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Dokument-Nr. 7273

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Urteil17.07.2002Bundesverfassungsgericht1 BvF 1/01, 1 BvF 2/01
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BVerfGE 105, 313Sammlung: Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE), Band: 105, Seite: 313
  • FamRB 2002, 267Zeitschrift: Familien-Rechts-Berater (FamRB), Jahrgang: 2002, Seite: 267
  • FamRZ 2002, 1169Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2002, Seite: 1169
  • MDR 2002, 1193Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2002, Seite: 1193
  • NJW 2002, 2543Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2002, Seite: 2543
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ergänzende Informationen

Bundesverfassungsgericht Urteil17.07.2002

"Homo-Ehe": Leben­s­part­ner­schafts­gesetz ist verfas­sungsgemäßAnträge der Unionsländer gegen das Leben­s­part­ner­schafts­gesetz ohne Erfolg

Der Erste Senat des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts hat sein Urteil in den Normen­kon­troll­ver­fahren der Landes­re­gie­rungen von Bayern, Sachsen und Thüringen über das Leben­s­part­ner­schafts­gesetz verkündet und festgestellt, dass das angegriffene Gesetz mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Damit können gleich­ge­schlechtliche Paare unter den Voraussetzungen dieses Gesetzes eine eingetragene Leben­s­part­ner­schaft eingehen. Seit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes schon eingetragene Leben­s­part­ner­schaften haben weiterhin Bestand.

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat über die Anträge der Regierungen von Bayern, Sachsen und Thüringen gegen das Leben­s­part­ner­schafts­gesetz entschieden. Dieses Gesetz mit Regelungen zur eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft und den damit verbundenen Rechtsfolgen ist am 1. August 2001 in Kraft getreten. Das von den Regie­rungs­frak­tionen ebenfalls eingebrachte Leben­s­part­ner­schafts­ge­set­z­er­gän­zungs­gesetz, das zum großen Teil verfah­rens­rechtliche Ausfüh­rungs­re­ge­lungen zum Leben­s­part­ner­schafts­gesetz enthält, harrt noch der Beratung im Vermitt­lungs­aus­schuss.

Hintergrund zum Leben­s­part­ner­schafts­gesetz

Die Leben­s­part­ner­schaft wird nach dem Leben­s­part­ner­schafts­gesetz durch Erklärungen vor der zuständigen Behörde begründet, wobei das Gesetz selbst keine Bestimmung der Zuständigkeit enthält. Auf Antrag eines oder beider Lebenspartner endet die Partnerschaft durch aufhebendes Urteil. Die Rechtsfolgen der Leben­s­part­ner­schaft ähneln teilweise den Rechtsfolgen der Ehe, teilweise weichen sie von ihnen ab. Ähnlichkeiten finden sich im Bereich des Unter­halts­rechts, ebenso ist eine gemeinsame Namensführung möglich. Im Gesetz ist die Möglichkeit eines Umgangsrechts mit Kindern des anderen Lebenspartners vorgesehen, ein Lebenspartner gilt als Familien­an­ge­höriger des anderen. Eingeführt worden ist ein gesetzliches Erbrecht des Lebenspartners, das dem des Ehegatten entspricht. Auch im Sozialrecht entstehen Rechtsfolgen aus der Leben­s­part­ner­schaft, so die Einbeziehung in die Famili­en­ver­si­cherung der Kranken-, Pflege- und Unfall­ver­si­cherung. Im Ausländerrecht sind die Famili­en­nach­zugs­vor­schriften entsprechend anwendbar.

Kein Versor­gungs­aus­gleich und keine Adoption möglich

Hingegen ist weder die Möglichkeit eines Versor­gungs­aus­gleichs bei Aufhebung der Leben­s­part­ner­schaft noch die der gemeinsamen Adoption von Kindern vorgesehen. Es fehlen Regelungen über eine Hinter­blie­be­nenrente bzw.-versorgung. Steuer­rechtliche Regelungen sind im Entwurf des Ergän­zungs­ge­setzes enthalten. Das Leben­s­part­ner­schafts­gesetz enthält darüber hinaus Neuregelungen im Bereich des Sorgerechts und des Mietrechts, die nicht nur eingetragenen Lebenspartnern, sondern auch Anderen zugute kommen.

