21.11.2024
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Hessisches Landessozialgericht Urteil19.06.2013

Behinderter Lehrer hat Anspruch auf Gleichstellung mit schwer­be­hin­dertenAngestellten­verhältnis steht Gleichstellung nicht entgegen

Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30 sollen mit schwer­be­hin­derten Menschen gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten können. Bei Lehrern ist insoweit auf die Tätigkeit im Beamten­ver­hältnis abzustellen. Ob ein Angestellten­verhältnis besteht, ist unbeachtlich. Dies entschied das Hessische Landes­so­zi­al­gericht.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Bei einem an Multipler Sklerose erkrankten Lehrer ist ein Grad der Behinderung von 30 festgestellt worden. Er war als Studienrat 5 Jahre im Rahmen eines Beamten­ver­hält­nisses auf Probe beschäftigt. Weil eine vorzeitige Dienst­un­fä­higkeit nicht ausgeschlossen werden könne, wurde er nicht in ein Beamten­ver­hältnis auf Lebenszeit übernommen. Stattdessen erhielt er einen unbefristeten Angestell­ten­vertrag. Der Lehrer beantragte die Gleichstellung mit schwer­be­hin­derten Menschen, da er dann bereits bei einer prognos­ti­zierten Dienstfähigkeit von lediglich fünf Jahren Beamter auf Lebenszeit werden könne. Die für die Gleichstellung zuständige Bundesagentur für Arbeit lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass aufgrund des unbefristeten Angestell­ten­ver­trages sein Arbeitsplatz nicht gefährdet sei.

Tätigkeit als Lehrer im Beamten­ver­hältnis maßgeblich

Die Richter des Hessischen Landes­so­zi­al­ge­richts und der Vorinstanz gaben dem Lehrer Recht. Hinsichtlich des geeigneten Arbeitsplatzes sei auf die Tätigkeit als Lehrer im Beamten­ver­hältnis abzustellen. Ein diskri­mi­nie­rungs­freier Zustand sei nicht bereits dann hergestellt, wenn ein behinderter Mensch eine Tätigkeit - die regelmäßig im Beamten­ver­hältnis ausgeübt werde - in irgendeiner Weise ausüben könne. Zudem haben die Richter auf die hessischen Integra­ti­o­ns­richt­linien verwiesen, nach denen bei der Einstellung behinderter Menschen großzügig zu verfahren sei. Insbesondere sei die körperliche Eignung anzunehmen, wenn von einer mindestens 5-jährigen Dienstfähigkeit ausgegangen werden könne.

Hinweis zur Rechtslage

§ 2 Sozial­ge­setzbuch Neuntes Buch (SGB IX)

(1) Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrschein­lichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beein­träch­tigung zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 2 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt [...].

(3) Schwer­be­hin­derten Menschen gleichgestellt werden sollen behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 73 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

§ 73 SGB IX

(1) Arbeitsplätze im Sinne des Teils 2 sind alle Stellen, auf denen Arbeitnehmer und Arbeit­neh­me­rinnen, Beamte und Beamtinnen, Richter und Richterinnen sowie Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte beschäftigt werden.

§ 9 Beamten­sta­tus­gesetz

Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.

§ 8 Hessisches Beamtengesetz

(1) Für die Auswahl der Bewerber gelten die Kriterien des § 9 Beamten­sta­tus­ge­setzes. [...]

Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online

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