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Landgericht Coburg Urteil18.04.2016

Pachtvertrag bei massiv überhöhtem Pachtzins wegen Sitten­wid­rigkeit unwirksamGrobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung führt zur Unwirksamkeit des Pachtvertrags wegen wucherähnlicher Geschäfte

Das Landgericht Coburg hat die Klage eines Verpächters auf Kautionszahlung abgewiesen, weil der vereinbarte Pachtzins mehr als das Doppelte des objektiven Marktwertes betrug und der Vertrag damit als wucherähnliches Geschäft nichtig anzusehen war.

Im zugrunde liegenden Verfahren forderte der Verpächter eines Lokals mit seiner Klage die vereinbarte Kaution in Höhe von mehr als 20.000 Euro. Er hatte mit dem Beklagten, einem in gastronomischen Fragen völlig unerfahrenen kubanischen Staats­an­ge­hörigen, einen Pachtvertrag geschlossen. Darin waren neben einer Reihe von anderen Sicherheiten für den Verpächter die Zahlung der Kaution sowie einer monatlichen Pacht von 9.000 Euro zzgl. MwSt. vereinbart worden. Der Beklagte meinte nun, der Kläger könne sich nicht auf den Vertrag berufen. Dieser sei sittenwidrig, weil die vereinbarte Pacht massiv überhöht sei. Tatsächlich sei lediglich eine Pacht von weniger als der Hälfte des vereinbarten Betrages angemessen.

Pachtvertrag als sogenanntes wucherähnliches Geschäft unwirksam

Eine vom Gericht beauftragte Sachverständige bestätigte die Auffassung des Beklagten. Die ortsübliche Pacht für die Geschäftsräume betrug danach nur etwa die Hälfte der vereinbarten Summe. Wegen dieses besonders groben Missver­hält­nisses zwischen Leistung und Gegenleistung ist der Pachtvertrag nach der Entscheidung des Landgerichts Coburg als sogenanntes wucherähnliches Geschäft unwirksam. In Fällen wie diesem ist das dann der Fall, wenn die vereinbarte Pacht das Doppelte des Marktwertes der Räumlichkeiten übersteigt. Daraus ergibt sich nach der Rechtsprechung eine Vermutung dafür, dass der Verpächter aus einer verwerflichen Gesinnung heraus handelte, so auch hier. Hinzu kam hier weiter, dass sich der Verpächter neben der Kaution im Vertrag noch weitere umfangreiche Zahlungs­aus­fa­ll­s­i­cher­heiten hatte einräumen lassen, die weit über das übliche Maß hinausgingen. Der Pachtvertrag ist daher nichtig, also insgesamt unwirksam.

Zu den Voraussetzungen der Sitten­wid­rigkeit wegen Wuchers

Eine Einschränkung des Grundsatzes der Vertrags­freiheit erfolgt, wenn der Vertrag die Grenze zur Sittenwidrigkeit übersteigt, beispielsweise im Fall des Wuchers. Dies ist dann der Fall, wenn zwischen der vertraglich geschuldeten Leistung und der vereinbarten Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis besteht. Bei der hier gegebenen Gewer­be­raummiete gilt dabei als Orientierung die 100 %-Grenze. Beträgt also die vereinbarte Miete oder Pacht mehr als das Doppelte des Üblichen, liegt ein solches Missverhältnis vor. Bei der Wohnraummiete ist dies bereits dann der Fall, wenn die vertragliche Miete die übliche um mehr als die Hälfe übersteigt. Voraussetzung für den Wucher ist weiterhin, dass ein Vertragspartner die beim anderen bestehende Schwä­che­si­tuation für das Geschäft ausnutzt. Eine solche Schwä­che­si­tuation kann dabei wie im hier entschiedenen Fall aus einer geschäftlichen Unerfahrenheit, aber auch aus sonstigen vergleichbaren Umständen (z. B. Krankheit etc.) resultieren. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der Vertrag nichtig. Keine der Vertrags­parteien kann also Ansprüche daraus geltend machen.

So deutlich wie in dem hier vom Landgericht Coburg entschiedenen Fall tritt der Wucher jedoch nicht immer zutage. Stattdessen liegen meist problematische Grenzfälle vor, in denen eine genaue Prüfung der jeweiligen Umstände des Vertrags­schlusses nötig ist.

Quelle: Landgericht Coburg/ra-online

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