Bayerns, Sachsens und Thüringen hat das Leben­s­part­ner­schafts­gesetz für verfas­sungs­widrig

Nach Auffassung der Regierungen Bayerns, Sachsens und Thüringens ist das Gesetz formell und materiell verfas­sungs­widrig. Die formelle Verfas­sungs­wid­rigkeit ergebe sich zum einen aus der unzulässigen Aufspaltung des Gesetzes in einen nicht zustim­mungs­pflichtigen Teil - das Leben­s­part­ner­schafts­gesetz - und einen zustim­mungs­pflichtigen Teil, nämlich das Leben­s­part­ner­schaft­s­er­gän­zungs­gesetz. Diese Aufspaltung sei missbräuchlich vorgenommen worden, um das Zustim­mungsrecht des Bundesrates zu umgehen. Nach Auffassung der Antragssteller besteht zwischen den materiellen und den verfah­rens­recht­lichen, insbesondere den perso­nen­stands­recht­lichen Vorschriften ein untrennbarer Zusammenhang. Zum anderen enthalte das Leben­s­part­ner­schafts­gesetz selbst nach wie vor eine Reihe zustim­mungs­be­dürftiger Vorschriften. Das Gesetz sei auch materiell verfas­sungs­widrig. Art. 6 Abs. 1 GG enthalte ein Abstandsgebot, das sich insbesondere aus der Insti­tuts­ga­rantie des Art. 6 Abs. 1 GG und aus dem Schutz von Ehe und Familie als wertent­schei­dender Grundsatznorm herleite und vom Gesetz nicht gewahrt werde. Einzelne gesetzliche Regelungen verstießen zudem gegen eine Reihe anderer Verfas­sungs­normen wie Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.

Zu dem Verfahren haben der Deutsche Bundestag, die Bundesregierung, der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg, die Landesregierung Schleswig-Holstein, der Lesben- und Schwulenverband Deutschland sowie die Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche Stellung genommen.

Entscheidung

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat entschieden, dass das Leben­s­part­ner­schafts­gesetz verfas­sungsgemäß ist.

1. Einstimmig hat der Erste Senat entschieden, dass das Gesetz verfas­sungsgemäß zustande gekommen ist. Es bedurfte nicht der Zustimmung des Bundesrates.

Gesetz war nicht zustim­mungs­be­dürftig

Keine der im Gesetz enthaltenen Vorschriften regelt die Einrichtung und das Verwal­tungs­ver­fahren von Landesbehörden. Sie können deshalb eine Zustim­mungs­be­dürf­tigkeit des Gesetzes nach Art. 84 Abs. 1 GG nicht begründen.

