Hessischer Verwaltungsgerichtshof Urteil19.01.2011
Gefahr gentechnischer Veränderungen: Anordnung zur Vernichtung von Raps-Saatgut rechtswidrigSaatgut wurde nicht gezielt gentechnisch verunreinigt in Umlauf gebracht
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hatte über die Frage der Rechtmäßigkeit einer Anordnung zu entscheiden, die darauf gerichtet war, Raps-Saatgut zu vernichten, bei dem Spuren gentechnisch veränderter Organismen festgestellt wurden.
Die Anordnung des Regierungspräsidiums in Gießen des zugrunde liegenden Falls war an einen landwirtschaftlichen Betrieb in Südniedersachsen gerichtet, der das Saatgut auf von ihm bewirtschafteten zum Teil in Hessen gelegenen Feldern ausgesät hatte. Das Regierungspräsidium Gießen hatte die Anordnung darauf gestützt, dass bei labortechnischen Untersuchungen in dem von dem landwirtschaftlichen Betrieb bezogenen Saatgut Spuren von gentechnisch veränderten Organismen festgestellt worden seien.
Anordnung zur Vernichtung gentechnisch verunreinigten Saatgutes auch bei Unkenntnis des landwirtschaftliches Betriebes erforderlich und angemessen
Mit der Aussaat habe der Betrieb diese gentechnisch veränderten Organismen im Sinne des Gentechnikgesetzes ohne erforderliche Genehmigung freigesetzt, so dass die getroffene Anordnung unabhängig davon erforderlich und angemessen sei, dass der landwirtschaftliche Betrieb von der gentechnischen Verunreinigung des Saatgutes keine Kenntnis gehabt habe. Nachdem der Betrieb die sofort vollziehbare Anordnung befolgt hatte, beantragte er zur Vorbereitung eventueller Schadensersatzansprüche die Feststellung, dass diese rechtswidrig war.
Hessischer VGH stellt Rechtswidrigkeit der Anordnung fest
Das Verwaltungsgericht Kassel hatte die auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung gerichtete Klage abgewiesen. Mit seinem Urteil hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof der Berufung des landwirtschaftlichen Betriebs stattgegeben und die Rechtswidrigkeit der Anordnung festgestellt.
Finanzielle und sonstige Folgen für landwirtschaftlichen Betrieb nicht ausreichend durch Behörde abgewogen
Nach Ansicht des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs war die ergangene Anordnung des Regierungspräsidiums Gießen deshalb rechtswidrig, weil der Betrieb nicht gezielt gentechnisch verunreinigtes Saatgut ausgebracht habe. Im Übrigen habe die Behörde das mit der Anordnung verfolgte öffentliche Interesse an der Abwehr von Gefahren durch eine ungenehmigte Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen nicht hinreichend mit den finanziellen und sonstigen Folgen der Anordnung für den landwirtschaftlichen Betrieb abgewogen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.01.2011
Quelle: Hessischer Verwaltungsgerichtshof/ra-online