21.11.2024
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Dokument-Nr. 23058

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Urteil03.03.2016BundesgerichtshofI ZR 110/15
Vorinstanzen:
  • Landgericht Köln, Urteil02.10.2014, 81 O 72/14
  • Oberlandesgericht Köln, Urteil24.04.2015, 6 U 175/14
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil03.03.2016

BGH: Händler haftet für von Amazon abgegebene wettbe­wer­bs­widrige PreisempfehlungWett­bewerbs­widrigkeit der Preisempfehlung aufgrund fehlender Gültigkeit der Preisempfehlung

Verkauft ein Händler Produkte über Amazon, so haftet er für von Amazon abgegebene wettbe­wer­bs­widrige Preis­emp­feh­lungen. Wettbe­wer­bs­widrig ist eine Preisempfehlung, wenn sie nicht mehr gültig ist und somit die Verbraucher in die Irre geführt werden. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Uhren-Händler bot im Juli 2013 über Amazon eine Uhr der Marke "Casio" zu einem Preis von 19,90 EUR an. Über der Preisangabe befand sich der Hinweis "Unverb. Preisempf.:" und dahinter die durch­ge­strichene Angabe "EUR 39,90". Die Angabe einer unverbindlichen Preisempfehlung kann nur von Amazon als Platt­form­be­treiber eingestellt oder verändert werden. Eine Mitbewerberin sah in dem Angebot einen Wettbewerbsverstoß, da die Preisempfehlung nicht mehr bestanden habe. Sie erhob daher gegen den Uhren-Händler Klage auf Unterlassung.

Landgericht und Oberlan­des­gericht gaben Unter­las­sungsklage statt

Sowohl das Landgericht als auch das Oberlan­des­gericht Köln gaben der Unter­las­sungsklage statt. Das Angebot sei im Sinne von § 5 UWG irreführend gewesen, da die darin angegebene Preisempfehlung keine Gültigkeit mehr gehabt habe. Dass nur Amazon die Angabe zur Preisempfehlung habe vornehmen und ändern können, habe für die Haftung des Beklagten keine Rolle gespielt. Gegen diese Entscheidung legte der Beklagte Revision ein.

Bundes­ge­richtshof bejaht ebenfalls Wettbe­wer­bs­verstoß

Der Bundes­ge­richtshof bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Revision des Beklagten zurück. Der klägerischen Mitbewerberin habe wegen des Wettbe­wer­bs­ver­stoßes des Beklagten gemäß § 8 Abs. 1 UWG ein Anspruch auf Unterlassung zugestanden. Das Angebot des Beklagten sei im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG irreführend gewesen.

Irreführung aufgrund Bezugnahme zu ungültiger Preisempfehlung

Die Bezugnahme auf eine unverbindliche Preisempfehlung sei irreführend, so der Bundes­ge­richtshof, wenn die Empfehlung nicht auf der Grundlage einer ernsthaften Kalkulation als angemessener Verbrauchspreis ermittelt worden oder wenn sie im Zeitpunkt der Bezugnahme nicht mehr gültig sei. Letzteres sei hier der Fall gewesen. Bei der angebotenen Uhr habe es sich um ein Auslaufmodell des Herstellers gehandelt, das zwar noch habe geliefert werden können, aber in den Fachhandels- und Endkun­den­portalen nicht mehr angeboten und in den Fachhan­del­s­preis­listen seit April 2012 nicht mehr aufgeführt worden sei.

Beein­träch­tigung der Verbrau­che­r­in­teressen durch Irreführung

Die Irreführung habe die Interessen der Verbraucher nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs spürbar beeinträchtigt. Die Preisempfehlung des Herstellers stelle für den Verbraucher eine wesentliche Orien­tie­rungshilfe bei der Einschätzung der Vorteil­haf­tigkeit von Angeboten dar. Werde nicht kenntlich gemacht, dass eine angegebene Preisempfehlung nicht mehr gültig sei, so bestehe die Gefahr, dass der Verbraucher seine Kaufent­scheidung auf einer unzutreffenden Tatsa­chen­grundlage treffe.

Fehlende Änderungs­mög­lichkeit für Händler unbeachtlich

Zwar sei es richtig, dass die Angabe einer unverbindlichen Preisempfehlung ebenso wie ihre Veränderung nur von Amazon vorgenommen werden könne. Dem Händler sei es nicht möglich die inhaltliche Gestaltung des Angebots vollständig zu beherrschen. Dadurch könne ein vom Händler eingestelltes Angebot im Falle der Hinzufügung unzutreffender Angaben irreführend werden. Dieser Umstand ändere aber nichts an der Haftung des Händlers. Da sich der Händler der inhaltlichen Einflussnahme von Amazon unterwerfe, müsse er auch mit der hiermit potentiell verbundenen Verfälschung seines Angebots rechnen. Der Händler übernehme, ohne sich ein vertragliches Entscheidungs- oder Kontrollrecht vorzubehalten, die Gewähr für die Richtigkeit der von Amazon vorgenommenen Angaben.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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