Das Gesetz ist auch nicht deshalb zustim­mungs­pflichtig, weil in einer seiner Bestimmungen vor der Ausfertigung und Verkündung des Gesetzes noch Zuständigkeiten des Standesbeamten benannt waren. Diese Fassung des Gesetzes ist in verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstandender Weise berichtigt worden, weil sie offensichtlich unrichtig war. Die offensichtliche Unrichtigkeit als Zuläs­sig­keits­vor­aus­setzung der Berichtigung eines Geset­zes­be­schlusses kann sich nicht allein aus dem Normtext, sondern auch unter Berück­sich­tigung des Sinnzu­sam­menhangs und der Materialien des Gesetzes ergeben. Dass der beschlossene Normtext offensichtlich unrichtig gewesen ist, ergibt sich aus dem klaren Widerspruch zwischen ihm und der Geset­zes­be­gründung, nach der im Leben­s­part­ner­schafts­gesetz gänzlich auf die Benennung einer zuständigen Behörde verzichtet werden sollte. Die berichtigte und so verkündete Textfassung entspricht auch dem im Gesetz zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers, den Ländern die Bestimmung der für Leben­s­part­ner­schafts­an­ge­le­gen­heiten zuständigen Behörde zu überlassen. Dies ist durch die Stellungnahmen der Präsidenten von Bundestag und Bundesrat zum Berich­ti­gungs­ver­fahren und die dazu angehörten Obleute der Fraktionen im Rechtsausschuss bestätigt worden. Die Aufteilung des eingebrachten Gesetzentwurfs in das vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht zu prüfende Leben­s­part­ner­schafts­gesetz und in ein weiteres Gesetz mit insbesondere verfah­rens­recht­lichen Ausfüh­rungs­re­ge­lungen, das bisher nicht zustande gekommen ist, löst ebenfalls nicht die Zustim­mungs­be­dürf­tigkeit des Leben­s­part­ner­schafts­ge­setzes aus. Der Bundestag darf eine Gesetzesmaterie so in zwei oder mehrere Gesetze aufteilen, dass nur ein Teil der beabsichtigten Gesamtregelung dem Zustim­mungsrecht des Bundesrates unterliegt, um damit auszuschließen, dass der Bundesrat den anderen Teil verhindert, der für sich genommen nicht zustim­mungs­pflichtig ist. Dies folgt aus dem Recht des Bundestages zur Gesetzgebung. Weder wird dadurch das Recht der Länder, an der Gesetzgebung des Bundes mitzuwirken, in unzulässiger Weise eingeschränkt noch verschieben sich hierdurch die verfas­sungs­rechtlich zugewiesenen Gewichte von Bundestag und Bundesrat bei der Gesetzgebung zu Lasten der Länder. Mit einer solchen Vorgehensweise richtet der Bundestag vielmehr seine Gesetzgebung an der Kompe­tenz­ver­teilung zwischen Bund und Ländern aus. Dabei hat der Senat weiter dahingestellt gelassen, ob der Aufteilung eines Rechtsstoffes auf mehrere Gesetze im Einzelfall doch verfas­sungs­rechtliche Grenzen gesetzt sein könnten. Denn jedenfalls ist die im Falle des Leben­s­part­ner­schafts­ge­setzes vorgenommene Aufteilung frei von Willkür, weil sie ein legitimer Weg ist, dem Parlament die Realisierung seines Geset­zes­vor­habens zu ermöglichen.

Gesetz verstößt nicht gegen den Schutz der Ehe

2. Das Gesetz verstößt nach Auffassung der Senatsmehrheit von 5:3 nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG, der die Ehe unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt.

Die eingetragene Leben­s­part­ner­schaft berührt nicht die grundrechtlich geschützte Eheschlie­ßungs­freiheit. Verschie­den­ge­schlechtliche Paare können nämlich durch dieses neue Institut nicht vom Eheschluss abgehalten werden, da es ihnen verschlossen bleibt. Eine schon eingegangene Leben­s­part­ner­schaft steht nach dem Gesetz einer Eheschließung nicht entgegen. Das Gesetz lässt allerdings offen, welche rechtlichen Folgen ein Eheschluss für eine bestehende Leben­s­part­ner­schaft nach sich zieht. Der Senat hält es unter Berück­sich­tigung der tief greifenden Folgen für die einzelnen Betroffenen für nahe liegend, dass der Gesetzgeber die notwendige Lückenfüllung nicht den Gerichten überlässt, sondern selbst vornimmt.

