18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 228

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Landgericht Coburg Urteil27.08.2004

Fataler Vergleich: Bei Abfin­dungs­ver­gleichen über Unfallschäden ist Achtung gebotenZu den Auswirkungen einer Abfin­dungs­ver­ein­barung über Unfallschäden zwischen dem Geschädigten und der gegnerischen Haftpflicht­ver­si­cherung

Eine Kapita­l­ab­findung zum Ausgleich von Verletzungen infolge eines unverschuldeten Verkehrsunfalls kann durchaus ihren Reiz haben. Sie birgt aber auch Risiken. Verschlimmern sich später die Unfallfolgen, kann hierfür grundsätzlich kein Ersatz mehr verlangt werden. Etwas anderes gilt nur für gänzlich unvorhersehbare Folgeschäden.

Diese Erfahrung machten jetzt die Eltern eines bei einem Verkehrsunfall schwer verletzten Kindes. Das Landgericht Coburg und das Oberlan­des­gericht Bamberg wiesen ihre im Namen des Kindes erhobene Klage gegen den Haftpflicht­ver­si­cherer des Unfall­ve­r­ur­sachers auf Zahlung von Schmerzensgeld von 30.000 € und einer monatlichen Rente von 200 € ab. Da sich sein Gesund­heits­zustand zusehends verschlechterte, hatte sich das Opfer mit einer bereits erhaltenen Abfindung nicht zufrieden geben wollen.

Sachverhalt

Das 5 1/2 Jahre alte Mädchen hatte Glück im Unglück. Es erlitt bei dem Unfall zwar Kopfver­let­zungen und schwere Knochenbrüche, u. a. einen Schen­kel­halsbruch. Aber das Wichtigste: Das Kind lebte noch. Weil die Alleinschuld des Autofahrers feststand, strebte dessen Haftpflicht­ver­si­cherung eine außer­ge­richtliche Einigung an. Beraten durch einen Rechtsanwalt verständigten sich die Eltern des Mädchens und der Versicherer auf Zahlung eines Schmer­zens­geld­be­trages von rund 17.000 €. Mit der Vereinbarung sollten sämtliche Gesund­heits­be­ein­träch­ti­gungen des Kindes, auch zukünftige, abgegolten sein. Eine Ausnahme hiervon sollte lediglich für unvorhersehbare eventuell später eintretende gesundheitliche Schäden gelten. Nach zwei Jahren bildete sich bei dem Unfallopfer eine Nekrose (örtlicher Gewebstod) am rechten Hüftkopf. Das Kind verlangte daher von der Versicherung weiteres Schmerzensgeld. Es meinte, die Vereinbarung stünde nicht entgegen, handle es sich bei der Nekrose doch um eine nicht vorhersehbare Krankheitsfolge.

Gerichtsentscheidung

Das Landgericht Coburg und das Oberlan­des­gericht Bamberg konnten sich dem aus Rechtsgründen bedau­e­r­li­cherweise nicht anschließen. Mit der Abfin­dungs­ver­ein­barung seien grundsätzlich alle Schmer­zens­geldansprüche erledigt worden. Etwas anderes gelte nur für nicht erkennbare Spätschäden. Das seien solche Unfallfolgen, die zum Zeitpunkt des Vergleichs selbst für Ärzte nicht vorhersehbar gewesen seien. Eine Hüftnekrose sei aber - so der angehörte medizinische Sachverständige - eine typische Spätfolge eines Schen­kel­hals­bruchs. Mit einer derartigen Erkrankung sei bei dem klagenden Kind im Zeitpunkt der Kapita­l­ver­ein­barung aus medizinischer Sicht ohne weiteres zu rechnen gewesen. Weiteres Schmerzensgeld über den gezahlten Betrag von 17.000 € könne die Klägerin daher nicht mehr beanspruchen.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 238 des LG Coburg vom 18.02.2005

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