18.10.2024
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Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil21.09.2012

Entfer­nungs­pau­schale: FG Rheinland-Pfalz äußert Zweifel an Cockpit als regelmäßige Arbeitsstelle eines PilotenGericht wendet dennoch neue BFH Rechtsprechung zur Arbeitsstätte eines Piloten an

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat hinsichtlich der Frage der regelmäßigen Arbeitsstätte eines Piloten zwar die Rechtsprechung des Bundes­fi­nanzhofs befolgt und erklärt, dass der Heimatflughafen bei einem Piloten nicht mehr als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen ist. Das Finanzgericht hat diese Auffassung jedoch zugleich wieder in Frage gestellt und die Revision zugelassen.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls ist von Beruf Pilot und als Flugzeugführer bei einer Flugge­sell­schaft beschäftigt. Nach Ergehen des Einkom­men­steu­er­be­scheides 2007 wurde von dem Kläger wegen verschiedener - hier nicht angesprochener - Streitpunkte im Jahre 2010 Klage vor dem Finanzgericht erhoben.

Kläger beantragt Flughafen Frankfurt nicht mehr als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen

Nachdem der Bundesfinanzhof im Jahre 2011 seine bisherige Rechtsprechung zur regelmäßigen Arbeitsstätte eines Arbeitnehmers dahin geändert hatte, dass ein Arbeitnehmer nur noch eine regelmäßige Arbeitsstätte haben könne und dass der Heimatflughafen bei einem Piloten nicht mehr als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen sei, erweiterte der Kläger seine Klage. Er beantragte, den Flughafen Frankfurt nicht mehr als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen. Bisher habe das Finanzamt die Fahrten zwischen seiner Wohnung und dem Flughafen Frankfurt nur mit der Entfernungspauschale (,30 Euro pro Entfer­nungs­ki­lometer) bei den Werbungskosten aus nicht­selb­ständiger Arbeit berücksichtigt. Gehe man jedoch davon aus, dass das Cockpit als seine regelmäßige Arbeitsstelle anzusehen sei, müssten die Fahrten zum Flughafen nach Dienst­rei­se­grund­sätzen (,30 Euro pro tatsächlich gefahrenem Kilometer) angesetzt werden.

Abzug der Fahrtkosten vom und zum Flughafen nicht auf Entfer­nungs­pau­schale beschränkt

Die Klage war in diesem Streitpunkt (zwar) erfolgreich. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, dass verfah­rens­rechtlich von einer zulässigen Klage­er­wei­terung auszugehen sei. Eine Anfech­tungsklage gegen einen Einkom­men­steu­er­be­scheid sei regelmäßig auch insoweit möglich, als sie nach Ablauf der Klagefrist erweitert werde. Der Sonderfall, dass ein Kläger eindeutig zu erkennen gegeben habe, er wolle von einem weitergehenden Klagebegehren absehen, liege hier nicht vor. Weiter sei der Bundesfinanzhof im Jahre 2011 von seiner früheren Rechtsprechung abgerückt, nach der der Heimatflughafen eines Piloten als seine regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen war. Nach der neuen Rechtsprechung sei aber bei einem Piloten davon auszugehen, dass dieser im Cockpit des ihm zugewiesen Flugzeuges schwer­punktmäßig tätig werde. Damit verfüge ein Pilot nicht über einen dauerhaft angelegten ortsgebundenen Bezugspunkt seiner beruflichen Tätigkeit und gehe daher einer Auswärt­s­tä­tigkeit nach. Der Abzug der Fahrtkosten des Klägers vom und zum Flughafen sei daher nicht auf die Entfer­nungs­pau­schale beschränkt.

Heimatflughafen ist in der Regel auch regelmäßig Ziel und Abschluss der Flugtätigkeit eines Piloten

Obwohl das Finanzgericht Rheinland-Pfalz der neuen Rechtsprechung des Bundes­fi­nanzhofs folgte, ließ es - mit ausführlicher Begründung - die Revision zu: Sinn und Zweck der Abzugs­be­schränkung durch den Ansatz der Entfer­nungs­pau­schale sei der Umstand, dass sich der Arbeitsnehmer auf die immer gleichen Wege zu seiner regelmäßigen Arbeitsstelle einstellen und auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken könne (z.B. Fahrge­mein­schaften, Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, Wohnsitznahme, o.ä.). Im Streitfall bedürfe es für die Tätigkeit des Klägers jedoch zwingend einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers als ortsgebundenen Ausgangs- und Endpunkt der Flugtätigkeit im Cockpit des ihm zugewiesenen Flugzeuges für Start und Landung. Der Heimatflughafen sei - von Besonderheiten abgesehen - auch regelmäßig Ziel und Abschluss der Flugtätigkeit eines Piloten. Hinzu komme, dass von Piloten durch den Arbeitgeber regelmäßig verlangt werde, im Einzugsbereich des Flughafens über eine Unterkunft zu verfügen. Der Kläger könne sich daher auf die immer gleichen Wege von seiner Wohnung zu seinem Heimatflughafen in unter­schied­licher Weise einstellen und auf eine Minderung seiner Kosten hinwirken, so dass es dem Sinn und Zweck der Entfer­nungs­pau­schale entsprechen würde, den Webungs­kos­te­nabzug auf die Entfer­nungs­ki­lometer zu beschränken. Deswegen bedürfe es der höchst­rich­ter­lichen Klärung der Frage, ob der Heimatflughafen eines Piloten nicht doch eine regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne der Abzugs­be­schränkung der Entfer­nungs­pau­schale darstelle. Demnach sei die Revision zuzulassen.

Quelle: Finanzgericht Rheinland-Pfalz/ra-online

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