23.11.2024
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Landgericht Frankfurt am Main Urteil08.01.2014

AGB-Regelung zur Voraus­zahlungs­pflicht des vollen Flugpreises unzulässigVorliegen einer unangemessenen Benachteiligung der Verbraucher

Regelt ein Luft­fahrt­unternehmen in seinen AGB, dass der Fluggast weit vor dem gebuchten Flug zur Vorauszahlung des vollen Flugpreises verpflichtet ist, so liegt darin eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher. Die Regelung ist daher nach § 307 Abs. 1 BGB unzulässig. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Frankfurt a.M. hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall enthielt die AGB eines Luftfahrt­un­ter­nehmens eine Klausel, wonach die Fluggäste nach Buchung eines Fluges und vor Beförderung den vollen Flugpreis zahlen mussten. Ein Verbrau­cher­verband hielt dies für unzulässig und klagte auf Unterlassung.

Anspruch auf Unterlassung bestand

Das Landgericht Frankfurt a.M. entschied zu Gunsten des Verbrau­cher­verbands. Ihm habe der Anspruch auf Unterlassung zugestanden. Denn durch die Vorauszahlungs-Klausel seien die Fluggäste im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB unangemessen benachteiligt worden.

Vorliegen einer unangemessenen Benachteiligung der Verbraucher

Luftbe­för­de­rungs­verträge seien Werkverträge, so das Landgericht weiter. Damit sei das Luftfahrtunternehmen vorleis­tungs­pflichtig. Es müsse zunächst den Flug durchführen, um anschließend die Vergütung verlangen zu dürfen. Durch die Vorleis­tungs­pflicht werden die Interessen der Verbraucher nicht ausreichend beachtet. Ohne zu wissen, ob der Flug durchgeführt wird, müsse er zahlen. Dadurch verliere er für den Fall der Nicht­be­för­derung frühzeitig das Druckmittel des Zurück­be­hal­tungs­rechts. Zudem werde der Verbraucher mit dem Insolvenzrisiko belastet. Die staatlich ausgeübte Kontrolle beseitige nicht dieses Risiko. Denn der Staat erstatte im Falle einer Insolvenz nicht den bezahlten Flugpreis.

Kein Interesse des Luftfahrt­un­ter­nehmens an vollständiger Vorleistung

Nach Auffassung des Landgerichts habe das Luftfahrt­un­ter­nehmen zwar ein Interesse an Planungs­si­cherheit und an einem Ausschluss des Risikos der Zahlungs­un­fä­higkeit oder -willigkeit des Fluggastes gehabt. Dies habe aber nicht gerechtfertigt weit vor dem geplanten Flug die Zahlung des gesamten Flugpreises zu verlangen. Das Interesse des Luftfahrt­un­ter­nehmens habe auch dadurch berücksichtigt werden können, dass eine Anzahlung und eine Restzahlung in einem angemessenen Abstand vor dem Flug vereinbart wird. Hinzu sei gekommen, dass ein Luftbe­för­de­rungs­vertrag nicht anonym abgeschlossen wird. Aufgrund dessen, dass der Kunde bei der Buchung seinen Namen angeben muss, sei eine Prüfung der Bonität möglich.

Kein Ausgleich der Benachteiligung durch geringe Preise und Flugga­st­rech­te­ver­ordnung

Die durch die Vorleis­tungs­pflicht entstehende Benachteiligung der Verbraucher werde nach Ansicht des Landgerichts nicht aufgrund der durch die Vorauszahlung ermöglichten geringeren Preise ausgeglichen. Denn die jedem Fluggast drohenden Nachteile stehen außer Verhältnis zum etwaigen Preisvorteil. Die Flugga­st­rech­te­ver­ordnung habe ebenfalls nicht die nachteilige Klausel kompensiert. Denn durch die Verordnung wird der Fluggast nicht voll umfänglich geschützt.

Vergleichbare Regelungen bei anderen Unternehmen unerheblich

Es sei auch unerheblich gewesen, so das Landgericht weiter, ob andere Unternehmen, auch solche aus der Luftfahrt­branche, vergleichbare Regelungen verwendeten. Eine solche Üblichkeit schließe nicht eine unangemessene Benachteiligung von Fluggästen aus. Zudem seien Voraus­zah­lungs­ver­pflich­tungen ohne Absicherung der Kunden, auch in anderen Unternehmen, unwirksam.

Quelle: Landgericht Frankfurt a.M., ra-online (zt/RRa 2014, 88/rb)

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