18.10.2024
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Hessisches Landessozialgericht Urteil16.05.2017

Tätigkeit einer Pflegefachkraft in Pflegeheim stellt sozial­versicherungs­pflichtige Beschäftigung darPflegefachkraft arbeitet im Pflegeheim nicht als Selbstständiger

Abhängig Beschäftigte sind sozial­versicherungs­pflichtig. Als Beschäftigung gilt die nicht­selbst­ständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeits­ver­hältnis. Anhaltspunkte für eine solche Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die betriebliche Arbeits­or­ga­ni­sation. Bei einer Pflegefachkraft in einem Pflegeheim ist regelmäßig von einer abhängigen und damit sozial­versicherungs­pflichtigen Beschäftigung auszugehen. Dies entschied das Hessische Landes­so­zi­al­gericht.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein staatlich anerkannter Altenpfleger aus dem Landkreis Rotenburg in Niedersachsen war im Juli 2013 für eine stationäre Pflegeeinrichtung im Kreis Groß-Gerau tätig. Zu seinen Aufgaben gehörten insbesondere die Hilfestellung bei der Körperpflege und der Nahrungs­aufnahme, das An- und Ausziehen der Pflege­be­dürftigen sowie deren Umlagern und Mobilisation. Ferner führte er Behand­lungs­pflege wie z.B. Wechseln von Verbänden, Verabreichen von Infusionen und Medikamenten sowie das Anlegen von Kompres­si­onss­t­rümpfen aus. Für seine Tätigkeit erhielt er einen festen Stundenlohn. Er beantragte bei der Deutschen Renten­ver­si­cherung ein Status­fest­stel­lungs­ver­fahren und vertrat die Ansicht, dass er für verschiedene Auftraggeber als freiberufliche Pflegefachkraft tätig sei. Die Renten­ver­si­cherung beurteilte seine Tätigkeit hingegen als abhängige und sozia­l­ver­si­che­rungs­pflichtige Beschäftigung.

Pfleger ist in Arbeits­or­ga­ni­sation des Pflegeheims eingegliedert und weisungs­ab­hängig tätig

Das Sozialgericht und das Hessische Landes­so­zi­al­gericht gaben der Renten­ver­si­cherung Recht. Der Pfleger sei in die Arbeits­or­ga­ni­sation des Pflegeheims eingegliedert und weisungs­ab­hängig tätig gewesen. Er habe organisatorisch einer Wohnbe­reichs­leitung unterstanden, sei im Schichtdienst tätig gewesen und habe mit den fest angestellten Kranken+ und Altenpflegern sowie den Ärzten zusam­men­ge­ar­beitet. Auch habe er sich an die vorgegebenen Abläufe im Pflegeheim halten, Übergaben durchführen und die Pflege­leis­tungen dokumentieren müssen.

Behand­lungs­pflege ohne entsprechende Weisung nicht durchführbar

Zudem könne eine Pflegekraft in einem stationären Pflegeheim die Behand­lungs­pflege ohne Eingliederung in die Arbeits­or­ga­ni­sation des Heimes und ohne Bindung an entsprechende Weisungen nicht durchführen, so das Gericht. Denn für die Behand­lungs­pflege sei kennzeichnend, dass es sich um Maßnahmen der ärztlichen Behandlung handele, die an Pflegekräfte delegiert werden könnten. Diese Pflege­leis­tungen könnten unabhängig von der Arbeits­or­ga­ni­sation des Pflegeheims und unabhängig von Anweisungen überhaupt nicht erbracht werden.

Der Pfleger habe auch kein für eine selbstständige Tätigkeit sprechendes Unter­neh­mer­risiko getragen. Vielmehr habe er eine feste Vergütung bezogen, die nicht erfolgsabhängig gewesen sei.

Hinweise zur Rechtslage

Erläuterungen

§ 7 Sozial­ge­setzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozia­l­ver­si­cherung - (SGB IV)

(1) Beschäftigung ist die nicht­selb­ständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeits­ver­hältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeits­or­ga­ni­sation des Weisungsgebers.

§ 7 a SGB IV

(1) Die Beteiligten können [...] eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt [...].

(2) Die Deutsche Renten­ver­si­cherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt.

§ 24 Sozial­ge­setzbuch Drittes Buch - Arbeits­för­derung - (SGB III)

(1) In einem Versi­che­rungs­pflicht­ver­hältnis stehen Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versi­che­rungs­pflichtig sind.

§ 5 Sozial­ge­setzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Kranken­ver­si­cherung - (SGB V)

(1) Versi­che­rungs­pflichtig sind

1. Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufs­aus­bildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, [...]

§ 1 Sozial­ge­setzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Renten­ver­si­cherung - (SGB VI)

(1) Versi­che­rungs­pflichtig sind

1. Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufs­aus­bildung beschäftigt sind; [...]

§ 20 Sozial­ge­setzbuch Elftes Buch - Soziale Pflege­ver­si­cherung - (SGB XI)

(1) Versi­che­rungs­pflichtig in der sozialen Pflege­ver­si­cherung sind die versi­che­rungs­pflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung. [...]

Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online

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