15.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil18.06.2013

Glatteisunfall: Streupflichtige Gemeinde haftet für morgendlichen Sturz auf GehwegMitverschulden des Fußgängers wegen unvorsichtigen Verhaltens trotz Erkennbarkeit der Rutschgefahr

Kommt ein Fußgänger morgens wegen Glatteis auf einem nicht gestreuten Gehweg zu Fall, so kann die streupflichtige Gemeinde dafür haftbar gemacht werden. Dem gestürzten Fußgänger kann jedoch ein Mitverschulden von 50 % angelastet werden, wenn er trotz erkannter Glätte nicht vorsichtig und langsam geht. Dies hat das Oberlan­des­gericht Frankfurt a.M. entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Februar 2008 stürzte eine Fußgängerin auf ihrem Weg zur Arbeit gegen 9.40 Uhr auf einem glatten Gehweg und erlitt dadurch eine Fraktur des linken Handgelenks. Sie musste sich daraufhin mehreren Operationen unterziehen. Da der Gehweg von der streu­pflichtigen Gemeinde nicht bestreut war, erhob die Fußgängerin Klage auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld. Die Gemeinde wehrte sich gegen die Inanspruchnahme mit der Begründung, dass sie zunächst verkehrs­wich­tigere Straßen habe streuen müssen. Aufgrund der geringen Verkehrs­be­deutung des Gehwegs habe dieser erst um 11 Uhr bestreut werden dürfen. Zudem sei der Klägerin ein Mitverschulden anzulasten, da sie trotz erkennbarer Glätte den Gehweg benutzte.

Landgericht gab Klage statt

Das Landgericht Marburg gab der Klage dem Grudne nach statt. Denn die Gemeinde habe ihre Streupflicht verletzt. Sie sei verpflichtet gewesen, die Witte­rungs­ver­hältnisse zu beobachten. Wäre sie dem nachgekommen, hätte sie frühzeitig die Gefahrenlage erkennen können und ihre Mitarbeiter bereits um 6 Uhr und nicht erst um 8 Uhr mit dem Beginn der Räumarbeiten beauftragen können. Unter dieser Bedingung wäre der Gehweg, selbst wenn er nicht verkehrswichtig gewesen sein sollte, spätestens um 9 Uhr bestreut gewesen. Das Landgericht ging jedoch von einem Mitverschulden der Klägerin von 50 % aus. Gegen diese Entscheidung legte sowohl die Klägerin als auch die beklagte Gemeinde Berufung ein.

Oberlan­des­gericht bejahte Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld

Das Oberlan­des­gericht Frankfurt a.M. bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher beide Berufungen zurück. Der Klägerin habe dem Grunde nach ein Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld zugestanden, da die Gemeinde ihrer Streupflicht und damit ihrer Verkehrs­si­che­rungs­pflicht nicht ausreichend nachgekommen sei.

Streupflicht für Fußgängerweg bestand

Nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts sei der Fußgängerweg auch zu bestreuen gewesen. Denn solche Wege seien innerhalb einer geschlossenen Ortschaft zu räumen und zu streuen, wenn sie eine Erschlie­ßungs­funktion haben. Eine solche liege vor, wenn der Weg zur Erreichbarkeit der Wohnung, der Schule, des Arbeitsplatzes oder des Geschäfts notwendig ist und zwar unabhängig davon, wie viele Fußgänger den Weg tatsächlich nutzen. Auf die Verkehrs­wich­tigkeit des Gehwegs komme es dabei nicht an. Denn der Grundsatz, dass nur besonders verkehrs­wichtige und gefährliche Stellen zu streuen sind, beziehe sich nur auf den Fahrzeugverkehr. Dem Gehweg sei hier eine Erschlie­ßungs­funktion zugekommen.

Überwa­chungs­pflicht der Gemeinde

Das Oberlan­des­gericht schloss sich zudem den Ausführungen des Landgerichts zur Beobachtungs- bzw. Überwa­chungs­pflicht der Gemeinde hinsichtlich der Witte­rungs­ver­hältnisse an. Aufgrund der frühzeitigen erkennbaren Glättebildung hätte die Gemeinde nicht erst um 8 Uhr mit den Räumarbeiten beginnen dürfen.

Mitverschulden der Klägerin von 50 %

Darüber hinaus folgte das Oberlan­des­gericht der Ansicht des Landgerichts, wonach der Klägerin ein Mitverschulden (§ 254 BGB) von 50 % an dem Unfall anzulasten sei. Angesichts dessen, dass der Gehweg erkennbar glatt war, hätte die Klägerin ihre Geschwindigkeit entsprechend einstellen müssen. Ein Fußgänger sei verpflichtet, bei erkannter Glättegefahr vorsichtig und langsam zu gehen.

Keine Pflicht zum Ausweichen auf Fahrbahn oder zum zu Hause bleiben

Das Oberlan­des­gericht verwies außerdem darauf, dass die Klägerin nicht verpflichtet gewesen sei, auf die gestreute Fahrbahn auszuweichen. Denn dies wäre mit weiteren Gefahren verbunden gewesen. Ebenso sei sie nicht verpflichtet gewesen zu Hause zu bleiben, da sie zur Arbeit musste.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt a.M., ra-online (vt/rb)

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