03.12.2024
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Landgericht Frankfurt am Main Urteil08.04.2022

10.000 Euro Schmerzensgeld: Bundes­tags­ab­ge­ordnete Renate Künast geht erfolgreich gegen Falschzitat in sozialem Netzwerk vorLG Frankfurt am Main: Diensteanbieter muss Varianten mit kerngleichem Inhalt ohne erneuten Hinweis sperren

Die Bundes­tags­ab­ge­ordnete Renate Künast kann verlangen, dass eine bestimmte Wort-Bild-Kombination (sog. „Meme“) mit einem ihr unter­ge­schobenen Falschzitat auf Facebook gesperrt wird. Auch Varianten dieses Memes mit kerngleichem Inhalt muss das soziale Netzwerk ohne erneuten Hinweis auf die jeweilige URL löschen. Renate Künast steht wegen der Verletzung ihres allgemeinen Persön­lich­keits­rechts außerdem ein Schmer­zens­geldan­spruch gegen die Betreiberin von Facebook zu, so das Landgericht (LG) Frankfurt am Main.

Auf Facebook erschien ein Bild von Renate Künast, dem folgendes Zitat beigefügt war: „Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal türkisch lernen!“ Dieses Zitat ist falsch. Renate Künast hat die Äußerung nicht getätigt. Sie verlangte von Meta als Betreiberin von Facebook die Löschung des Eintrages. Der Post wurde außerdem in verschiedenen Varianten veröffentlicht, etwa mit verändertem Layout oder durch Erweiterung oder Weglassen von Textinhalten, durch Tippfehler oder durch Veränderung für das Auge nicht wahrnehmbarer Pixel. Diese Varianten haben eine andere URL als das ursprüngliche, von Renate Künast zunächst beanstandete Meme. Vor dem Landgericht Frankfurt am Main hat Renate Künast darauf geklagt, dass Meta es unterlässt, Memes mit kerngleichem Inhalt auf Facebook öffentlich zugänglich machen zu lassen.

Pflicht zur eigenen Überprüfung auf kerngleiche Inhalte nach erstem Hinweis

Mit Urteil vom heutigen Tage hat eine Pressekammer des Landgerichts Frankfurt am Main ihrer Klage stattgegeben. Durch das Falschzitat werde Renate Künast in ihren Persön­lich­keits­rechten verletzt. Ein Diensteanbieter müsse zwar nicht ohne einen Hinweis alle ins Netz gestellten Beiträge auf eine eventuelle Rechts­ver­letzung prüfen. „Nachdem Renate Künast aber konkret darauf hingewiesen hatte, dass die ihr zugeschriebene Äußerung ein falsches Zitat ist, muss sie diesen Hinweis nicht für jeden weiteren Rechtsverstoß unter Angabe der URL wiederholen,“ erklärte die Vorsitzende der Kammer in der Urteils­be­gründung. „Denn für die Beklagte ist unschwer erkennbar, dass es sich bei Varianten mit kerngleichem Inhalt um Falschzitate handelt.“ Und weiter: „Das deutsche Recht mutet jedem Verpflichteten eines Unter­las­sungs­gebots zu, selbst festzustellen, ob in einer Abwandlung das Charak­te­ris­tische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt und damit kerngleich ist. Das gilt auch in diesem Fall.“

Technische und wirtschaftliche Unzumutbarkeit nicht dargelegt

Die Kammer stellte weiter fest: „Die Beklagte hat nicht dargetan, dass es ihr technisch und wirtschaftlich nicht zumutbar ist, ohne konkrete Bezeichnung der URL identische und ähnliche Memes zu erkennen und zwar auch, wenn für die Beurteilung eines abgewandelten Textes in einem Eintrag eine menschliche Modera­ti­o­ns­ent­scheidung notwendig wird“.

Schmerzensgeld von 10.000 Euro angesichts der Persön­lich­keits­rechts­ver­letzung angemessen

In seinem Urteil billigte die Pressekammer Renate Künast außerdem eine Geldentschädigung in Höhe von 10.000 Euro zu. Meta treffe aufgrund der Veröf­fent­lichung der persön­lich­keits­rechts­ver­let­zenden Posts eine Mitver­ant­wortung. Denn Meta sei ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen, ihre Plattform von weiteren Falschzitaten zu befreien. Die Schwere der Rechts­ver­let­zungen rechtfertige das Schmerzensgeld. Renate Künast sei aufgrund der Falschzitate Anfeindungen ausgesetzt gewesen.

Ehrenrührigkeit von Falschzitaten

Die Kammer erklärte: „Die Glaubwürdigkeit ist das Kapital eines jeden Menschen, besonders einer Politikerin. Diese Glaubwürdigkeit wird durch das Zuschreiben von Falschzitaten beschädigt. Dies ist ehrenrührig und beeinträchtigt das Persönlichkeitsrecht der Falschzitierten. Falschzitate verzerren auch den Meinungskampf und sie schaden der Allgemeinheit.“

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es kann mit der Berufung bei dem Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main angefochten werden.

Quelle: Landgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/cc)

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