21.11.2024
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Landgericht Braunschweig Urteil21.09.2017

Internet-Marktplatz zur Auskunft über Marken­fäl­schungen durch Dritte verpflichtetBetreiber des Internet-Marktplatzes muss Auskunft über Herkunft und Vertriebswege von marken­ver­let­zender Ware erteilen

Das Landgerichts Braunschweig hat die Betreiberin eines sogenannten Marktplatzes im Internet und die dazugehörige technische Service­ge­sell­schaft zur Erteilung der Auskunft über Herkunft und Vertriebswege von marken­ver­let­zender Ware verurteilt. Die Auskunfts­ver­pflichtung umfasst u.a. auch die namentliche Nennung von Herstellern, Lieferanten sowie Mengenangaben über die marken­ver­letzende Ware.

Die Klägerin, ein in Braunschweig ansässiges Beklei­dungs­un­ter­nehmen, ist Inhaberin einer Marke "B. S.", eingetragen für die Warenklasse Beklei­dungs­stücke. Die Klägerin stellte einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, nachdem sie bemerkt hatte, dass eine ausländische Firma über den von der Beklagten zu 2) betriebenen Marktplatz T-Shirts zum Verkauf anbot, die auf der Rück- und Vorderseite die Aufschrift " B. S. " trugen, aber nicht von der Klägerin stammten.

Verwendung identischer Zeichens für identische Waren begründet Verwechs­lungs­gefahr

In der Urteils­be­gründung verwies das Landgericht Braunschweig darauf, dass es sich unstreitig nicht um Originalware, sondern um Fälschungen gehandelt habe, da diese nicht mit Zustimmung der Klägerin in den Verkehr gebracht worden sei. Wegen der Verwendung des identischen Zeichens für identische Waren (Bekleidung) liege eine Verwechs­lungs­gefahr vor. Die Schriftzeichen "B. S." auf der Vorderseite und Rückseite des T-Shirts dienten nicht rein dekorativen Zwecken, sondern würden eine markenmäßige Benutzung darstellen. Die Marken­rechts­ver­letzung sei auch offensichtlich, da die Bewertung als Marken­rechts­ver­letzung eindeutig und eine Fehlent­scheidung des Gerichts daher kaum möglich sei. Da beide Beklagte in gewerblichem Ausmaß Dienst­leis­tungen für die (marken­ver­letzende) Firma erbringen, seien sie zur Auskunft gem. § 19 Abs.2 Nr.3 MarkenG verpflichtet. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass bei Zurver­fü­gung­s­tellung eines derartigen Marktplatzes Inter­net­s­er­vice­provider und Inter­ne­t­auk­ti­o­ns­häuser Dienst­leis­tungen für Rechtsverletzer erbringen. Das Betreiben der Website sei mit der Dienstleistung der Zurver­fü­gung­s­tellung des Marktplatzes derart eng verknüpft, dass auch die Beklagte zu 1) als technische Service­ge­sell­schaft der Website verantwortlich sei.

Auskunft­s­er­teilung erfordert keinen übermäßigen Aufwand

Die Auskunft­s­er­teilung sei auch nicht unver­hält­nismäßig, da nicht ersichtlich sei, dass die Erteilung der Auskunft einen übermäßigen Aufwand erfordere. Der Umstand, dass der Markenverletzer der Klägerin bekannt sei, führe nicht zur Unver­hält­nis­mä­ßigkeit. Zum einen sei nicht gewährleistet, dass der Markenverletzer alle erforderlichen Auskünfte erteile. Zum anderen könne anhand der in diesem Verfahren zu erteilenden Auskünfte die Richtigkeit der Angaben des Marken­ver­letzers überprüft werden. Der Auskunfts­an­spruch gem. § 19 Abs. 2 Markengesetz sei nicht subsidiär gegenüber dem Auskunfts­an­spruch gegen den Markenverletzer gem. § 19 Abs.1 MarkenG, sondern bestehe unabhängig davon.

Berufung der Beklagtenseite unzulässig

Die von Beklagtenseite eingelegte Berufung gegen dieses Urteil hat das Oberlan­des­gericht Braunschweig als unzulässig verworfen, weil der Beschwerdewert nicht über 600 Euro liege. Der Beschwerdewert berechne sich nach dem Kosten- und Zeitaufwand, der für die Auskunft­s­er­teilung benötigt werde. Nach Verwerfung der Berufung ist das einstweilige Verfü­gungs­ver­fahren rechtskräftig abgeschlossen.

Hintergrund:

Die Auskunfts­ansprüche bei Marken­ver­let­zungen sind in § 19 MarkenG geregelt. Während in § 19 Abs.1 MarkenG ein Auskunfts­an­spruch gegen den Markenverletzer geregelt ist, sieht § 19 Abs. 2 Markengesetz in Fällen offen­sicht­licher Marken­ver­let­zungen einen Auskunfts­an­spruch auch gegen Dritte, z.B. gegen Personen, die in gewerblichen Ausmaß Dienst­leis­tungen für rechts­ver­letzende Tätigkeiten in Anspruch nehmen, vor. Der Umfang der Auskunfts­ver­pflichtung ergibt sich aus § 19 Abs. 3 Markengesetz. Ferner steht der Anspruch unter dem Vorbehalt der Verhält­nis­mä­ßigkeit, § 19 Abs. 4 Markengesetz.

Quelle: Landgericht Braunschweig/ra-online

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