21.11.2024
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Dokument-Nr. 28823

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Landgericht Berlin Urteil20.05.2020

Urteil im Verfahren Stadt Bonn gegen Volkswagen AGVolkswagen AG muss an Stadt Bonn zahlen und im Gegenzug muss Stadt PKWs zurückgeben

Das Landgericht Bonn hat entschieden, dass die Volkswagen AG an die Stadt Bonn im Streit um vom sogenannten "Abgasskandal" betroffene Dieselfahrzeuge 469.120,79 Euro nebst Zinsen zahlen muss. Im Gegenzug muss die Stadt Bonn 27 für den städtischen Fuhrpark erworbene PKWs an die Volkswagen AG zurückgeben. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Volkswagen AG zu 69 % und der Stadt Bonn zu 31 % auferlegt.

Die Stadt hatte in ihrer Klage von der beklagten Volkswagen AG die Zahlung von 678.193,52 Euro nebst Zinsen abzüglich einer Nutzungs­ent­schä­digung Zug-um-Zug gegen die Rückgabe der 27 erworbenen Fahrzeugen des Fabrikats VW verlangt. Dazu hatte die Stadt Bonn als Klägerin vorgetragen, dass in die Fahrzeuge verbotene Abschalt­ein­rich­tungen verbaut seien und die Beklagte sich daher in der geltend gemachten Höhe schaden­s­er­satz­pflichtig gemacht habe.

Volkswagen AG hat gegen die guten Sitten verstoßen

Die Zivilkammer hat mit Urteil bestätigt, dass sich die Volkswagen AG grundsätzlich schaden­s­er­satz­pflichtig gemacht hat. Die Kammer führt dazu u.a. aus: "Dadurch, dass die Beklagte den mit der streit­ge­gen­ständ­lichen Motor­steu­e­rungs­software versehenen entwickelten Diesel-Motor der Baureihe EA189 in den Verkehr brachte, hat sie gegen die guten Sitten im Sinne des § 826 BGB verstoßen. (…) Die Beklagte hat durch ihr Verhalten dazu beigetragen, die Vorschriften zur Abgasmessung und Einstufung in Schad­s­toff­klassen im Rahmen der Erlangung einer EG-Typgenehmigung weitgehend zu umgehen. Sie hat durch ihr Verhalten bewirkt, dass das streit­ge­gen­ständliche Fahrzeug mit einem von ihr hergestellten Motor ausgestattet wurde, auf dem die mit der beschriebenen Umschaltlogik versehene Software installiert war. Dies führte dazu, dass die tatsächlichen NOx-Emissionen des Fahrzeugs im täglichen Betrieb nicht mit den auf dem Prüfstand ermittelten NOx-Emissionen korrelierten. Vielmehr entkoppelte die eingesetzte Motor­steu­e­rungs­software das tatsächliche Emissions-Verhalten von dem Emissions-Verhalten im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ), das Grundlage der Erlangung der EG-Typen­ge­neh­migung war."

Stadt Bonn darf Rückgän­gig­machung der vertraglichen Verpflichtungen verlangen

Daraus folgt, so die Kammer, dass die Stadt Bonn von der Volkswagen AG die Rückgän­gig­machung der vertraglichen Verpflichtungen aus dem Erwerb der jeweiligen Fahrzeuge verlangen kann. Die Volkswagen AG muss demnach die wirtschaft­lichen Folgen der Käufe dadurch ungeschehen machen, dass sie den Kaufpreis gegen Herausgabe der Fahrzeuge erstattet.

Stadt Bonn muss im Gegenzug Nutzungs­ent­schä­digung zahlen

Dabei muss die Stadt sich nach den Grundsätzen der Vorteils­aus­gleichung, die von ihren gezogenen Nutzungen anrechnen lassen. Das bedeutet, dass die Stadt Bonn im Gegenzug für jedes Fahrzeug eine sogenannte Nutzungs­ent­schä­digung zahlen muss. Die Nutzungs­ent­schä­digung ist dabei, so die Kammer, für jedes Fahrzeug dergestalt zu ermitteln, dass der Kaufpreis ins Verhältnis zur zu erwartenden Laufleistung zu setzen ist. Hieraus ergibt sich ein Wert für jeden Fahrkilometer, anhand dessen der Nutzungsersatz für die tatsächlich gefahrenen Kilometer ermittelt werden kann. Von dem Anschaf­fungspreis für die 27 Fahrzeuge in Höhe von der Kammer angenommenen insgesamt 558.728,35 Euro war somit ein Nutzungsersatz von insgesamt 89.607,56 Euro abzuziehen.

Stadt kann die darüber hinaus geltend gemachten Kosten nicht verlangen

Die darüber hinaus geltend gemachten Kosten für die Umrüstung von Teilen der Fahrzeugflotte und Leasingkosten für einzelne der PKWs kann die Stadt nach Auffassung der Kammer hingegen nicht verlangen, da diese auch beim Erwerb anderer Fahrzeuge, die nicht mit den entsprechenden Motoren ausgestattet gewesen wären, entstanden sein würden.

Quelle: Landgericht Bonn, ra-online (pm/ku)

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