15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
ergänzende Informationen

Kammergericht Berlin Urteil07.11.2017

Hotelbesucher hat keinen Anspruch auf Schadensersatz nach GlatteisunfallKeine Verletzungen der Räum- und Streupflichten

Das Kammergericht hat entschieden, dass ein Geschäftsmann, der auf dem Gehweg vor einem 5-Sterne-Hotel gestürzt war, keinen Anspruch auf Schadensersatz hat, da Verletzungen der Räum- und Streupflichten auf Seiten der Hotel­be­treiberin nicht erkennbar waren.

Im zugrunde liegenden Verfahren war ein Geschäftsmann am 20. Januar 2014 auf dem Gehweg vor einem 5-Sterne-Hotel bei Glatteis gestürzt. Der Geschäftsmann hatte im Wege der Teilklage zunächst 10.000 Euro Schmerzensgeld gefordert, hielt aber ein Schmerzensgeld von insgesamt ca. 75.000 Euro für angemessen. Zudem behauptete er außer­ge­richtlich, dass er aufgrund des Unfalls mit stationärer Behandlung nicht in der Lage gewesen sei, ein Darlehen über 200.000 Euro aufzunehmen, das binnen drei Monaten zu einem Ertrag in Höhe von 2 Millionen Euro und im weiteren Verlauf zu einer Ausschüttung in Höhe von 35 Millionen Euro für ihn oder seine Gesellschaft geführt hätte.

Klage vor dem Landgericht erfolglos

Das Landgericht hat mit Urteil vom 16. Juli 2015 die Klage abgewiesen. Es könne offen bleiben, ob die Hotel­be­treiberin ihre Räum- und Streupflichten auf dem vor dem Hotel befindlichen Gehweg verletzt habe. Jedenfalls habe der Geschäftsmann nicht bewiesen, dass er in einem Bereich des Gehwegs gestürzt sei, für den die Hotel­be­treiberin streupflichtig gewesen sei. Dementsprechend stellte das Landgericht auf die Widerklage der Hotel­be­treiberin fest, dass dem Kläger weder ein Schaden­s­er­satz­an­spruch aufgrund entgangenen Gewinns von 1,8 Millionen Euro noch darüber hinausgehende Ansprüche zustünden.

Keine Verletzungen der Räum- und Streupflichten seitens der Hotel­be­treiberin

Auch in zweiter Instanz hatte der klagende Geschäftsmann keinen Erfolg. Das Kammergericht bestätigte in seinem Beschluss die Auffassung des Landgerichts, dass den Anlieger einer Straße nur die Pflicht treffe, den Gehweg auf einem mittigen Streifen von ca. 1,5 m Breite zu räumen bzw. mit abstumpfenden Mitteln zu streuen, sofern sich nicht aus den Umständen des Einzelfalls etwas Anderes ergebe. Dies sei vorliegend zu verneinen. Am Rand des Bürgersteigs im Bereich der Unfallstelle hätten sich keine Notrufsäulen, Parkschein­au­tomaten oder sonstige Einrichtungen befunden, die es erfordert hätten, einen Streifen an der Bordsteinkannte zu streuen. Auch sei nicht ersichtlich, dass ein hohes Fußgän­ge­r­auf­kommen in diesem Bereich geherrscht habe, selbst wenn es sich um den Bürgersteig vor einem großen 5-Sterne-Hotel gehandelt habe. Denn die Haupteingänge des Hotels würden sich an einer anderen Straße befinden; zudem verfüge das Hotel unstreitig über eine große Tiefgarage.

Die erstin­sta­nzliche Beweisaufnahme sei nicht zu beanstanden. Daher könne nicht festgestellt werden, dass der Kläger in dem Bereich gestürzt sei, für den eine Räum- und Streupflicht bestanden habe.

Auch im Hinblick auf zahlreiche Entscheidungen anderer Senate des Kammergerichts bzw. von weiteren Oberlan­des­ge­richten sei eine Entscheidung zu Gunsten des Gestürzten nicht geboten, da die Umstände des Einzelfalls hier anders seien.

Als Rechtsanwalt zugelassenem Kläger hätten finanziellen Risiken eines Rechtstreits bewusst gewesen sein müssen

Ebenso wenig sei es erforderlich gewesen, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Eine solche könne notwendig sein, wenn die Rechts­ver­folgung für den Kläger existenzielle Bedeutung habe. Dies sei hier zu verneinen. Zwar berufe sich der Geschäftsmann auf wirtschaftlich existenzielle Folgen durch den Rechtsstreit, für den der Streitwert auf 30 Millionen Euro festgesetzt worden sei. Dadurch sei er nunmehr gezwungen, die eidesstattliche Versicherung abzugeben, nachdem die Landes­jus­tizkasse vergeblich Gerichtskosten in Höhe von knapp 325.000 Euro zu vollstrecken versucht habe. Das Kammergericht wies dieses Argument zurück. Es gehe hier nicht um die (körperlichen) Folgen aus dem Glatteisunfall, sondern allein um die finanziellen Folgen, die sich aus den Kosten des von ihm veranlassten Rechtsstreits ergäben. Dem Kläger, der als Rechtsanwalt zugelassen gewesen sei, müssten die finanziellen Risiken bewusst gewesen sein, die daraus resultierten, dass er vorprozessual so hohe Schaden­s­er­satz­ansprüche aufgrund entgangenen Gewinns in den Raum gestellt habe. Zudem würde eine mündliche Verhandlung noch weitere Kosten aufgrund der dann höheren Vergütung der Rechtsanwälte beider Parteien verursachen.

Quelle: Kammergericht/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil25147

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI