23.11.2024
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Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Urteil01.12.2011

Unwirksamer Freiwil­lig­keits­vor­behalt bei Eindruck des Arbeits­ver­trages auf Rechtsanspruch von WeihnachtsgeldWeihnachts­gelds­re­gelung verstößt gegen Trans­pa­renzgebot und ist damit unwirksam

Wird die Zahlung des Weihnachts­geldes in Abhängigkeit der Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit gewährt und im Arbeitsvertrag im Zusammenhang mit anderen Rechts­ansprüchen aufgelistet, so entsteht der Eindruck eines Rechts­an­spruches auf das Weihnachtsgeld. Ein nachfolgender Freiwil­lig­keits­vor­behalt ist dadurch widersprüchlich und somit unwirksam. Dies hat das Landes­a­r­beits­gericht Baden-Württemberg entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall stritten die Parteien über die Zahlung von Weihnachtsgeld. Die Zahlung des Weihnachts­geldes wurde in § 5 des Arbeits­ver­trages (AV) geregelt. Dort hieß es unter anderem, dass der Arbeitnehmer "ein Weihnachtsgeld in Höhe von (zeitanteilig) 40 % eines Monatsgehalts im ersten Jahr der Beschäftigung" zusteht. Weiter hieß es, "es erhöht sich pro weiterem Kalenderjahr um jeweils 10 %". Für die Jahre 2009 und 2010 erfolgte keine Zahlung. Daraufhin erhob der Kläger Klage auf Zahlung. Die Beklagte meinte, aufgrund des Freiwil­lig­keits­vor­behalts im Arbeitsvertrag bestehe kein Anspruch auf das Weihnachtsgeld. Das Arbeitsgericht Freiburg entschied zu Gunsten des Klägers. Dagegen richtete sich die Berufung der Beklagten.

Kläger stand Zahlung des Weihnachts­geldes zu

Das Landes­a­r­beits­gericht Baden-Württemberg gab dem Kläger Recht. Dieser habe aufgrund des Arbeits­ver­trages einen Anspruch auf Zahlung. Es handele sich nicht um eine freiwillige Leistung der Beklagten. Zwar enthalte der § 5 AV einen Freiwilligkeitsvorbehalt. Dieser sei jedoch unwirksam, da er gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoße. Ein solcher Verstoß liege nicht deshalb vor, weil der Freiwil­lig­keits­vor­behalt unklar sei, sondern weil § 5 AV den Eindruck erwecke es bestehe ein Rechtsanspruch auf die Weihnachts­geld­zahlung.

Eindruck eines Rechtsanspruchs wurde vermittelt

Nach Ansicht des Landes­a­r­beits­ge­richts habe die Beklagte dem Kläger ein Weihnachtsgeld im Sinne eines Rechtsanspruchs zugesagt.

Dies ergebe sich zunächst aus der Formulierung der fraglichen Regelung. Durch eine Staffelung des Weihnachts­geldes nach Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit entstehe der Eindruck eines Rechtsanspruchs. Eine Staffelung sei nämlich nur dann von Bedeutung, wenn die Beklagte nicht ohnehin jedes Jahr über die Leistung neu und frei entscheiden könne. Die Staffelung könne auch ohne Verletzung des Gleich­be­hand­lungs­grund­satzes vorgenommen werden, weil die Differenzierung nach Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit ohne weiteres ein sachlicher Unter­schei­dungsgrund für die Höhe der Weihnachts­geld­zahlung darstelle.

Des Weiteren werde das Vorliegen eines Rechtanspruchs dadurch verstärkt, dass die Zahlung des Weihnachts­geldes konkret betragsmäßig definiert sei.

Der Eindruck werde zudem durch den Kontext des § 5 AV verstärkt. Denn die Weihnachts­geld­re­gelung werde von weiteren Leistungen flankiert, die zum einem einen Rechtsanspruch - nämlich auf Urlaub - regeln und zum anderem zumindest den Eindruck eines Rechtsanspruchs vermitteln. Dazu komme, dass erst im fünften Absatz in dessen dritten Unterabsatz geregelt werde, dass es sich bei den genannten Ansprüchen auf einmal nicht mehr um einen Rechtsanspruch handele.

Formulierung "Zur Zeit werden gewährt." unerheblich

Verwende der Arbeitsgeber vor der Aufzählung der Leistungen die Formulierung "Zur Zeit werde gewährt.", schließe dies nicht die Annahme eines Rechtsanspruchs aus, so das Landes­a­r­beits­gericht weiter. Denn diese Formulierung bringe nicht klar zum Ausdruck, dass ein Rechtsanspruch nicht begründet werden solle. Aus ihr lasse sich nur der Hinweis auf eine Veränderbarkeit der Zahlung in der Höhe entnehmen und nicht die Möglichkeit, den Anspruch vollständig entfallen zu lassen.

Bloßer Hinweis auf Freiwilligkeit genügt nicht

Schließlich führte das Landes­a­r­beits­gericht noch aus, dass ein bloßer Hinweis auf die Freiwilligkeit der Leistung ohne den Hinweis auf den Ausschluss des Rechtsanspruchs nicht als ausreichend für die Verhinderung eines Rechtsanspruchs angesehen werden könne. Die Bezeichnung als "freiwillig" könne nämlich auch so verstanden werden, dass sich der Arbeitgeber "freiwillig" zur Erbringung der Leistung verpflichte, ohne dazu durch Tarifvertrag, Betrie­bs­ver­ein­barung oder Gesetz verpflichtet zu sein. Eine Aussage dahingehend, dass sich der Arbeitgeber eine grundsätzlich freie Lösung von der gegebenen Zusage vorbehalte komme nicht unmiss­ver­ständlich zum Ausdruck.

Quelle: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, ra-online (vt/rb)

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