Ehe ist weiterhin geschützt

Das Grundgesetz verlangt weiter, die Ehe als Lebensform anzubieten und zu schützen. Dieser Insti­tuts­ga­rantie hat der Gesetzgeber mit der Einführung der eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft nicht zuwider gehandelt. Das Grundgesetz gewährleistet die Ehe in ihrer jeweiligen Ausgestaltung durch den Gesetzgeber. Dabei sind allerdings die wesentlichen Struk­tur­prin­zipien zu beachten, die den Gehalt der Ehe prägen. Hierzu gehört nach ständiger Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts auch, dass die Ehe die Vereinigung eines Mannes mit einer Frau zu einer auf Dauer angelegten Lebens­ge­mein­schaft ist. Dieses Strukturprinzip der Ehe ist aber durch das Leben­s­part­ner­schafts­gesetz nicht betroffen. Vielmehr haben sämtliche eherechtlichen Regelungen nach wie vor unverändert durch das Gesetz Bestand. Da sich die Insti­tuts­ga­rantie nur auf die Ehe bezieht, kann ihr kein Verbot entnommen werden, gleich­ge­schlecht­lichen Partnern die Möglichkeit einer rechtlich ähnlich ausgestalteten Partnerschaft zu eröffnen.

Schließlich verstößt das Leben­s­part­ner­schafts­gesetz nicht gegen das in Art. 6 Abs. 1 GG als wertent­scheidende Grundsatznorm für das gesamte Ehe- und Familienrecht enthaltene Gebot, der Ehe einen besonderen Schutz durch die staatliche Ordnung zu geben. Die Ehe wird durch das Gesetz weder geschädigt noch sonst beeinträchtigt. Dadurch, dass die Rechte und Pflichten der Lebenspartner in weiten Bereichen denen der Ehegatten nachgebildet sind, werden diese nicht schlechter als bisher gestellt und auch nicht gegenüber Lebenspartnern benachteiligt. Der Ehe drohen keine Einbußen durch ein Institut, das sich an Personen wendet, die miteinander keine Ehe eingehen können.

Ehe wird auch weiterhin als Lebensform gefördert

Mit der Einführung der eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft wird auch nicht gegen das Gebot verstoßen, die Ehe als Lebensform zu fördern. Der Ehe wird keine Förderung entzogen, die sie bisher erfahren hat. Aus der Zulässigkeit, die Ehe gegenüber anderen Lebensformen zu privilegieren, lässt sich kein Gebot herleiten, diese gegenüber der Ehe zu benachteiligen. Das Fördergebot des Art. 6 Abs. 1 GG kann nicht als Benach­tei­li­gungsgebot für andere Lebensformen als die Ehe verstanden werden. Wenn die Rechtsordnung auch andere Lebensformen anerkennt, die mit der Ehe als Gemeinschaft verschie­den­ge­schlecht­licher Partner nicht in Konkurrenz treten können, verringert sich weder der rechtliche Schutz noch die Förderung der Ehe. Es ist verfas­sungs­rechtlich auch nicht begründbar, aus dem besonderen Schutz der Ehe abzuleiten, dass solche anderen Lebens­ge­mein­schaften im Abstand zur Ehe ausgestaltet und mit geringeren Rechten versehen werden müssten. Sein Schutz- und Förderauftrag gebietet es dem Gesetzgeber allerdings, dafür Sorge zu tragen, dass die Ehe die Funktion erfüllen kann, die ihr von der Verfassung zugewiesen ist.

Die Besonderheit des Schutzes von Ehe und Familie liegt darin, dass allein diese, nicht dagegen andere Lebensformen von der Verfassung geschützt sind. Ihr die darüber hinausgehende Bedeutung beizumessen, die Ehe auch im Umfang stets mehr zu schützen als andere Lebens­ge­mein­schaften, kann weder auf den Wortlaut von Art. 6 Abs. 1 GG noch auf seine Entste­hungs­ge­schichte gestützt werden. Die Förderpflicht des Staates hat sich am Schutzzweck des Art. 6 Abs. 1 GG auszurichten. Die Ehe ist vor Funkti­o­ns­einbußen zu schützen. Dem Fördergebot zuwider handeln würde der Gesetzgeber deshalb, wenn er ein mit der Ehe austauschbares Institut mit derselben Funktion und etwa gleichen Rechten oder geringeren Pflichten anbieten würde. Dies ist bei der Leben­s­part­ner­schaft jedoch nicht der Fall. Sie kann mit der Ehe schon deshalb nicht in Konkurrenz treten, weil der Adressatenkreis, an den sich das Institut richtet, nicht den der Ehe berührt. Die eingetragene Leben­s­part­ner­schaft ist wegen dieses Unterschieds auch keine Ehe mit falschem Etikett, sondern ein aliud zur Ehe. Nicht ihre Bezeichnung begründet ihre Andersartigkeit, sondern der Umstand, dass sich in der eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft zwei gleichgeschlechtliche Partner binden können. Art. 6 Abs. 1 GG verbietet dem Gesetzgeber nicht, Rechtsformen für ein auf Dauer angelegtes Zusammenleben auch anderen Perso­nen­kon­stel­la­tionen als der Verbindung von Mann und Frau anzubieten. Durch das Merkmal der Dauerhaftigkeit werden solche Rechts­be­zie­hungen nicht zur Ehe.

Kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleich­heits­grundsatz aus Art. 3 Abs. 1 G

Keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG hat der Erste Senat darin gesehen, dass verschie­den­ge­schlecht­lichen Paaren der Zugang zum Rechtsinstitut der eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft verwehrt ist. Ihnen steht im Gegensatz zu gleich­ge­schlecht­lichen Paaren das Institut der Ehe offen. Der Unterschied, dass aus einer verschie­den­ge­schlecht­lichen Beziehung Kinder hervorgehen können, rechtfertigt es, diese Paare auf die Ehe zu verweisen, wenn sie ihrer Beziehung einen rechtlichen Rahmen geben wollen. Andere Einstands­ge­mein­schaften, zum Beispiel solche zwischen Geschwistern oder Verwandten, sind nach der Auffassung einer Senatsmehrheit von 7:1 ebenfalls mit gleich­ge­schlecht­lichen Lebens­ge­mein­schaften nicht vergleichbar und erfahren zudem schon nach geltendem Recht in bestimmtem Umfang eine rechtliche Absicherung. Das Gericht stellt in diesem Zusammenhang fest, dass es dem Gesetzgeber generell nicht verwehrt ist, auch verschie­den­ge­schlecht­lichen Paaren oder Einstands­ge­mein­schaften neue Möglichkeiten zu eröffnen, ihre Beziehung in eine Rechtsform zu bringen, die eine Austausch­barkeit mit der Ehe vermeidet. Ein verfas­sungs­recht­liches Gebot hierzu besteht jedoch nicht.

Abweichende Meinung von Richter Papier Richterin Haas

3. Der Richter Papier und die Richterin Haas haben dem Urteil jeweils eine abweichende Meinung beigefügt.

Richter Papier stimmt der Entscheidung der Senatsmehrheit zur Bedeutung der Insti­tuts­ga­rantie der Ehe und den sich daraus ergebenden Folgerungen nicht zu. Über die wesentlichen Struk­tur­prin­zipien des Instituts der Ehe darf auch der Gesetzgeber nicht beliebig verfügen. Dazu zählt die Verschie­den­ge­schlecht­lichkeit der Ehepartner. Die Einrichtung der Ehe wird nicht nur ihrer Bezeichnung nach, sondern in ihren struk­tur­bil­denden Merkmalen vor dem Zugriff des Gesetzgebers geschützt. Schafft der Gesetzgeber, wenn auch unter einem anderen Namen, eine rechtsförmlich ausgestaltete Partnerschaft zwischen Personen gleichen Geschlechts, die im übrigen in Rechten und Pflichten denen der Ehe entspricht, missachtet er ein wesentliches durch Art. 6 Abs. 1 GG vorgegebenes Strukturprinzip. Es ist ein Fehlschluss, anzunehmen, dass gerade aufgrund des Abweichens von einem wesentlichen Strukturprinzip des Art.6 Abs.1 GG die verfas­sungs­rechtliche Insti­tuts­ga­rantie als Maßstab ausscheide. Deshalb hätte die Senatsmehrheit begründen müssen, dass das Leben­s­part­ner­schafts­gesetz kein durch Art.6 Abs.1 GG geschütztes Strukturprinzip berührt. Die Bedeutung der Insti­tuts­ga­rantie geht über die Abwehr unberechtigter Eingriffe zu Lasten der Ehe hinaus. Deshalb ist die Annahme der Senatsmehrheit, die Insti­tuts­ga­rantie bleibe schon deshalb unberührt, weil das Leben­s­part­ner­schafts­gesetz die die Ehe regelnden Bestimmungen nicht ändere, unzutreffend. Die Senatsmehrheit setzt keinerlei Grenzen für eine substantielle Gleichstellung gleich­ge­schlecht­licher Partnerschaften mit der Ehe.

