Dokument-Nr. 23481
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- GE 2016, 1279Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2016, Seite: 1279
Landgericht Berlin Urteil19.07.2016
Unerlaubte Entnahme von Strom aus dem Treppenhaus rechtfertigt bei Verweigerung des Vermieters zur Wiederherstellung der Stromversorgung keine Kündigung des MietersVermieter darf Mangelbeseitigung nicht von Ausgleich einer offenen Rechnung abhängig machen
Bezieht der Mieter einer Wohnung unerlaubt Strom aus dem Treppenhaus, so kann er nicht wegen Stromdiebstahls gekündigt werden, wenn es in seiner Wohnung zu einem Stromausfall kam und sich der Vermieter trotz Mängelanzeige weigert die Stromversorgung wiederherzustellen. Der Vermieter ist nicht berechtigt, die Mangelbeseitigung vom Ausgleich einer noch offenen Rechnung abhängig zu machen. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Berlin hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im August 2014 kam es in einer Mietwohnung zu einem Stromausfall. Trotz wiederholter Bitte des Mieters sich um die Wiederherstellung der Stromversorgung zu kümmern, kam die Vermieterin ihrer Mangelbeseitigungspflicht nicht nach. Hintergrund dessen war eine noch offene Elektrikerrechnung wegen eines Stromausfalls im Juni 2014. Die Vermieterin machte die Wiederherstellung der Stromversorgung von der Begleichung der Rechnung abhängig. Der Mieter hielt die Rechnung für unberechtigt und entnahm schließlich Strom aus dem Treppenhaus. Die Vermieterin wertete dies als Stromdiebstahl und kündigte daher dem Mieter. Da dieser die Kündigung nicht anerkannte, kam der Fall vor Gericht.
Stromentnahme aus Treppenhaus rechtfertigt nicht Kündigung wegen Stromdiebstahls
Das Landgericht Berlin entschied gegen die Vermieterin. Dem Mieter habe nicht gekündigt werden dürfen. Es sei unzutreffend gewesen, plakativ von einem Stromdiebstahl auszugehen. Denn der Mieter habe den Strom nicht heimlich oder zum Zwecke der Bereicherung entnommen. Er sei zudem nicht generell von der Nutzung der Steckdosen im Treppenhaus ausgeschlossen gewesen. Die Vermieterin wäre vielmehr dazu verpflichtet gewesen, dem Mieter gegen Übernahme der entstehenden Kosten gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB eine vorübergehende Notstromversorgung aus dem Treppenhaus zu erlauben. Aus diesem Grund sei eine Kündigung nicht gerechtfertigt gewesen.
Keine Rechtfertigung der unerlaubten Stromentnahme
Zwar sei die unerlaubte Stromentnahme aus dem Treppenhaus nicht durch das Selbsthilferecht aus § 229 BGB gerechtfertigt gewesen, so das Landgericht. Denn der Mieter hätte gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen können, um seinen Anspruch auf Wiederherstellung der Stromversorgung durchsetzen zu können. Der Schuldvorwurf an den Mieter sei dennoch als nur gering zu werten gewesen. Dieser habe sich nämlich letztlich nur darauf beschränkt, der Vermieterin seine Absicht zur Stromentnahme aus dem Treppenhaus nicht unter Fristsetzung für die Mangelbeseitigung angezeigt oder hilfsweise gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch genommen zu haben.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.11.2016
Quelle: Landgericht Berlin, ra-online (zt/GE 2016, 1279/rb)
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