21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen eine stilisierte Weltkarte mit der Illustration eines Laptops, auf dem ein Paragraphenzeichen prangt.

Dokument-Nr. 1117

Drucken
Urteil11.03.2004BundesgerichtshofI ZR 304/01
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BB 2005, 293Zeitschrift: Betriebs-Berater (BB), Jahrgang: 2005, Seite: 293
  • BGHZ 158, 236Sammlung: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ), Band: 158, Seite: 236
  • GRUR 2004, 860Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 2004, Seite: 860
  • GRURInt 2005, 66Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil (GRURInt), Jahrgang: 2005, Seite: 66
  • K&R 2004, 486Zeitschrift: Kommunikation & Recht (K&R), Jahrgang: 2004, Seite: 486
  • MDR 2004, 1369Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2004, Seite: 1369
  • MMR 2004, 668Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2004, Seite: 668
  • NJW 2004, 3102Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2004, Seite: 3102
  • WM 2004, 1981Wertpapier-Mitteilungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (WM), Jahrgang: 2004, Seite: 1981
  • WRP 2004, 1287Zeitschrift: Wettbewerb in Recht und Praxis (WRP), Jahrgang: 2004, Seite: 1287
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Landgericht Köln, Urteil31.10.2000, 33 O 251/00
  • Oberlandesgericht Köln, Urteil02.01.2001, 6 U 12/01
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil11.03.2004

BGH: Internet-Auktionshaus haftet auch bei Fremd­versteigerungen für Marken­ver­letzung (BGH "Internet­versteigerung I")Marke "Rolex" verletzt

Der u.a. für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat entschieden, daß der Betreiber einer Plattform für Versteigerungen im Internet auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, wenn Anbieter auf dieser Plattform gefälschte Markenprodukte anbieten.

Die Klägerinnen stellen Uhren der Marke "ROLEX" her und sind Inhaberinnen entsprechender Marken. Die Beklagte betreibt unter "ricardo.de" ein Internet-Auktionshaus und veranstaltet auch Fremd­ver­stei­ge­rungen, bei denen Dritte ihre Waren n im Internet zur Auktion stellen. Im Falle des Verkaufs erhält sie eine Provision. Auf dieser Plattform wurden in der Vergangenheit gefälschte ROLEX-Uhren angeboten, die ausdrücklich als Plagiate ("Edelreplika", "perfekt geklont", "Imitat", "Nachbildung … vom Original nicht zu unterscheiden", "ohne Echtheits­zer­tifikat") bezeichnet waren und deren Preise – die Mindestgebote lagen zwischen 60 und 399 DM – weit unterhalb der Preise für echte Rolex-Uhren lagen. Die Klägerinnen haben die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen und Feststellung der Schaden­s­er­satz­ver­pflichtung begehrt. Das Landgericht Köln hatte der Klage im wesentlich stattgegeben (LG Köln CR 2001, 417), das Oberlan­des­gericht Köln hatte sie abgewiesen (OLG Köln CR 2002, 50).

Der Bundes­ge­richtshof hat klargestellt, daß die Regelungen des Teledien­ste­ge­setzes (TDG), die für Dienste ein Haftungs­privileg vorsehen, bei denen der Betreiber Dritten die Speicherung fremder Inhalte erlaubt ("Hosting"), für den Schaden­s­er­satz­an­spruch, nicht aber für den Unter­las­sungs­an­spruch gelten. Damit komme eine Haftung der Beklagten als Störerin in Betracht. Ein solcher Anspruch setze zweierlei voraus: Zum einen müßten die Anbieter der gefälschten Rolex-Uhren im geschäftlichen Verkehr gehandelt haben, weil nur die Benutzung einer fremden Marke im geschäftlichen Verkehr eine Marken­ver­letzung darstelle. Zum anderen müßten für die Beklagte zumutbare Kontroll­mög­lich­keiten bestanden haben, um eine derartige Marken­ver­letzung zu unterbinden. Ihr sei nicht zuzumuten, jedes Angebot, das in einem automatischen Verfahren unmittelbar vom Anbieter ins Internet gestellt wird, darauf zu überprüfen, ob Schutzrechte Dritter verletzt würden. Werde ihr aber ein Fall einer Marken­ver­letzung bekannt, müsse sie nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern grundsätzlich auch Vorsorge dafür treffen, daß es nicht zu weiteren entsprechenden Marken­ver­let­zungen komme. Dagegen hat der Bundes­ge­richtshof einen Schaden­s­er­satz­an­spruch der Klägerinnen schon deshalb verneint, weil die Beklagte mit der Eröffnung des Internet-Marktplatzes selbst keine Marken­ver­letzung begangen und sich auch nicht an der Marken­ver­letzung des Verkäufers beteiligt habe.

Der Bundes­ge­richtshof hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Oberlan­des­gericht zurückverwiesen. Zwar lag es im Streitfall nahe, daß die Anbieter der gefälschten Uhren im geschäftlichen Verkehr gehandelt hatten und zumutbare Möglichkeiten bestanden, derartige Angebote in Zukunft herauszufiltern. Entsprechende Feststellungen hatte das Oberlan­des­gericht aber noch nicht getroffen.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof

der Leitsatz

TDG § 8 Abs. 2, § 11; Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäfts­verkehr Art. 14 Abs. 1 und 2; MarkenG § 14 Abs. 2, 3 und 5

a) Das Haftungs­privileg des § 11 Satz 1 TDG, das den Diensteanbieter, der fremde Informationen für einen Nutzer speichert („Hosting“), von einer Verant­wort­lichkeit freistellt, betrifft nicht den Unter­las­sungs­an­spruch.

b) Der Umstand, daß ein Diensteanbieter im Rahmen des Hosting eine Plattform eröffnet, auf der private und gewerbliche Anbieter Waren im Internet versteigern können, reicht nicht aus, um ihn als Täter einer Marken­ver­letzung anzusehen, falls ein Anbieter gefälschte Markenware (hier: falsche ROLEX-Uhren) zur Versteigerung stellt. Eine Haftung als Teilnehmer an der durch den Anbieter begangenen Marken­ver­letzung setzt zumindest bedingten Vorsatz voraus.

c) Eine Haftung als Störer setzt voraus, daß für Diensteanbieter zumutbare Kontroll­mög­lich­keiten bestehen, um eine solche Marken­ver­letzung zu unterbinden. Ihm ist es nicht zuzumuten, jedes in einem automatisierten Verfahren unmittelbar ins Internet gestellte Angebot darauf zu überprüfen, ob Schutzrechte Dritter verletzt werden. Wird einem Diensteanbieter ein Fall einer Marken­ver­letzung bekannt, muß er nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch technisch mögliche und zumutbare Maßnahmen ergreifen, um Vorsorge dafür zu treffen, daß es nicht zu weiteren entsprechenden Marken­ver­let­zungen kommt.

d) Eine marken­rechtliche Verwechs­lungs­gefahr wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die mit dem fremden Zeichen versehene Ware ausdrücklich als „Replika“ oder „Nachbildung“ bezeichnet wird.

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil1117

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI