23.11.2024
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Hessisches Landessozialgericht Urteil26.03.2015

OP-Kranken­schwester geht keiner selbstständigen Tätigkeit nachKranken­schwester ist weisungs­ab­hängig und in Klinikbetrieb eingegliedert und daher als abhängig Beschäftigte sozial­versicherungs­pflichtig

Abhängig Beschäftigte sind sozial­versicherungs­pflichtig. Als Beschäftigung gilt die nicht­selbst­ständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeits­ver­hältnis. Anhaltspunkte für eine solche Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die betriebliche Arbeits­or­ga­ni­sation. Bei einer Fach­kranken­schwester im Opera­ti­o­ns­dienst ist regelmäßig davon auszugehen, dass diese abhängig beschäftigt ist. Dies entschied das Hessische Landes­so­zi­al­gericht.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Frau aus dem Hochtaunuskreis war über viele Jahre als angestellte Krankenschwester tätig. Im Mai 2008 schloss sie mit dem Univer­si­täts­klinikum Mainz einen Dienst­leis­tungs­vertrag. Hiernach sollte sie als "freie Mitarbeiterin" Dienst­leis­tungen gemäß dem Berufsbild einer Fachkran­ken­schwester im Opera­ti­o­ns­dienst erbringen. Vertraglich vereinbart wurde, dass sie keine Arbeitnehmerin im sozia­l­ver­si­cherungs-, steuer- und arbeits­recht­lichen Sinne ist und keinen Anspruch auf Entgelt­fort­zahlung im Krankheitsfall hat. Von Oktober 2008 bis Mai 2009 arbeitete sie wöchentlich ca. 44 Stunden zu einem festen Stundenlohn für das Klinikum, das weder Lohnsteuer noch Sozia­l­ver­si­che­rungs­beiträge für die Frau entrichtete.

Renten­ver­si­cherung lehnte Antrag der Kranken­schwester auf Mitgliedschaft in der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung ab

Noch vor Aufnahme dieser Tätigkeit beantragte die Kranken­schwester als Selbstständige die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung. Zur Begründung gab sie an, dass sie weder bestimmte Arbeitszeiten noch inhaltliche Weisungen einhalten müsse und insoweit mit einem selbstständigen Handwerker vergleichbar tätig sei. Die Renten­ver­si­cherung lehnte den Antrag ab und stellte fest, dass die Kranken­schwester in den Klinikbetrieb eingegliedert sowie weisungs­ge­bunden tätig sei. Daher übe sie eine abhängige Beschäftigung aus und sei in der Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Renten­ver­si­cherung pflicht­ver­sichert.

OP-Kranken­schwester ist in Betrieb eingegliedert und nicht weisungsfrei tätig

Sozialgericht und Landes­so­zi­al­gericht gaben der Renten­ver­si­cherung Recht. Die klagende Kranken­schwester sei - ebenso wie die anderen festan­ge­stellten Pflegekräfte - durch die Einsatzplanung in den Klinikbetrieb eingegliedert. Auch habe sie die von der Klinik gestellte Arbeitskleidung im OP-Bereich tragen müssen. Im Übrigen sei eine weisungsfreie Tätigkeit als Kranken­schwester im Opera­ti­o­ns­dienst weitgehend ausgeschlossen. So habe die Klägerin die Vorgaben des operierenden Arztes beachten und umsetzen müssen. Ihre eigene Gestal­tungs­mög­lichkeit sei dagegen begrenzt gewesen.

Kranken­schwester trägt kein Unter­neh­mer­risiko

Auch sei sie wie eine Vollbe­schäftigte tätig gewesen, so dass sie bereits aus zeitlichen Gründen nicht als selbstständige Unternehmerin habe auftreten können. Sie habe ferner die Leistung persönlich erbringen müssen. Zudem habe sie kein Unter­neh­mer­risiko getragen, da die wesentlichen Betriebsmittel - Materialien, Geräte, Spezialkleidung - von der Klinik gestellt worden seien. Der von der Klägerin angeschaffte PC sowie das Kfz hingegen seien Gebrauchs­ge­gen­stände des täglichen Lebens.

Hinweise zur Rechtslage

§ 7 Sozial­ge­setzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozia­l­ver­si­cherung - (SGB IV)

(1) Beschäftigung ist die nicht­selb­ständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeits­ver­hältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeits­or­ga­ni­sation des Weisungsgebers.

§ 24 Sozial­ge­setzbuch Drittes Buch - Arbeits­för­derung - (SGB III)

(1) In einem Versi­che­rungs­pflicht­ver­hältnis stehen Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versi­che­rungs­pflichtig sind.

§ 5 Sozial­ge­setzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Kranken­ver­si­cherung - (SGB V)

(1) Versi­che­rungs­pflichtig sind

1. Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufs­aus­bildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, [...]

§ 1 Sozial­ge­setzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Renten­ver­si­cherung - (SGB VI)

(1) Versi­che­rungs­pflichtig sind

1. Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufs­aus­bildung beschäftigt sind; [...]

§ 20 Sozial­ge­setzbuch Elftes Buch - Soziale Pflege­ver­si­cherung - (SGB XI)

(1) Versi­che­rungs­pflichtig in der sozialen Pflege­ver­si­cherung sind die versi­che­rungs­pflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung. [...]

Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online

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