15.11.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 13059

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Urteil16.02.2012Bundesarbeitsgericht6 AZR 553/10
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • DB 2012, 1042Zeitschrift: Der Betrieb (DB), Jahrgang: 2012, Seite: 1042
  • MDR 2012, 920Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2012, Seite: 920
  • NZA 2012, 555Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA), Jahrgang: 2012, Seite: 555
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Vorinstanz:
  • Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil20.06.2010, 2 Sa 49/10
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil16.02.2012

Frage nach der Schwer­be­hin­derung im bestehenden Arbeits­ver­hältnis zulässigArbeitnehmer kann sich in Kündi­gungs­schutz­prozess nicht auf eine zuvor verneint Schwer­be­hin­derung berufen

Im bestehenden Arbeits­ver­hältnis ist nach sechs Monaten, also nach dem Erwerb des Sonder­kün­di­gungs­schutzes für behinderte Menschen, die Frage des Arbeitgebers nach der Schwer­be­hin­derung zulässig. Das gilt insbesondere zur Vorbereitung von beabsichtigten Kündigungen. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­a­r­beits­ge­richts hervor.

Der mit einem Grad der Behinderung von 60 schwer­be­hinderte Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls stand seit dem 1. November 2007 in einem bis zum 31. Oktober 2009 befristeten Arbeits­ver­hältnis. Am 8. Januar 2009 wurde der Beklagte zum vorläufigen Insol­venz­ver­walter über das Vermögen der Arbeitgeberin bestellt. Während des Insol­ven­z­er­öff­nungs­ver­fahrens erbat der Beklagte in einem Fragebogen zur Vervoll­stän­digung bzw. Überprüfung der ihm vorliegenden Daten u.a. Angaben zum Vorliegen einer Schwerbehinderung bzw. Gleichstellung mit einem Schwer­be­hin­derten. Der Kläger verneinte seine Schwer­be­hin­derung. Nach Eröffnung des Insol­venz­ver­fahrens kündigte der Beklagte als Insol­venz­ver­walter am 26. Mai 2009 dem Kläger zum 30. Juni 2009.

Frage nach Schwer­be­hin­derung verneint – Kündi­gungs­schutz entfällt

Der Kläger, der in der Klageschrift vom 9. Juni 2009 seine Schwer­be­hin­derung mitgeteilt hat, hält die Kündigung vom 26. Mai 2009 für unwirksam, weil das Integrationsamt ihr nicht zugestimmt habe. Das Arbeitsgericht ist dem gefolgt und hat der Klage stattgegeben. Das Landes­a­r­beits­gericht hat dagegen angenommen, der Kläger könne sich auf den Kündigungsschutz für Schwer­be­hinderte nicht berufen, weil er die Frage nach der Schwer­be­hin­derung wahrheitswidrig verneint habe.

Daten­schutz­rechtliche Belange stehen Zulässigkeit der Frage nach Behinderungen nicht entgegen

Die Revision des Klägers hatte vor dem Bundes­a­r­beits­gericht keinen Erfolg. Die Frage nach der Schwer­be­hin­derung im Vorfeld einer vom Arbeitgeber beabsichtigten Kündigung steht im Zusammenhang mit der Pflich­ten­bindung des Arbeitgebers durch die Anforderungen des § 1 Abs. 3 KSchG, der die Berück­sich­tigung der Schwer­be­hin­derung bei der Sozialauswahl verlangt, sowie durch den Sonderkündigungsschutz nach § 85 SGB IX, wonach eine Kündigung der vorherigen Zustimmung des Integra­ti­o­nsamtes bedarf. Sie soll es dem Arbeitgeber ermöglichen, sich rechtstreu zu verhalten. Die Frage diskriminiert behinderte Arbeitnehmer nicht gegenüber solchen ohne Behinderung. Auch daten­schutz­rechtliche Belange stehen der Zulässigkeit der Frage nicht entgegen. Infolge der wahrheits­widrigen Beantwortung der ihm rechtmäßig gestellten Frage nach seiner Schwer­be­hin­derung ist es dem Kläger unter dem Gesichtspunkt wider­sprüch­lichen Verhaltens verwehrt, sich im Kündi­gungs­schutz­prozess auf seine Schwer­be­hin­der­te­nei­gen­schaft zu berufen.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

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