21.11.2024
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Hessisches Landessozialgericht Urteil30.09.2011

Auch bei Schwarzarbeit kann Arbeitsunfall vorliegenIllegale Beschäftigung steht Unfall­ver­si­che­rungs­schutz nicht entgegen

Abhängig Beschäftige sind gesetzlich unfall­ver­sichert - auch wenn sie illegal tätig werden. Dies entschied das Hessische Landes­so­zi­al­gericht.

Im zugrunde liegenden Fall war ein serbischer Staats­an­ge­höriger mit Touristenvisum und ohne Arbeits­er­laubnis in die Bundesrepublik eingereist und lebte bei seinem Onkel. Dieser vermittelte ihm eine Tätigkeit für einen Subunternehmer auf einer Brücken­bau­stelle im Landkreis Bergstraße. Bereits am ersten Arbeitstag geriet der zu diesem Zeitpunkt erst 20-jährige Mann in Kontakt mit der unter der Brücke verlaufenden Oberleitung. Infolge der Stromverletzung und den dabei erlittenen schwersten Verbrennungen mussten ihm Gliedmaßen amputiert werden. Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab. Ein Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis könne nicht nachgewiesen werden. Es sei durchaus möglich, dass der junge Mann als Selbstständiger tätig geworden sei.

Berufs­ge­nos­sen­schaft muss Arbeitsunfall anerkennen und entschädigen

Die Richter des Hessischen Landes­so­zi­al­ge­richts gaben dem in Frankfurt am Main wohnhaften Kläger Recht und verurteilten die Berufs­ge­nos­sen­schaft dazu, das Unfallereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen. Aufgrund der Zeugenaussagen sei davon auszugehen, dass der verletzte junge Mann als abhängig Beschäftigter gearbeitet habe. Er sei zur Erledigung bestimmter Brückenarbeiten angewiesen worden und sollte hierfür einen festen Stundenlohn erhalten. Material, Werkzeug und selbst Schutz­hand­schuhe seien ihm zur Verfügung gestellt worden. Dass kein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen worden sei, sei insoweit unerheblich. Die Annahme der Berufs­ge­nos­sen­schaft, der Kläger habe als selbstständiger Unternehmer auf der Brücke gearbeitet, sei lebensfremd. Ferner sei unfall­ver­si­che­rungs­rechtlich nicht relevant, dass der Kläger „schwarz“ gearbeitet habe. Denn nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung schließe auch verbotswidriges Handeln den gesetzlichen Unfall­ver­si­che­rungs­schutz nicht aus.

Hinweise zur Rechtslage

§ 7 Sozial­ge­setzbuch Siebtes Buch (SGB VII)

(1) Versi­che­rungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufs­krank­heiten.

(2) Verbotswidriges Handeln schließt einen Versi­che­rungsfall nicht aus.

§ 8 SGB VII

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versi­che­rungs­schutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). (…)

§ 2 SGB VII

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1. Beschäftigte, (…)

Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online

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