18.10.2024
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Hessischer Verwaltungsgerichtshof Urteil29.02.2012

Geträn­ke­aus­schank in Raucherräumen von Diskotheken zulässigGesetzgeber kommt durch angeordnetes relatives Rauchverbot Interessen von Rauchern und Gaststät­ten­be­treibern nach

Der Ausschank von Getränken in abgetrennten, gekenn­zeichneten Raucherräumen von Diskotheken ist rechtmäßig. Die entschied der Hessische Verwal­tungs­ge­richtshof und änderte damit anders lautende Urteile des Verwal­tungs­ge­richts Kassel ab und hob entsprechende gaststät­ten­rechtliche Untersagungen auf.

Im zugrunde liegenden Streitfall klagten Betrei­ber­ge­sell­schaften von Diskotheken, in denen abgetrennte Raucherräume eingerichtet waren, deren Grundflächen weniger als 30 % der Gesamtfläche der jeweiligen Diskothek betrugen. In diesen als Raucherräumen gekenn­zeichneten Bereichen wurden an einer Theke Getränke ausgeschenkt.

Stadt untersagt Ausschank von Getränken in abgetrennten Raucherräumen

Mit gaststät­ten­recht­lichen Auflagen untersagte die Stadt Kassel die Bewirtschaftung der Theken bzw. den Ausschank von Getränken in diesen Raucherräumen. Zur Begründung führte die Stadt aus, bei diesen Räumen handele es sich nicht um untergeordnete Nebenräume im Sinne des Hessischen Nicht­rau­cher­schutz­ge­setzes, da sie für die Gäste und für die Betreiber der Diskotheken keine untergeordnete Bedeutung mehr hätten. Vielmehr sei es für alle Gäste, ob Raucher oder Nichtraucher, durch den angebotenen Geträn­ke­aus­schank sehr „attraktiv“ diese ruhigeren Bereiche der Diskotheken aufzusuchen, um sich zu unterhalten und in Gesellschaft Getränke zu konsumieren. Dies sei mit dem Zweck des Hessischen Nicht­rau­cher­ge­setzes nicht vereinbar.

Betrei­ber­ge­sell­schaften der Diskotheken halten Untersagung für unzureichend begründet

Dagegen haben die Betrei­ber­ge­sell­schaften der Diskotheken Klage erhoben und die Auffassung vertreten, dass in einem Raucher­ne­benraum keine Theke betrieben werden dürfe, ergebe sich aus dem Hessischen Nichtraucherschutzgesetz nicht. Gerade unter dem Aspekt des Nicht­rau­cher­schutzes sei es nicht nachvollziehbar und mit dem Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens nicht zu begründen, dass in diesen Nebenräumen kein Serviceangebot für diejenigen Gäste bereitgehalten werden dürfe, die sich dort aufhalten wollten.

VGH hebt Aufla­gen­be­scheide der Stadt auf

Das Verwal­tungs­gericht hat die Klagen abgewiesen. Auf die dagegen von den Klägern erhobenen, zugelassenen Berufungen hat der Hessische Verwal­tungs­ge­richtshof diese erstin­sta­nz­lichen Urteile abgeändert und die Aufla­gen­be­scheide der Stadt Kassel aufgehoben.

Gesetzgeber muss gegebenenfalls konkre­ti­sierende Regelungen zur Gestaltung von Raucherräumen treffen

Zur Begründung hat der Hessische Verwal­tungs­ge­richtshof ausgeführt, mit der ausnahmsweisen Zulassung von Raucherräumen in Gaststätten habe der hessische Landes­ge­setzgeber - ebenso wie die Gesetzgeber der übrigen Bundesländer mit vergleichbaren Ausnah­me­re­ge­lungen - nur ein relatives Rauchverbot angeordnet. Damit sei der Gesetzgeber sowohl den Interessen der rauchenden Gäste als auch den Interessen der Gaststät­ten­be­treiber nachgekommen, den rauchenden Gästen ebenfalls ein gastronomisches Angebot unterbreiten zu können. Damit habe er aber auch in Kauf genommen, dass sich auch Nichtraucher in Raucherräumen von Gaststätten aufhielten. Ohne konkre­ti­sierende Regelungen des Gesetzgebers zur Gestaltung von Raucherräumen bzw. zur Reduzierung der Attraktivität solcher Räume verbiete sich deshalb eine Auslegung des Begriffs „Nebenraum“ im Hessischen Nicht­rau­cher­schutz­gesetz, wonach eine Theke bzw. Schankanlage die untergeordnete Funktion des Nebenraums nicht mehr gewährleiste und einen so gestalteten Raum zu einem weiteren Hauptraum werden lasse.

§ 2 Abs. 4 des Gesetzes zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens (Hessisches Nicht­rau­cher­schutz­gesetz) lautet:

Erläuterungen
„In Gaststätten können vollständig abgetrennte Nebenräume vorgehalten werden, in denen das Rauchen gestattet ist. Diese Räume sind ausdrücklich als Raucherräume zu kennzeichnen.“

Quelle: Hessischer Verwaltungsgerichtshof/ra-online

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