21.11.2024
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Dokument-Nr. 5990

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Bundesgerichtshof Urteil30.04.2008

BGH bestätigt Haftung eines Inter­ne­t­auk­ti­o­ns­hauses für Marken­ver­let­zungenAnbieter muss mit Kontroll­maß­nahmen vorsorgen

Der Bundes­ge­richtshof hat erneut entschieden, dass ein Inter­ne­t­auk­ti­o­nshaus auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, wenn Anbieter auf seiner Plattform gefälschte Markenprodukte anbieten.

Die Klägerinnen produzieren und vertreiben Uhren der Marke "ROLEX". Sie sind Inhaberinnen entsprechender Marken. Auf der von der Beklagten betriebenen Internet-Plattform "ricardo" hatten Anbieter gefälschte ROLEX-Uhren zum Verkauf angeboten, die ausdrücklich als Plagiate gekennzeichnet waren. ROLEX nahm daraufhin die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Das Oberlan­des­gericht Köln hatte dem Unter­las­sungs­be­gehren im Wesentlichen stattgegeben, nachdem der Bundes­ge­richtshof eine anders lautende Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts im Jahre 2004 aufgehoben hatte (BGH, Urt. v. 11.3.2004 – I ZR 304/01, BGHZ 158, 236 = BGH: Internet-Auktionshaus haftet auch bei Fremd­versteigerungen für Marken­ver­letzung (BGH "Internet­versteigerung I")).

Der Bundes­ge­richtshof hat das Verbot nunmehr beschränkt auf das konkret beanstandete Verhalten bestätigt.

Der Bundes­ge­richtshof hat an seiner Rechtsprechung zur Haftung von Internet-Auktionshäusern für Marken­ver­let­zungen festgehalten. Danach betrifft das im Teleme­di­en­gesetz (TMG) geregelte Haftungs­privileg für Host-Provider nur die strafrechtliche Verant­wort­lichkeit und die Schaden­s­er­satz­haftung, nicht dagegen den Unterlassungsanspruch. Daher kommt eine Haftung der Beklagten als Störerin in Betracht, weil sie mit ihrer Inter­net­plattform das Angebot gefälschter Uhren ermöglicht, auch wenn sie selbst nicht Anbieterin dieser Uhren ist. Eine solche Haftung setzt zunächst voraus, dass die jeweiligen Anbieter der gefälschten Uhren im geschäftlichen Verkehr gehandelt haben, weil nur dann eine Markenverletzung vorliegt. Die Beklagte muss – wenn sie von einem Markeninhaber auf eine klar erkennbare Rechts­ver­letzung hingewiesen wird – nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern grundsätzlich auch Vorsorge dafür treffen, dass es nicht zu weiteren entsprechenden Marken­ver­let­zungen kommt. Der Bundes­ge­richtshof hat betont, dass der Beklagten auf diese Weise keine unzumutbaren Prüfungs­pflichten auferlegt werden dürfen, die das gesamte Geschäftsmodell in Frage stellen würden. Die Beklagte ist jedoch verpflichtet, technisch mögliche und ihr zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, damit gefälschte ROLEX-Uhren gar nicht erst im Internet angeboten werden können.

Der Bundes­ge­richtshof hat angenommen, dass die Anbieter der gefälschten Uhren zumindest in einigen Fällen im geschäftlichen Verkehr gehandelt haben. Dem beklagten Inter­ne­t­auk­ti­o­nshaus war bekannt, dass es in der Vergangenheit auf seiner Internet-Plattform bereits zu klar erkennbaren Verletzungen der Marken der Klägerinnen durch Dritte gekommen war. Sie hätte deshalb durch Kontroll­maß­nahmen Vorsorge dafür treffen müssen, dass es nicht zu weiteren Marken­ver­let­zungen kommt. Unter diesen Umständen hätte die Beklagte darlegen müssen, dass sie nach Bekanntwerden der marken­ver­let­zenden Angebote derartige Kontroll­maß­nahmen ergriffen hat und die beanstandeten Fälle auch durch diese Maßnahmen nicht verhindert werden konnten. Dem ist die Beklagte – auch nach Zurück­ver­weisung der Sache an das Oberlan­des­gericht durch das erste Revisionsurteil im Jahre 2004 – nicht nachgekommen.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof

der Leitsatz

MarkenG § 14 Abs. 2 und 5;

TMG § 10 Satz 1

a) Ist zur Beschränkung des zu weit gefassten Unter­las­sungs­antrags auf die darin enthaltene konkrete Verletzungsform eine Umformulierung des Verbotsantrags notwendig, kann ein entsprechender Hilfsantrag noch in der Revisi­ons­instanz gestellt werden, wenn es sich lediglich um eine modifizierte Einschränkung des Hauptantrags handelt und der zugrunde liegende Sachverhalt vom Tatrichter gewürdigt ist.

b) Der Markeninhaber, der gegen einen Störer (hier: Betreiber einer Internet-Plattform) vorgeht, muss ein Handeln im geschäftlichen Verkehr derjenigen Personen darlegen und gegebenenfalls beweisen, die gefälschte Markenprodukte auf der Internet-Plattform anbieten. Hat er einen Sachverhalt dargelegt und bewiesen, der ein Handeln im geschäftlichen Verkehr nahelegt (hier: mehr als 25 sogenannte Feedbacks bei den Anbietern), kann der Betreiber der Internet-Plattform nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast seinerseits gehalten sein, zum Han-deln der Anbieter substantiiert vorzutragen, wenn er ein Handeln im geschäftlichen Verkehr in Abrede stellen will.

c) Das Angebot der vollständigen Nachahmung eines Produkts, an dem die Marke des Origi­na­l­produkts angebracht ist, stellt auch dann eine rechts­ver­letzende Verwendung der Marke dar, wenn in dem Angebot darauf hingewiesen wird, dass es sich um eine Produkt­fäl­schung handelt.

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