15.11.2024
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Hessisches Landessozialgericht Urteil31.01.2013

Total­ver­wei­gerung Hessens gegen Pflege­satz­kom­mission rechtswidrigLandesverbände der Pflegekassen und Landes­wohl­fahrts­verband müssen bei Bildung einer Pflege­satz­kom­mission mitwirken

Das Hessische Landes­so­zi­al­gericht hat die hessischen Landesverbände der Pflegekassen, den Verband der privaten Krankenkassen sowie den Landes­wohl­fahrts­verband Hessen zur Mitwirkung an der Bildung einer Pflege­satz­kom­mission verpflichtet. Deren bisherige Total­ver­wei­gerung ist rechtswidrig, urteilte das Gericht.

Die für die Vergütung maßgeblichen Pflegesätze werden grundsätzlich zwischen den Trägern der Pflegeheimen und den Pflegekassen sowie weiteren Leistungs­trägern vereinbart. Nach einer Geset­ze­s­än­derung im Jahre 1995 können die Pflegesätze (sowie Verfah­rens­vorgaben und materielle Grundlagen für die Pflege­satz­ver­hand­lungen) auch durch so genannte Pflege­satz­kom­mis­sionen vereinbart werden. In Hessen ist - im Gegensatz zu acht anderen Bundesländern - jedoch aufgrund der Verweigerung der Pflege­kas­sen­verbände und des Landes­wohl­fahrts­ver­bandes Hessen Sozia­l­hil­fe­träger bislang keine Pflege­satz­kom­mission gebildet worden.

Pflege­heim­be­treiber klagten auf Mitwirkung an Errichtung einer Pflege­satz­kom­mission

Die Pflege­heim­be­treiber - wie z.B. Arbei­ter­wohlfahrt, Caritasverbände, Diakonisches Werk und Deutsches Rotes Kreuz - halten individuelle Vergü­tungs­ver­hand­lungen für jedes einzelne Pflegeheim durch die örtlichen Vertrags­parteien für zu schwerfällig. Auch sehen sie sich angesichts der starken Verhand­lungs­po­sition der Verbände der Pflegekassen und Sozia­l­hil­fe­träger im Nachteil. Daher sei – wie gesetzlich vorgesehen – eine Pflege­satz­kom­mission zu bilden, die kollektive Vereinbarungen über die Pflegesätze treffen könne. Die Pflege­heim­be­treiber erhoben Klage gegen die hessischen Landesverbände der Pflegekassen, den Verband der privaten Krankenkassen sowie den Landes­wohl­fahrts­verband Hessen, weil diese bislang die Mitwirkung an der Bildung einer landesweiten Pflege­kom­mission verweigerten.

Individuelle Vergü­tungs­ver­ein­ba­rungen nach Auffassung der Landesverbände und des Landes­wohl­fahrts­verband vorrangig und ausreichend

Die hessischen Landesverbände der Pflegekassen sowie der hessische Landes­wohl­fahrts­verband vertraten hingegen die Auffassung, dass individuelle Vergü­tungs­ver­ein­ba­rungen vorrangig und ausreichend seien. Aufgrund der großen regionalen Unterschiede könne auch kaum ein gemeinsamer Nenner für kollektive Vereinbarungen gefunden werden. Auch das Hessische Sozial­mi­nis­terium habe bislang keine aufsichts­recht­lichen Maßnahmen wegen der Errichtung einer Pflege­satz­kom­mission eingeleitet.

Kollektive Pflege­satz­ver­ein­ba­rungen durch Pflege­satz­kom­mis­sionen sind vom Gesetzgeber gewollt

Das Hessische Landes­so­zi­al­gericht hat nunmehr entschieden, dass die Errichtung einer Pflege­satz­kom­mission nicht im Belieben der Beteiligten steht. Der Gesetzgeber habe vielmehr das Verfahren zur Bestimmung der Pflegesätze vereinfachen und neben individuellen durch kollektive Pflege­satz­ver­ein­ba­rungen ermöglichen wollen. Mit der Geset­ze­s­än­derung im Jahre 1995 habe er ein verfas­sungs­rechtlich gebotenes Gegengewicht zu dem eher sozial­trä­ger­freund­lichen Verfahren der individuellen Pflege­satz­ver­ein­barung geschaffen. Denn im Rahmen der Pflege­satz­kom­mission könnten die Pflege­ein­rich­tungen kollektiv agieren und damit ihre Verhand­lungs­po­sition stärken.

Total­ver­wei­gerung rechtswidrig

Die Sozialträger seien gesetzlich verpflichtet, an der Bildung einer Pflege­satz­kom­mission mitzuwirken. Die bisherige Total­ver­wei­gerung sei rechtswidrig. Nicht nachvollziehbar sei zudem die Untätigkeit des Hessischen Sozial­mi­nis­teriums, das bisher keine aufsichts­recht­lichen Maßnahmen eingeleitet habe.

Hinweise zur Rechtslage

Erläuterungen

§ 85 Sozial­ge­setzbuch Elftes Buch (SGB XI)

(1) Art, Höhe und Laufzeit der Pflegesätze werden zwischen dem Träger des Pflegeheimes und den Leistungs­trägern nach Absatz 2 vereinbart.

(2) Parteien der Pflege­satz­ver­ein­barung (Vertrags­parteien) sind der Träger des einzelnen zugelassenen Pflegeheimes sowie

1. die Pflegekassen oder sonstige Sozia­l­ver­si­che­rungs­träger,

2. die für die Bewohner des Pflegeheimes zuständigen Träger der Sozialhilfe sowie

3. die Arbeits­ge­mein­schaften der unter Nummer 1 und 2 genannten Träger [...].

§ 86 SGB XI

(1) Die Landesverbände der Pflegekassen, der Verband der privaten Kranken­ver­si­cherung e.V., die überörtlichen oder ein nach Landesrecht bestimmter Träger der Sozialhilfe und die Vereinigungen der Pflege­heim­träger im Land bilden regional oder landesweit tätige Pflege­satz­kom­mis­sionen, die anstelle der Vertrags­parteien nach § 85 Abs. 2 die Pflegesätze mit Zustimmung der betroffenen Pflege­heim­träger vereinbaren können. [...]

Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online

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