18.10.2024
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Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil10.01.2012

Betriebsrat nicht umfassend unterrichtet – Fristlose Kündigung unwirksamArbeitgeber muss Betriebsrat nicht nur über konkrete Fakten sondern auch über Verlauf des Arbeits­ver­hält­nisses unterrichten

Vor einer Kündigung wegen Diebstahls oder des Verdachts eines Diebstahls muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat nicht nur die von ihm festgestellten Fakten mitteilen, sondern auch den Verlauf des Arbeits­ver­hält­nisses und seine Inter­es­se­n­ab­wägung. Dies entschied das Landes­a­r­beits­gericht Schleswig-Holstein.

Die 41-jährige Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls war bei der Beklagten seit 1999 als Reinigungskraft in einer Badeanstalt tätig. 2009 erhielt sie eine Abmahnung wegen Verlassens des Geländes ohne vorherige Abmeldung. Danach wurde sie noch zweimal ermahnt. Sie hatte den Arbeitsplatz ohne Abmeldung verlassen und sie hatte während der Arbeitszeit ein privates Telefonat geführt, ohne dieses Gespräch als „privat“ zu kennzeichnen. Die Klägerin wurde arbeitsunfähig krank. Jemand sah sie im Betrieb, wie sie das Fundsachenregal durchsuchte und ohne Rücksprache mit dem Arbeitgeber einen Tauchring mitnahm. Über dem Arm trug sie Kleidungsstücke.

Arbeitgeber verdächtigt Angestellte des Diebstahls

Der Arbeitgeber hegte den Verdacht des Diebstahls. Er gab der Klägerin Gelegenheit, sich zu dem Geschehen zu äußern. Nach ihren Angaben hatte sie den verlorenen Tauchring ihres Sohnes gesucht und Kleidungsstücke aus ihrem Spind geholt.

Arbeitgeber lässt Abmahnung und Ermahnungen gegenüber Betriebsrat unerwähnt

Der Arbeitgeber schilderte dem Betriebsrat den Sachverhalt und hörte ihn zu einer beabsichtigten Kündigung wegen des Verdachts des Diebstahls an. Die Abmahnung und die Ermahnungen erwähnte er nicht. Auch begründete er nicht, was ihn erwogen hatte, trotz der langen Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit zu kündigen. Danach wurde, trotz Bedenken des Betriebsrates, eine fristlose und vorsorglich eine fristgemäße Kündigung ausgesprochen.

Kündi­gungs­schutzklage vor Arbeitsgericht und Landes­a­r­beits­gericht erfolgreich

Das Arbeitsgericht hat der Kündi­gungs­schutzklage stattgegeben und die Kündigung als unver­hält­nismäßig eingeordnet. Das Landes­a­r­beits­gericht bestätigte das Urteil — jedoch mit einer anderen Begründung. Danach ist die Kündigung bereits aus formellen Gründen unwirksam, weil dem Betriebsrat zu wenig mitgeteilt wurde. Grundsätzlich müsse der Arbeitgeber dem Betriebsrat mehr als nur die konkreten Fakten mitteilen, aus denen sich der Verdacht des Diebstahls ergebe. Er müsse ihn in der Anhörung auch über Abmahnungen, Ermahnungen usw. informieren und schildern, welche Gesichtspunkte er vor seinem Kündi­gungs­ent­schluss wie gegeneinander abgewogen habe.

Quelle: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein/ra-online

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