Auch Richterin Haas stimmt der Auslegung des Art.6 Abs.1 GG durch die Senatsmehrheit nicht zu. Über die für das Institut der Ehe wesentlichen Struk­tur­prin­zipien kann der Gesetzgeber nicht verfügen. Dazu gehört die Verschie­den­ge­schlecht­lichkeit der Ehepartner. Art.6 Abs.1 GG schützt die Ehe als Institut wegen der in der Ehe potenziell angelegten Elternschaft und damit der Bedeutung der Ehe für Familie und Gesellschaft. Keine andere Perso­nen­ge­mein­schaft wird vergleichbar vom Grundgesetz geschützt. Der Gesetzgeber kann sich den Anforderungen des Art.6 Abs.1 GG nicht dadurch entziehen, dass er die Bezeichnung Ehe vermeidet. Die Insti­tuts­ga­rantie des Art.6 Abs.1 GG steht daher der Einführung der Rechtsform einer Leben­s­part­ner­schaft für Personen gleichen Geschlechts entgegen, wenn diese in Rechten und Pflichten der Ehe entspricht. Dies hätte umfassend geprüft werden müssen. Weiterer Ausführungen hätte es auch zur Vereinbarkeit der eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft mit dem Gleichheitssatz bedurft. Auf der Grundlage der Senats­be­gründung ist insbesondere nicht erkennbar, warum Einstands­ge­mein­schaften zwischen Geschwistern und Verwandten gleichen Geschlechts keine eingetragene Leben­s­part­ner­schaft miteinander eingehen können. Es hätte konkreter Darlegung bedurft, warum derartige Einstands­ge­mein­schaften mit anderen Lebens­ge­mein­schaften nicht vergleichbar sind oder weshalb die bestehenden gesetzlichen Regelungen eine Ungleich­be­handlung rechtfertigen.

Quelle: ra-online (pt)

der Leitsatz

1. Voraussetzung für die ausnahmsweise Zulässigkeit der Berichtigung eines Geset­zes­be­schlusses ist dessen offensichtliche Unrichtigkeit. Diese kann sich nicht allein aus dem Normtext, sondern insbesondere auch unter Berück­sich­tigung des Sinnzu­sam­menhangs und der Materialien des Gesetzes ergeben.

2. Teilt die Bundesregierung oder der Bundestag eine Materie in verschiedene Gesetze auf, um auszuschließen, dass der Bundesrat Regelungen verhindert, die für sich genommen nicht unter dem Vorbehalt seiner Zustimmung stehen, ist dies verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden.

3. Die Einführung des Rechtsinstituts der eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft für gleich­ge­schlechtliche Paare verletzt Art. 6 Abs. 1 GG nicht. Der besondere Schutz der Ehe in Art. 6 Abs. 1 GG hindert den Gesetzgeber nicht, für die gleich­ge­schlechtliche Leben­s­part­ner­schaft Rechte und Pflichten vorzusehen, die denen der Ehe gleich oder nahe kommen. Dem Institut der Ehe drohen keine Einbußen durch ein Institut, das sich an Personen wendet, die miteinander keine Ehe eingehen können.

4. Es verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass nichtehelichen Lebens­ge­mein­schaften verschie­den­ge­schlecht­licher Personen und verwandt­schaft­lichen Einstands­ge­mein­schaften der Zugang zur Rechtsform der eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft verwehrt ist.

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