23.11.2024
23.11.2024  
Sie sehen den Auspuff eines Autos.
ergänzende Informationen

Kammergericht Berlin Entscheidung26.10.1998

Akuter Stuhldrang kann Geschwindig­keits­überschreitung unter bestimmten Voraussetzungen rechtfertigenVoraussetzungen sind Überwiegen des geschützten Interesses, Erzielung eines erheblichen Zeitgewinns durch Geschwindig­keits­überschreitung sowie fehlendes Vorliegen einer anderen Alternative

Ein akuter Stuhldrang kann die Überschreitung der zulässigen Höchst­geschwindig­keit nach § 16 OWiG rechtfertigen, wenn das geschützte Interesse das beeinträchtigte Interesse wesentlich überwiegt, die Geschwindig­keits­überschreitung zu einem erheblichen Zeitgewinn führt und keine andere Alternative vorliegt. Dies geht aus einer Entscheidung des Kammergerichts hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nachdem ein Autofahrer die zulässige Höchst­ge­schwin­digkeit um 33 km/h überschritten hatte, wurde er vom Amtsgericht Tiergarten zu einer Geldbuße von 500 DM sowie einem Fahrverbot von einem Monat verurteilt. Dagegen richtete sich die Rechts­be­schwerde des Autofahrers. Er führte als Begründung für die Geschwindigkeitsüberschreitung an, dass er wegen eines akuten Stuhldrangs schnellst möglich eine Toilette aufsuchen wollte.

Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts wegen wider­sprüch­licher Feststellungen

Das Kammergericht hob auf die Rechts­be­schwerde des Autofahrers das Urteil des Amtsgerichts auf und wies den Fall zur Neuentscheidung zurück. Denn die Feststellungen des Amtsgerichts zum Vorliegen der Notlage seien widersprüchlich gewesen. Einerseits habe das Amtsgericht dem Vortrag des Autofahrers offenbar geglaubt, da es aufgrund dessen eine vorsätzliche Tatbegehung bejaht habe. Andererseits habe es im Hinblick auf das Bestehen eines recht­fer­ti­genden Notstands nach § 16 OWiG angezweifelt, dass ein akuter Stuhldrang vorlag.

Prüfung des Vorliegens eines recht­fer­ti­genden Notstands

Das Kammergericht verwies zur Neuentscheidung darauf, dass bei Bejahung des akuten Stuhldrangs zu prüfen sei, ob die Geschwin­dig­keits­über­schreitung durch einen Notstand gerechtfertigt war. Es müsse dabei festgestellt werden, ob das Interesse an der Erledigung der Notdurft höher zu bewerten war als das Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs, ob durch die Geschwin­dig­keits­über­schreitung ein erheblicher Zeitgewinn erzielt wurde und ob nicht andere Alternativen als zu schnelles Fahren in Betracht kamen. Das Kammergericht verwies in diesem Zusammenhang auf ein Urteil des Oberlan­des­ge­richts Zweibrücken, wonach ein Autofahrer am Seitenstreifen anhalten könne, um seine Notdurft zu verrichten (vgl. Oberlan­des­gericht Zweibrücken, Beschluss v. 19.12.1996 - 1 Ss 291/96 -).

Quelle: Kammergericht, ra-online (vt/rb)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Entscheidung20709

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI