15.11.2024
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Verwaltungsgericht Wiesbaden Urteil

Bundes­gleich­stel­lungs­gesetz gilt nur für FrauenBeteiligung an der Kindererziehung gibt einem Mann nicht den Anspruch, wie eine Frau vorrangig befördert zu werden

Ein Beamter einer Bundesbehörde in Wiesbaden hatte vor dem Verwal­tungs­gericht Wiesbaden auf Schadenersatz geklagt, weil er nach Durchführung eines Auswahl­ver­fahrens nicht zu dem Kreis der zu befördernden Beamten zählte. Die Behörde hatte ihm Frauen, die über die gleichen Beurtei­lungsnoten wie der Kläger verfügten, aufgrund des Bundes­gleich­stel­lungs­ge­setzes vorgezogen. Für ihn stand eine Beför­de­rungs­stelle dann nicht mehr zur Verfügung.

Das Verwal­tungs­gericht Wiesbaden folgte im Ergebnis dem Einwand des Klägers nicht, er habe für die Erziehung seiner beiden Kinder wie eine Frau Erzie­hungs­urlaub (jetzt Elternzeit) genommen und auch eine zeitlang nur anteilig gearbeitet, so dass auch auf ihn das Bundes­gleich­stel­lungs­gesetz anzuwenden sei, das auf die Gleichstellung von Frauen und Männern abziele. Deshalb lägen in seiner Person überwiegende Gründe vor, die eine Beförderung vor den Frauen rechtfertige.

Die Kammer entschied, dass der Kläger zu recht nicht befördert worden sei. Rechtsgrundlage sei hierfür § 8 des Bundes­gleich­stel­lungs­ge­setzes. Bei der Bundesbehörde habe zum fraglichen Zeitpunkt in der Besol­dungs­gruppe A 11 eine Unter­re­prä­sentanz von Frauen bestanden. Zur Durchsetzung der Frauenförderung, die grundgesetzlich in Art. 3 Abs. 2 GG verankert ist, dürften die Frauen mit gleicher Note wie der Kläger diesem vorgezogen werden, gleichgültig, ob sie Kinder haben oder nicht. Denn die Zugehörigkeit zur Gruppe der Frauen führe nicht erst bei der tatsächlichen Wahrnehmung weiblicher Rollen und Lebensentwürfe zu einer möglichen Benachteiligung, sondern auch die Erwartung, dieser Lebensentwurf werde sich irgendwann realisieren, beeinträchtige die beruflichen Chancen jeder Frau. Überwiegende Gründe in der Person des Mannes, die ein Abweichen von der Bevor­zu­gungs­re­gelung für Frauen erlauben würden, sah die Kammer auch nicht in der Tatsache, dass der Kläger bei der Erziehung seiner Kinder seinen Anteil geleistet hat. Denn seine berufliche Biographie entspreche allenfalls einer typischen Frauen­bio­graphie und überwiege sie nicht. Weitere Gründe, die möglicherweise zu einer anderen Entscheidung führen könnten, wie Schwer­be­hin­derung oder Alleinerziehung der Kinder, lagen nicht vor.

Da die Beförderung des Klägers nach Auffassung der Kammer in diesem Auswahl­ver­fahren somit zu recht nicht erfolgte, wies die Kammer seine Klage auf Schadenersatz wegen Nicht­be­för­derung zurück.

Erläuterungen
Auszug aus dem Wortlaut des § 8 Bundes­gleich­stel­lungs­gesetz:

Sind Frauen in einzelnen Bereichen unter­re­prä­sentiert, hat die Dienststelle sie bei der Vergabe von Ausbil­dungs­plätzen, Einstellung, Anstellung und beruflichem Aufstieg bei Vorliegen gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung(Qualifikation) bevorzugt zu berücksichtigen, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen. Dies gilt für

1. die Besetzung von Beamten-, Angestellten- und Arbeiterstellen, auch mit Vorgesetzten- und Leitungs­aufgaben, von Stellen für die Berufs­aus­bildung sowie für Richterstellen, soweit nicht für die Berufung eine Wahl oder die Mitwirkung eines Wahlausschusses vorgeschrieben ist,

2. die Beförderung, Höher­grup­pierung, Höherreihung und Übertragung höher bewerteter Dienstposten und Arbeitsplätze auch in Funktionen mit Vorgesetzten- und Leitungs­aufgaben.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 13/06 des VG Wiesbaden vom 14.06.2006

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