18.10.2024
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Sie sehen ein altes Ehepaar auf einer Parkbank.
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Hessisches Landessozialgericht Urteil18.06.2013

Unfallkasse muss Quer­schnitts­gelähmten nicht entschädigenUnter­neh­mer­ähnliche Gebäu­de­r­ei­nigung für Verwandte nicht gesetzlich unfall­ver­sichert

Wird jemand wie ein versicherter Beschäftigter tätig, so ist er gesetzlich unfall­ver­sichert. Handelt es sich hingegen um eine unter­neh­mer­ähnliche Tätigkeit, so besteht kein gesetzlicher Unfall­versicherungs­schutz. Dies entschied das Hessische Landes­sozial­gerichts.

In dem zugrunde liegenden Fall war ein 38-jähriger Mann aus Kassel seit dem 1995 als Gebäudereiniger tätig. Als er für seine Schwester die Außenfassade des Hauses reinigte und das in die Mauerfugen eingewachsene Efeu beseitigte, stürzte er aus 3 m Höhe von der Leiter und ist seitdem querschnittsgelähmt. Er beantrage bei der Unfallkasse Entschä­di­gungs­leis­tungen. Diese lehnte jedoch mit der Begründung ab, dass es sich um eine unentgeltliche Gefäl­lig­keits­leistung unter Verwandten gehandelt habe, die nicht gesetzlich unfall­ver­sichert sei. Das Sozialgericht verurteilte hingegen die Unfallkasse zur Entschädigung. Aufgrund des hohen Aufwandes könne nicht von einer bloßen Gefälligkeit ausgegangen werden, die unter Geschwistern selbst­ver­ständlich sei.

Unter­neh­mer­ähnliche Tätigkeit nicht gesetzlich unfall­ver­sichert

Die Darmstädter Richter gaben der Unfallkasse Recht. Es komme nicht darauf an, ob der verunglückte Mann eine Gefäl­lig­keits­leistung unter Verwandten erbracht habe, da er jedenfalls nicht arbeit­neh­mer­ähnlich tätig geworden sei. Vielmehr habe er eine unter­neh­mer­ähnliche Tätigkeit ausgeübt, die nicht gesetzlich unfall­ver­sichert sei. Denn er sei gegenüber seiner Schwester nicht weisungs­ge­bunden gewesen. Er habe die Renovie­rungs­a­r­beiten selbst angeboten, keine konkreten Vorgaben gemacht bekommen und das nötige Werkzeug mitgebracht. Ferner sei eine unentgeltliche Tätigkeit bei Unternehmern weniger atypisch, weil diese sich hiervon andere Vorteile wie etwa den Aufbau einer langfristigen Geschäfts­be­ziehung versprächen. Für einen Arbeitnehmer sei der Verzicht auf Entgelt dagegen völlig atypisch. Ergänzend haben die Richter darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit einer freiwilligen Unfall­ver­si­cherung bestehe, welche der Kläger jedoch nicht wahrgenommen habe.

Hinweise zur Rechtslage

Erläuterungen
§ 2 Sozial­ge­setzbuch Siebtes Buch (SGB VII)

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1. Beschäftigte, (…)

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. (…)

§ 8 SGB VII

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versi­che­rungs­schutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). (…)

§ 7 Sozial­ge­setzbuch Viertes Buch (SGB IV)

(1) Beschäftigung ist die nicht­selb­ständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeits­ver­hältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeits­or­ga­ni­sation des Weisungsgebers.

Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online

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