21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen ein geschäftliches Meeting mit mehreren Personen an einem Tisch.

Dokument-Nr. 34515

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Urteil26.01.2024Kammergericht Berlin14 U 122/22
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NZG 2024, 777Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (NZG), Jahrgang: 2024, Seite: 777
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanz:
  • Landgericht Berlin, Urteil19.07.2022, 100 O 54/19
Nachinstanz:
  • Bundesgerichtshof, , II ZR 24/24
ergänzende Informationen

Kammergericht Berlin Urteil26.01.2024

Unzulässiges Verbot des Mitführens von Mobiltelefonen oder Notebooks während Haupt­ver­sammlungAusschluss von Haupt­ver­sammlung wegen Nichtbeachtung des Verbots begründet Verletzung des Teilnahmerechts

Es ist unzulässig einen Aktionäre das Mitführen eines Mobiltelefons oder Notebooks zur Haupt­ver­sammlung zu verbieten. Kommt es zu einem Ausschluss von der Haupt­ver­sammlung, weil das Verbot missachtet wurde, so liegt eine Verletzung des Teilnahmerechts vor. Die auf der Versammlung getroffenen Beschlüsse können dann angefochten werden. Dies hat das Kammergericht Berlin entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2019 führte eine in Berlin ansässige Aktien­ge­sell­schaft eine Hauptversammlung durch. Dabei war es den Aktionären verboten, Mobiltelefone, Notebooks oder sonstige Geräte mitzuführen, mit denen Ton- und Bildaufnahmen gemacht werden können. Ersatzweise wurde eine Notfallnummer eingerichtet, worüber Aktionäre erreichbar sein sollten. Zudem wurden PC mit Inter­ne­t­an­schluss zur Verfügung gestellt. Einige Aktionäre waren nicht bereit, dem Verbot Folge zu leisten. Sie wurden aufgrund dessen von der Haupt­ver­sammlung ausgeschlossen. Dies nahmen die Aktionäre zum Anlass Anfech­tungsklage betreffend der auf der Haupt­ver­sammlung getroffenen Beschlüsse zu erheben. Das Landgericht Berlin gab der Klage statt. Dagegen richtete sich die Berufung der Beklagten.

Unver­hält­nis­mä­ßigkeit des Verbots des Mitführens von Mobiltelefonen und Notebooks

Das Kammergericht Berlin bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Mit dem Verbot des Mitführens von Mobiltelefonen, Notebooks oder sonstigen Geräten, mit denen Ton- und Bildaufnahmen gemacht werden können, werde zwar ein legitimer Zweck verfolgt, jedoch sei es unver­hält­nismäßig. Es stehen sich das aus dem Eigentumsrecht des Art. 14 GG folgende Teilnahmerecht der Aktionäre und das allgemeine Persön­lich­keitsrecht der übrigen Anwesenden, welches gegen unerlaubte Ton- und Bildauf­zeich­nungen schützt, gegenüber. Das Teilnahmerecht der Aktionäre sei dabei höher zu bewerten.

Teilnahmerecht der Aktionäre wiegt schwerer als Persön­lich­keitsrecht der Anwesenden

Nach Ansicht des Kammergerichts sei zu berücksichtigen, dass die Gefahr der Ton- oder Bildauf­zeichnung lediglich abstrakt sei. Zum anderen seien die Anwesenden im Falle eines Verstoßes gegen das Aufzeich­nungs­verbot in Form von Schaden­s­er­satz­ansprüchen, Schmer­zens­geldansprüchen und des Strafrechts ausreichend geschützt. Dagegen sei das Teilnahmerecht durch das Verbot erheblich beeinträchtigt. Das Verbot führe dazu, dass zum Beispiel Aktio­närs­ver­treter keine Rücksprache mit ihren Prinzipalen halten können, ohne den Versamm­lungssaal zu verlassen. Zudem werde die Arbeits­fä­higkeit der Aktionäre erheblich beschränkt. Ohne die Nutzung von Notebooks, Mobiltelefonen oder Tablets sei eine effektive Teilnahme an einer Haupt­ver­sammlung heutzutage nicht sinnvoll möglich.

Keine ausreichende Kompensation durch Notfallnummer und PCs im Saal

Weder die Notfallnummer noch die PCs im Saal können die Schwere des Eingriffs in das Teilnahmerecht ausreichend abmildern, so das Kammergericht. Durch die Notfallnummer können die Aktionäre etwa nicht nach außen kommunizieren. Durch die PCs bestehe nicht ohne weiteres Zugriff auf Unterlagen des Aktionärs. Zudem bestehe die Gefahr, dass der PC gerade besetzt ist.

Durchsetzung des Aufzeich­nungs­verbots durch Siegel/Plomben oder Software

Schließlich sah das Kammergericht mildere Mittel um Aufzeichnungen zu verhindern. So können Kameras durch kostengünstige Siegel oder Plomben blockiert werden. Zudem gebe es kostenfreie Softwa­re­lö­sungen, welche die Kamera- und Mikrofon-Funktion von Geräten deaktivieren.

Quelle: Kammergericht Berlin, ra-online (vt/rb)

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