pandemie stellen Reisemangel darEinschränkungen aufgrund der Pandemie sind nicht dem sog. allgemeinen Lebensrisiko des Reisenden zuzuordnen

Das LG Frankfurt hat entschieden, dass die Schließungen und Einschränkungen im Club der Beklagten Reisemängel darstellen und zur Minderung berechtigen. Die Einschränkungen aufgrund der Pandemie seien nicht dem sog. allgemeinen Lebensrisiko des Reisenden zuzuordnen, sondern sie beträfen das unmittelbare Leistungssoll des Reise­ver­an­stalters.

Der Kläger buchte für seine Ehefrau und sich Anfang März 2020 eine Reise in einen Club der Beklagten nach Fuerteventura inklusive Flug zu einem Preis von insgesamt 3.600 Euro. Das Ehepaar trat die Reise an. Wegen der Corona-Pandemie wurden behördliche Anordnungen erlassen, aufgrund derer der Strandzugang, der Wellnessbereich, Poolanlage und schließlich auch die Tennisplätze und das clubeigene Bistro geschlossen wurde. Das Hotelmanagement ging außerdem ab dem 16.3.2020 dazu über, die Anlage zu renovieren. Durch den Einsatz von Schlagbohrern und Brennern sowie den Auf- und Abbau von Gerüsten kam es zwischen 8 und 17 Uhr zu erheblichem Baulärm. Vor dem Bungalow des Klägers und seiner Frau wurde zudem ein Materi­a­l­um­schlagplatz angelegt, von dem ebenfalls großer Lärm ausging. Der Kläger rügte gegenüber der Reiseleitung vor Ort den Baulärm, das Fehlen des Meerzugangs und die Sperrung des Wellness­be­reichs. Am 20.3.2020 teilte die Beklagte dann mit, dass die Reise ab dem 21.3.2020 abgebrochen werde. Der Kläger und seine Ehefrau wurden auf einem Flug nach Frankfurt anstelle nach Stuttgart zurück nach Deutschland gebracht und zwar in der Economy-Class und nicht in der ursprünglich gebuchten Premium Economy-Class.

Gutscheine statt Reise­prei­s­er­stattung

Der Kläger hat aufgrund von Reisemängeln eine Minderung des Reisepreises verlangt und zwar umgerechnet auf die betroffenen Tage je 20 % des Tagespreises für den gesperrten Meerzugang und die Schließung des Wellness­be­reichs, für die Poolsperre und die geschlossenen Tennis-plätze je 10 %, für den Lärm und die geschlossene Snackbar je 5 %, weiter 10 % für die Herab-stufung in die Economy-Class sowie 5 % für die Beförderung nach Frankfurt statt nach Stuttgart. Ab dem 21.3.2020 hat er den Reisepreis für die nicht erfolgten Reisetage vollständig zurückverlangt. Die Beklagte bot ihm Gutscheine an. Der Kläger lehnte ab.

Schließungen und Einschränkungen berechtigten zur Minderung in geltend gemachter Höhe

Das Landgericht Frankfurt am Main hat die Klageforderung überwiegend bejaht: Die Schließungen und Einschränkungen im Club der Beklagten stellten Reisemängel dar und berechtigten zur Minderung in geltend gemachter Höhe. Die Einschränkungen aufgrund der Pandemie seien nicht dem sog. allgemeinen Lebensrisiko des Reisenden zuzuordnen, sondern sie beträfen das unmittelbare Leistungssoll des Reise­ver­an­stalters. Wenn der Veranstalter bestimmte Nutzungs­mög­lich­keiten verspreche, trage auch er die Gefahr des Gelingens der Pauschalreise nicht aber der Reisende. Für die verlorenen Urlaubstage nach Abbruch der Reise schulde die Beklagte außerdem vollen Ersatz.

Keine Minderung für Rückflug in der Economy-Class

Mangels Abhil­femög­lich­keiten sei es auch unerheblich, ob der Kläger neben dem Baulärm auch alle coronabedingten Einschränkungen vor Ort gerügt habe. Denn der Veranstalter hätte ohnehin nicht abhelfen können. Anders sei es in Bezug auf das „Downgrade“ auf dem Rückflug in die Economy-Class: Hier habe der Kläger nicht dargetan, dass die Beklagte ein Umsetzen oder eine Umbuchung tatsächlich abgelehnt habe, so dass dafür keine Minderung verlangt werden könne.

Quelle: Landgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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