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- Nachweis der Zwangsläufigkeit von bestimmten Aufwendungen im Krankheitsfall verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenBundesfinanzhof, Urteil19.04.2012, VI R 74/10
- BFH: Aufwendungen für krankheitsbedingte Unterbringung eines Angehörigen können als außergewöhnliche Belastungen abziehbar seinBundesfinanzhof, Urteil30.06.2011, VI R 14/10
Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil06.09.2012
Ansatz zumutbarer Eigenbelastung bei Berechnung von außergewöhnlichen Belastungen wegen Krankheitskosten ist nicht verfassungswidrigKürzung der Aufwendungen um die zumutbare Belastung zulässig
Der Ansatz der zumutbaren Eigenbelastung im Rahmen der Berechnung der außergewöhnlichen Belastungen wegen Krankheitskosten ist nicht verfassungswidrig. Dies entschied das Finanzgericht Rheinland-Pfalz.
In dem zugrunde liegenden Streitfall hatten die Kläger für den Veranlagungszeitraum 2008 rund 1.250 Euro (u.a. Aufwendungen für Chefarztbehandlung und Zweibettzimmerzuschlag) an Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht. Das Finanzamt sah die Krankheitskosten ohne weitere Prüfung dem Grunde nach als abzugsfähig an. Wegen der zumutbaren Belastung in Höhe von rund 39.000 Euro (= 6 % des Gesamtbetrages der Einkünfte), ergab sich jedoch kein Abzug als außergewöhnliche Belastungen.
Gleichheitssatz gebietet Bestreitung eines sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus in voller Höhe aus steuerfreiem Einkommen
Mit der dagegen gerichteten Klage trugen die Kläger u.a. vor, bei Krankheitskosten sei stets zu unterstellen, dass die Kosten zwangsläufig entstanden seien. Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 13. Februar 2008 für den Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung dem subjektiven Nettoprinzip über den Gleichheitssatz unmittelbaren Verfassungsrang eingeräumt, der es erfordere, dass der hierfür - also für die Versicherungsbeiträge - aufgebrachte Teil des Einkommens von der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer vollständig auszunehmen sei. Ebenso fordere das Bundesverfassungsgericht eine realitätsgerechte, den entsprechenden Bedarf abdeckende Steuerfreiheit des Existenzminimums. Der Gleichheitssatz gebiete, dass ein sozialhilfegleiches Versorgungsniveau in voller Höhe aus steuerfreiem Einkommen bestritten werden könne.
Krankheitskosten als Kosten der Existenzsicherung müssen nicht ohne zumutbare Belastung abgezogen werden
Die Klage hatte allerdings keinen Erfolg. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, es sei nicht zu der Überzeugung gelangt, dass im vorliegenden Verfahren die Kürzung der Aufwendungen um die zumutbare Belastung verfassungswidrig sei. Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner angesprochenen Entscheidung vom Februar 2008 hinsichtlich der gebotenen steuermindernden Berücksichtigung von Krankenversicherungsbeiträgen darauf abgestellt, dass die konkreten Versicherungsbeiträge zur Erlangung eines sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus nach Art und Umfang erforderlich sein müssten. Für die gebotene Berücksichtigung von Krankheitsaufwendungen bedeute dies konkret, dass Krankheitskosten als Kosten der Existenzsicherung nicht generell ohne Einberechnung einer zumutbaren Belastung abgezogen werden müssten. Anderes könne allenfalls nur für die medizinischen Leistungen gelten, die ein Sozialleistungsempfänger - kostenfrei - erhalten würde. Eine existenzielle Betroffenheit sei bei den danach noch verbleibenden marginalen Aufwendungen angesichts der Höhe der Einkünfte der Kläger nicht zu erkennen; bei den gesamten Krankheitskosten handele es sich um rund ,18 % des Gesamtbetrages der Einkünfte. Den Klägern verbleibe ein Einkommen, das deutlich weit über dem Regelsatz für das Existenzminimum liege. Im Übrigen sei auch noch zu beachten, dass das BVerfG den Gesetzgeber in der angesprochenen Entscheidung vom 13. Februar 2008 erst ab dem Veranlagungszeitraum 2010 zu einer Neuregelung der Berücksichtigung von Krankenversicherungsbeiträgen aufgefordert habe, während hier das Jahr 2008 im Streit sei.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.09.2012
Quelle: Finanzgericht Rheinland-Pfalz/ra-online
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