21.11.2024
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Hanseatisches Oberlandesgericht in Hamburg Beschluss23.12.2010

OLG Hamburg hält Sukzessiv­adoptions­verbot für Homosexuelle für verfas­sungs­widrigGericht legt BVerfG Frage zur Vereinbarkeit des Verbots der Annahme des Adoptivkindes eines Lebenspartners mit dem Recht auf Gleich­be­handlung vor

Das Hanseatische Oberlan­des­gericht Hamburg hält das Verbot für Homosexuelle, das Adoptivkind ihres Lebenspartners ebenfalls adoptieren zu können für nicht vereinbar mit dem grundgesetzlich festgelegten Recht auf Gleich­be­handlung und hat daher das Bundes­verfassungs­gericht zur Klärung angerufen.

Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Mann rechtskräftig ein aus Rumänien stammendes Kind adoptiert. Kurze Zeit später begründeter er mit seinem Lebenspartner eine eingetragene Leben­s­part­ner­schaft. Als der Lebenspartner ebenfalls einen Antrag auf Annahme des Kindes stellte, wies das Amtsgericht Hamburg diesen Adoptionsantrag zurück.

Nachfolgende sukzessive Adoption durch Lebenspartner rechtlich nicht vorgesehen

Das Amtsgericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Rechtsordnung (§ 9 Absatz 7 LPartG und § 1742 des BGB) eine nachfolgende sukzessive Adoption durch einen Lebenspartner nicht vorsehe.

Beschwer­de­ein­reichung beim Hanseatischen Oberlan­des­gericht Hamburg

Der Mann sah in dem Verbot der sukzessiven Adoption einen Verstoß gegen Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes, die besagen, dass zum einen alle Menschen vor dem Gesetz gleich seien und zum anderen, dass Ehe und Familie unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung stünden. Der Mann legte daraufhin Beschwerde beim Hanseatischen Oberlan­des­gericht Hamburg ein.

OLG erbittet Entscheidung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts

Das Oberlan­des­gericht erklärte, dass es das aus § 9 Absatz 7 folgende Verbot der sukzessiven Adoption durch den Lebenspartner des zunächst Adoptierenden gemäß des Leben­s­part­ner­schafts­ge­setzes ebenfalls für unvereinbar mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes halte und rief daher das Bundes­ver­fas­sungs­gericht für eine Vorab­ent­scheidung an.

Derzeitig ist nur Adoption eines leiblichen Kindes des Lebenspartners zulässig

Nach derzeitiger Rechtslage sei die Adoption durch einen Lebenspartner des zunächst Annehmenden jedoch nicht möglich, da § 1742 BGB vorsehe, dass ein angenommenes Kind nur von dessen Ehegatten angenommen werden könne und somit eine derartige "Kettenadoption" ausgeschlossen sei. Auch nach der Überarbeitung des Leben­s­part­ner­schafts­ge­setzes habe sich der Gesetzgeber bewusst gegen eine gleichzeitige oder nachfolgende Adoption durch einen Lebenspartner entschieden. Einzig die Möglichkeit der Adoption eines leiblichen Kindes des Lebenspartners sei derzeit zulässig. Aus dieser Sicht betrachtet, könne dem Antrag des Beschwer­de­führers nicht stattgegeben werden.

Unter­schiedliche Anforderungen an Adoption bei Ehegatten und Lebenspartner stellen ungerecht­fertigte Ungleich­be­handlung dar

Nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts verstoße allerdings das aus Artikel 9 Ansatz 7 LPartG und § 1742 BGB folgende Verbot der sukzessiven Adoption durch den Lebenspartner des zunächst Annehmenden gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel 3 Absatz 1 GG, der es verbiete Gleiches ohne sachlich gerecht­fer­tigten Grund ungleich zu behandeln. Die Richter sähen allerdings in den unter­schied­lichen Anforderungen an eine Adoption bei Ehegatten und Lebenspartnern durchaus eine ungerecht­fertigte Ungleich­be­handlung. Für eine Differenzierung, die sich auf die sexuelle Orientierung gründe, seien nach einer Entscheidung des BVerfG "ernstliche Gründe" für eine verfas­sungs­rechtliche Rechtfertigung der Ungleich­be­handlung notwendig (vgl. BVerfG, Beschluss v. 07.07.2009 - 1 BvR 1164/07 -).

Kindeswohl durch Aufwachsen bei homosexuellen Lebenspartnern nicht gefährdet

Auch des Kindeswohls sei kein ausschlag­ge­bendes Argument, um eine Ungleich­be­handlung zu rechtfertigen. Denn es sei nicht ersichtlich, dass das Wohl des Kindes generell dadurch gefährdet sei, dass ein Kind mit zwei homosexuellen Lebenspartnern als rechtliche Bezugspersonen aufwachse. Vielmehr würden Studien zur Lebenssituation von Kindern einer gleich­ge­schlecht­lichen Leben­s­part­ner­schaft belegen, dass eine Gleichstellung der Lebenspartner durchaus dem Kindeswohl diene, jedoch das Aufwachsen der Kinder bei heterosexuellen Eltern für das Kindeswohl nicht entscheidend sei.

Derzeitige Rechtslage hinsichtlich einer Zweitadoption adoptierter Kinder verfas­sungs­widrig

Das Gericht sei daher der Auffassung, dass die derzeitige Rechtslage, die die Zweitadoption adoptierter Kinder durch den Ehegatten gemäß § 1742 BGB zulasse, dieses Recht aber Lebenspartnern gemäß § 9 Absatz 7 LPartG verwehre, gegen den Gleich­be­hand­lungs­grundsatz aus Artikel 3 Absatz 1 GG verstoße.

Quelle: ra-online, Hanseatisches Oberlandesgericht (vt/ac)

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