Dokument-Nr. 23004
Permalink https://urteile.news/
Landgericht Berlin Urteil30.06.2016
Dating-Portale müssen deutlich und verständlich über Kündigungsfrist und Widerrufsrecht informierenBloßer Verweis auf AGB des Unternehmens nicht ausreichend
Das Landgericht Berlin hat entschieden, dass Betreiber von Dating-Portalen vor Vertragsschluss eindeutig über die Bedingungen informieren müssen, unter denen sich eine kostenpflichtige Mitgliedschaft verlängert.
Die Ideo Labs GmbH, die in Deutschland und Österreich die Portale dateformore und daily-date betreibt, warb mit einer 14-tägigen Premiummitgliedschaft zum Preis von 1 Euro. Das Kleingedruckte am rechten Bildschirmrand hatten viele übersehen: Der Vertrag verlängerte sich automatisch um sechs Monate zum Preis von 89,90 Euro im Monat, sofern der Kunde nicht fristgemäß kündigt. Wie und bis wann man kündigen musste, erfuhr man erst aus den verlinkten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Mit der Anmeldung bestätigten Kunden zudem, dass sie ihr Widerrufsrecht verlören, sobald sie digitale Inhalte nutzten.
Kündigungsregeln müssen klar beschrieben und hervorgehoben sein
Das Landgericht Berlin schloss sich der Auffassung des hiergegen klagenden Bundesverbands der Verbraucherzentralen an, dass die Gestaltung der Internetseiten unzulässig sei. Das Unternehmen hätte die Kunden unmittelbar vor Vertragsabschluss klar und verständlich darüber informieren müssen, unter welchen Bedingungen sie den sich automatisch verlängernden Vertrag kündigen können. Auf der Webseite fehle ein Hinweis darauf, wie und mit welcher Frist zu kündigen ist, um der teuren Vertragsverlängerung zu entgehen. Ein bloßer Verweis auf die AGB des Unternehmens reiche hierfür nicht aus.
Erklärung zum Widerrufsrecht darf nicht mit Vertragsabschluss vermischt werden
Die Richter stellten außerdem klar, dass bei digitalen Inhalten das eigentlich bestehende Widerrufsrecht des Verbrauchers zwar erlöschen könne, wenn der Kunde schon vor Ablauf der Widerspruchsfrist das Portals nutzen möchte. Diese Entscheidung müsse von Verbrauchern aber bewusst getroffen und ausdrücklich bestätigt werden. Die Erklärung dürfe nicht mit dem Vertragsabschluss oder anderen Erklärungen vermischt werden.
Widerrufsbelehrung darf nicht versteckt werden
Die Richter monierten außerdem, dass der Portal-Betreiber seine Kunden unzureichend über das Widerrufsrecht informiert habe. Dafür genüge es nicht, dass die vorgeschriebene Widerrufsbelehrung unter einem Link mit der Aufschrift "AGB" abrufbar sei. Auch eine Klausel in den Datenschutzerklärungen der Webseiten ist nach dem Urteil unzulässig. Das Unternehmen hatte sich vorbehalten, die von Nutzern eingestellten Profile, Fotos und andere Inhalte allen Kunden auf sämtlichen Webseiten bereitzustellen, die das Unternehmen oder seine Kooperationspartner betrieben. Es sei nicht zu erkennen, unter welchen Bedingungen und an welche Webseiten die Inhalte weitergegeben werden können.
Klage in weiteren Punkten abgewiesen
Nicht in allen Punkten hatte die Klage Erfolg. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hält es für rechtswidrig, dass der Betreiber des Online-Portals eine Kündigung per E-Mail durch eine Vertragsklausel ausschloss. Außerdem fehlten nach Auffassung der Verbraucherschützer wesentliche Informationen über das Leistungsangebot wie die Anzahl, das Geschlecht und die regionale Verteilung der auf der Plattform angemeldeten Mitglieder. So könnten die Kunden den Nutzen des Portals vor Vertragsabschluss gar nicht abschätzen. In diesen Punkten wies das Landgericht Berlin die Klage ab. Dagegen wird die Verbraucherzentrale Berufung einlegen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.08.2016
Quelle: Landgericht Berlin/ra-online
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil23004
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.