18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen ein altes Ehepaar auf einer Parkbank.
ergänzende Informationen

Hessisches Landessozialgericht Beschluss23.04.2012

Leiharbeitgeber muss wegen nichtiger Tarifverträge höhere Sozialbeiträge abführenHessisches LSG lehnt aufschiebende Wirkung des Widerspruchs im Eilverfahren ab

Da das Bundes­a­r­beits­gericht Ende 2010 die mit der Tarif­ge­mein­schaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen für nichtig erklärt hat, hätten Zeita­r­beits­firmen die Leiharbeiter wie Festangestellte entlohnen und entsprechend höhere Sozia­l­ver­si­che­rungs­beiträge abführen müssen. Dies entschied das Hessische Landes­so­zi­al­gericht.

Im zugrunde liegenden Fall hatte die Renten­ver­si­cherung von einem Zeita­r­beits­un­ter­nehmen aus Südhessen im November 2011 Sozia­l­ver­si­che­rungs­beiträge in Höhe von knapp 12.000 Euro nachgefordert. Hiergegen hat das Unternehmen Widerspruch erhoben und im gerichtlichen Eilverfahren beantragt, dessen aufschiebende Wirkung anzuordnen.

Gericht hat kein Zweifel an Rechtmäßigkeit des Beitrags­be­scheides

Das Hessische Landes­so­zi­al­gericht hat den Antrag der Zeitarbeitsfirma abgelehnt und damit die Entscheidung des Sozialgerichts Darmstadt bestätigt. Es bestünden keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beitrags­be­scheides. Zwar habe das Bundes­a­r­beits­gericht die fehlende Tariffähigkeit der CGZP nicht für die Vergangenheit ausgesprochen. Es sei jedoch nicht erkennbar, weshalb der entsprechende Tarifvertrag in der Zeit vor der bundes­a­r­beits­ge­richt­lichen Entscheidung wirksam gewesen sein sollte. Die Zeita­r­beitsfirma könne sich auch nicht auf Vertrau­ens­schutz berufen. Denn es liege weder eine Änderung der höchst­rich­ter­lichen Rechtsprechung vor, noch werde der gute Glaube in die Tariffähigkeit einer Vereinigung geschützt. Ferner seien Gründe, die eine unbillige Härte begründen könnten, nicht ersichtlich. Daher bleibe es bei der gesetzlichen Regelung, dass ein Widerspruch gegen einen Beitrags­be­scheid keine aufschiebende Wirkung habe.

Hinweise zur Rechtslage

Erläuterungen

§ 86aSo­zi­al­ge­richts­gesetz

(1) Widerspruch und Anfech­tungsklage haben aufschiebende Wirkung. (…)

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt

1. bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten, (…)

(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwal­tungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kosten­pflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

§ 10 Arbeit­neh­mer­über­las­sungs­gesetz (AÜG)

(4) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiha­r­beit­nehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeits­be­din­gungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren. Soweit ein auf das Arbeits­ver­hältnis anzuwendender Tarifvertrag abweichende Regelungen trifft (§ 3 Absatz 1 Nummer 3, § 9 Nummer 2), hat der Verleiher dem Leiha­r­beit­nehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeits­be­din­gungen zu gewähren. Soweit ein solcher Tarifvertrag die in einer Rechts­ver­ordnung nach § 3 a Absatz 2 festgesetzten Mindest­stun­den­entgelte unterschreitet, hat der Verleiher dem Leiha­r­beit­nehmer für jede Arbeitsstunde das im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers für eine Arbeitsstunde zu zahlende Arbeitsentgelt zu gewähren. Im Falle der Unwirksamkeit der Vereinbarung zwischen Verleiher und Leiha­r­beit­nehmer nach § 9 Nummer 2 hat der Verleiher dem Leiha­r­beit­nehmer die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeits­be­din­gungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren. (…)

§ 3 AÜG

(1) …. Ein Tarifvertrag kann abweichende Regelungen zulassen, soweit er nicht die in einer Rechts­ver­ordnung nach § 3 a Absatz 2 festgesetzten Mindest­stun­den­entgelte unterschreitet.

§ 9 AÜG

Unwirksam sind:

(…)

2. Vereinbarungen, die für den Leiha­r­beit­nehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher schlechtere als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeits­be­din­gungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen; ein Tarifvertrag kann abweichende Regelungen zulassen (…)

Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss13490

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI