Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Mann rechtskräftig ein aus Rumänien stammendes Kind adoptiert. Kurze Zeit später begründeter er mit seinem Lebenspartner eine eingetragene Lebenspartnerschaft. Als der Lebenspartner ebenfalls einen Antrag auf Annahme des Kindes stellte, wies das Amtsgericht Hamburg diesen Adoptionsantrag zurück.
Das Amtsgericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Rechtsordnung (§ 9 Absatz 7 LPartG und § 1742 des BGB) eine nachfolgende sukzessive Adoption durch einen Lebenspartner nicht vorsehe.
Der Mann sah in dem Verbot der sukzessiven Adoption einen Verstoß gegen Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes, die besagen, dass zum einen alle Menschen vor dem Gesetz gleich seien und zum anderen, dass Ehe und Familie unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung stünden. Der Mann legte daraufhin Beschwerde beim Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg ein.
Das Oberlandesgericht erklärte, dass es das aus § 9 Absatz 7 folgende Verbot der sukzessiven Adoption durch den Lebenspartner des zunächst Adoptierenden gemäß des Lebenspartnerschaftsgesetzes ebenfalls für unvereinbar mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes halte und rief daher das Bundesverfassungsgericht für eine Vorabentscheidung an.
Nach derzeitiger Rechtslage sei die Adoption durch einen Lebenspartner des zunächst Annehmenden jedoch nicht möglich, da § 1742 BGB vorsehe, dass ein angenommenes Kind nur von dessen Ehegatten angenommen werden könne und somit eine derartige "Kettenadoption" ausgeschlossen sei. Auch nach der Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsgesetzes habe sich der Gesetzgeber bewusst gegen eine gleichzeitige oder nachfolgende Adoption durch einen Lebenspartner entschieden. Einzig die Möglichkeit der Adoption eines leiblichen Kindes des Lebenspartners sei derzeit zulässig. Aus dieser Sicht betrachtet, könne dem Antrag des Beschwerdeführers nicht stattgegeben werden.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts verstoße allerdings das aus Artikel 9 Ansatz 7 LPartG und § 1742 BGB folgende Verbot der sukzessiven Adoption durch den Lebenspartner des zunächst Annehmenden gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel 3 Absatz 1 GG, der es verbiete Gleiches ohne sachlich gerechtfertigten Grund ungleich zu behandeln. Die Richter sähen allerdings in den unterschiedlichen Anforderungen an eine Adoption bei Ehegatten und Lebenspartnern durchaus eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung. Für eine Differenzierung, die sich auf die sexuelle Orientierung gründe, seien nach einer Entscheidung des BVerfG "ernstliche Gründe" für eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung notwendig (vgl. BVerfG, Beschluss v. 07.07.2009 - 1 BvR 1164/07 -).
Auch des Kindeswohls sei kein ausschlaggebendes Argument, um eine Ungleichbehandlung zu rechtfertigen. Denn es sei nicht ersichtlich, dass das Wohl des Kindes generell dadurch gefährdet sei, dass ein Kind mit zwei homosexuellen Lebenspartnern als rechtliche Bezugspersonen aufwachse. Vielmehr würden Studien zur Lebenssituation von Kindern einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft belegen, dass eine Gleichstellung der Lebenspartner durchaus dem Kindeswohl diene, jedoch das Aufwachsen der Kinder bei heterosexuellen Eltern für das Kindeswohl nicht entscheidend sei.
Das Gericht sei daher der Auffassung, dass die derzeitige Rechtslage, die die Zweitadoption adoptierter Kinder durch den Ehegatten gemäß § 1742 BGB zulasse, dieses Recht aber Lebenspartnern gemäß § 9 Absatz 7 LPartG verwehre, gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel 3 Absatz 1 GG verstoße.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 31.01.2011
Quelle: ra-online, Hanseatisches Oberlandesgericht (vt/ac)