18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Landgericht Coburg Urteil10.06.2016

Kein Anspruch auf Schadensersatz für Stein­schlag­s­chäden bei vorhandenen Warnschildern und ausreichend häufiger Straßen­kon­trolleLG Coburg zum Umfang der Verkers­sicherungs­pflicht bei Straßen mit Steinschlag

Das Landgericht Coburg hat entschieden, dass im Rahmen der Vorsorge gegen eine Stein­schlag­gefahr die fraglichen Straßen fortlaufend zu beobachten. Weitere Maßnahmen sind jedoch nur dann erforderlich, wenn mit einer Gefährdung durch Steinschlag als naheliegend zu rechnen ist. Das Gericht wies daher die Klage eines Fahrzeughalters auf Schadensersatz wegen einer behaupteten Verletzung der Straßen­verkehrs­sicherungs­pflicht ab. Die engmaschigen Kontrollen der von Steinschlägen betroffenen und mit einem entsprechenden Warnschild versehenen Strecke durch einen Straßenwärter waren nach der Auffassung des Landgerichts ausreichend.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls machte nach der Beschädigung seines Pkw durch einen Steinschlag Schaden­s­er­satz­ansprüche aus einer behaupteten Amtspflicht­ver­letzung gegen den Freistaat Bayern geltend. Die Ehefrau des Klägers hatte zuvor mit dem Fahrzeug eine durch die Fränkische Schweiz bzw. das Fränkische Jura verlaufende Staatsstraße befahren, die mit dem Warnschild "Stein­schlag­gefahr" versehen war. Durch von links auf die Straße rollendes Gestein sei dann das Fahrzeug des Klägers nicht unerheblich beschädigt worden. Der Kläger war der Auffassung, dass der Beklagte seine Straßen­ver­kehrs­si­che­rungs­pflicht auf der bekanntermaßen häufiger von Felsabbrüchen betroffenen Strecke verletzt habe. Das Warnschild alleine sei hierfür nicht ausreichend und starke Regenfälle nur zwei Tage vor dem Unfall hätten einen verstärkten Anlass zur Felskontrolle gegeben. Der Beklagte verwies demgegenüber hauptsächlich auf die einmal wöchentlich bis täglich durchgeführten Kontrollen durch einen Straßenwärter und darüber hinaus auf länger zurückliegende Felskontrollen, die jeweils ohne Auffälligkeiten geblieben waren. Zuletzt nur einen Tag vor dem Unfall habe der Straßenwärter die fragliche Strecke inspiziert.

Anhaltspunkte für naheliegende Gefährdungen nicht ersichtlich

Nach der Vernehmung mehrerer Zeugen gelangte das Landgericht Coburg zu der Auffassung, dass eine Verletzung der Straßen­ver­kehrs­si­che­rungs­pflicht, die hier als öffentliches Amt auszuüben ist, nicht vorliegt. Danach ist im Rahmen der Vorsorge gegen die Steinschlaggefahr die fragliche Strecke fortlaufend zu beobachten. Weitere Maßnahmen sind nach der Entscheidung jedoch nur dann erforderlich, wenn mit einer Gefährdung durch Steinschlag als naheliegend zu rechnen ist. Insoweit verweist das Landgericht auf die Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs. Häufigkeit und Umfang der gebotenen Beobachtungen der Straße hängen dabei vom Ausmaß ihrer Schadens­ge­neigtheit ab. In diesem Zusammenhang hatte, worauf das Landgericht ebenfalls hinweist, das Oberlan­des­gericht Thüringen bei einem fast senkrecht abfallenden Hang im Abstand von ca. 7 bis 10 Meter zur Straße Sichtkontrollen jeweils im Frühjahr und im Herbst eines Jahres als ausreichend angesehen. Unter Berück­sich­tigung der konkreten örtlichen Verhältnisse an der Unfallstelle und der regelmäßig mindestens dreimal pro Woche und stets an Freitagen durchgeführten Kontrollen der betroffenen Strecke, zuletzt ohne Auffälligkeiten noch am Tag vor dem Unfall, verneinte das Landgericht eine weitergehende Verpflichtung des Beklagten und wies die Klage kostenpflichtig ab. Anhaltspunkte für eine naheliegende Gefährdung, die Anlass für weitere Maßnahmen hätten sein können und die der Kläger hätte nachweisen müssen, sah es nicht als gegeben an. Hierfür genügte die vage Behauptung des Klägers, dass auf der betroffenen Strecke immer wieder zu Steinschlägen käme, ebenso wenig wie die starken Regenfälle zwei Tage vor dem Unfall.

Schutz vor allen nur möglichen Naturgewalten kann nicht erwartet werden

Nach der Regelung in Artikel 72 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes erfolgt die Überwachung der Verkehrs­si­cherheit der öffentlichen Straßen in Ausübung eines öffentlichen Amtes. Für eine Verletzung dieser Amtspflicht haftet nach § 839 BGB zwar zunächst der betroffene Beamte. Diese Haftung wird jedoch gemäß Artikel 34 des Grundgesetzes auf den Staat bzw. die Körperschaft, in deren Dienst dieser Beamte steht, übergeleitet, so dass der Freistaat Bayern hier der richtige Beklagte war. Gerade bei den hier betroffenen Staßen­ver­kehrs­si­che­rungs­pflichten ist jedoch zu berücksichtigen, dass ein Schutz vor allen nur möglichen Naturgewalten nicht erwartet werden kann. Vielmehr sind nach der vom Landgericht zitierten Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs die Eigen­ver­ant­wortung und das allgemeine Lebensrisiko der Straßennutzer mit den Siche­rungs­pflichten der Straßen­ver­an­wort­lichen in Ausgleich zu bringen.

Quelle: Landgericht Coburg/ra-online

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