23.11.2024
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Arbeitsgericht Bonn Beschluss21.10.2010

ArbG Bonn: Kündigung wegen Verschenkens von drei Schrauben unwirksamKündigung eines Betrie­bs­rats­mit­glieds nur mit Zustimmung des Betriebsrats möglich

Verschenkt ein Betrie­bs­rats­vor­sit­zender drei Schrauben seines Arbeitgebers im Wert von 28 Cent an einen früheren Kollegen, rechtfertigt dies nicht unmittelbar eine fristlose Kündigung. Zudem ist eine Kündigung eines Betrie­bs­rats­mit­glieds ohnehin nur mit Zustimmung des Betriebsrats möglich. Dies geht aus einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Bonn hervor.

Der 50 jährige Betrie­bs­rats­vor­sitzende des zugrunde liegenden Falls ist bereits seit mehr als 30 Jahren bei seinem Arbeitgeber tätig, der jetzt das Arbeits­ver­hältnis fristlos kündigen wollte. Die Kündigung eines Betrie­bs­rats­mit­glieds ist nur möglich mit Zustimmung des Betriebsrats, der hier die Zustimmung verweigerte. Daher zog der Arbeitgeber vor das Arbeitsgericht.

In dem Streitfall geht es um drei Schrauben im Wert von 28 Cent. Ein früherer Arbeitskollege hatte einige Mitarbeiter in deren Pause während der Spätschicht gefragt, ob sie ihm diese drei Schrauben besorgen könnten. Der erste Versuch scheiterte. Einer der Mitarbeiter weigerte sich, die Zeiten hätten sich geändert, heute riskiere man hierfür seinen Arbeitsplatz. Später kam der Betrie­bs­rats­vor­sit­zenden hinzu. Er half seinem alten Arbeitskollegen. Er ging zur Materialausgabe, gab dort an, die drei Schrauben für eine bestimmte Maschine zu brauchen und verschenkte die Schrauben an seinen Ex-Kollegen.

Arbeitgeber wird durch anonymen Brief über Vorfall informiert

Raus kam der Vorfall durch einen anonymen Brief an den Arbeitgeber. Der reagierte sofort und forderte vom Betriebsrat die Zustimmung zur fristlosen Kündigung. Der verweigerte die Zustimmung. Auf Antrag des Arbeitgebers sollte das Arbeitsgericht die Zustimmung jetzt durch Gericht­s­ent­scheidung ersetzen.

Lange Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit des Betrie­bs­rats­vor­sit­zenden von Bedeutung

Das Arbeitsgericht Bonn wies den Antrag des Arbeitgebers zurück. Die Richter betonten zwar ausdrücklich, dass auch ein Betrug über drei Schrauben im Wert von 28 Cent zulasten des Arbeitgebers einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen könne. Aber es komme immer auf den konkreten Fall an. Hier habe vor allem die lange Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit des Betrie­bs­rats­vor­sit­zenden eine große Bedeutung.

Arbeitsgericht nimmt Bezug auf BAG-Urteil im Fall "Emmely"

Positiv bewertete das Gericht außerdem, dass der ertappte Betrie­bs­rats­vor­sitzende nicht geleugnet, sondern sein Vorgehen sofort bedauert hatte. Das Arbeitsgericht Bonn folgte mit dieser Entscheidung der Rechtsprechung des Bundes­a­r­beits­ge­richts. Dieses hatte in seiner aktuellen „Emmely-Entscheidung“ erst im Sommer seine langjährige Rechtsprechung bestätigt, dass Diebstahl, Unterschlagung oder Betrug durch Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber auch dann zur außer­or­dent­lichen Kündigung führen können, wenn nur geringfügige Werte betroffen seien (vgl. BAG, Urteil v. 11.12.2003 - 2 AZR 36/03 -). Das Bundes­a­r­beits­gericht habe aber auch entschieden dass „eine über lange Jahre ungestörte Vertrau­ens­be­ziehung“ zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer „nicht notwendig schon durch eine erstmalige Vertrau­en­s­ent­täu­schung vollständig und unwie­der­bringlich zerstört“ werde (vgl. BAG, Urteil v. 10.06.2010 - 2 AZR 541/09 -).

Quelle: Arbeitsgericht Bonn/ra-online

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